Die Geschichte von Liebe und Sex
anderem mit jenem Sozialdarwinismus, wonach »unwertes Leben« kein Recht habe, »die Gesunden und Starken zu belasten«.
In den USA gibt es eine einflussreiche Bewegung, die die Erkenntnisse von Charles Darwin vehement bekämpft. Aber nicht etwa, um sich vom Sozialdarwinismus zu distanzieren, sondern um gegen die Evolutionstheorie vorzugehen, die als schlimmste Gotteslästerung empfunden wird. Als christliche Fundamentalisten, die sich selbst Kreationisten (vom Englischen: creation, Schöpfung) nennen, halten sie die Welt ausschließlich für eine »göttliche Schöpfung«.
Ihre modernen Vertreter sprechen inzwischen vom »intelligenten Design«, dessen »Wahrheit« auf finanziell gut ausgestatteten christlichen Universitäten nachgewiesen wird. Sie sind der Ansicht, dass es einen »höheren Plan« geben muss, nach dem die Welt und die Menschen geschaffen wurden. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2005 teilen mehr als die Hälfte aller US-Amerikaner diese Meinung, unter ihnen auch US-Präsident George W. Bush (* 1946). *
Daher werden in den USA immer wieder Lehrerinnen und Lehrer attackiert, |46| die sich weigern, die christliche Schöpfungsgeschichte von Adam und Eva als einzige Wahrheit im Unterricht zu behandeln. Der Werbename »Intelligentes Design« klingt zwar fortschrittlich, verhindert aber gerade ein differenziertes Verstehen der keineswegs perfekten oder gar intelligenten (also von außen gesteuerten) Evolution: Sie basiert zuerst auf Vielfalt und dem Spielen mit dieser Vielfalt – auf Irrtümern der Natur, auf Ausprobieren, Scheitern, neuem Probieren und dem Akzeptieren vieler unvollkommener, aber durchaus lebensfähiger Formen von Organismen.
Ein problematischer Nebeneffekt des Glaubens an intelligentes Design besteht darin, genau zu wissen, was richtig und falsch ist – die unvollkommene Natur wird missbraucht als göttlicher Maßstab des Vollkommenen. Vereinfachte »Naturgesetze« werden zur Moral erhoben und alle, die nicht von vornherein dazugehören oder sich ausreichend um Anpassung bemühen, werden als unnatürlich, anormal und unmoralisch ausgeschlossen und verdammt. Die moralische Mehrheit hat immer recht.
Charles Darwin selbst erhielt trotz der vielen Anfeindungen, die er von Anfang an erlebte, noch zu Lebzeiten zahlreiche Ehrungen. Nach seinem Tod im Jahr 1882 wurde er im Rahmen einer großen Trauerfeier in der Londoner Westminster Abbey beigesetzt. Trotz aller internationalen wissenschaftlichen Anerkennung blieb er bescheiden, was unser Wissen über die Entstehung der Welt und allen Lebens angeht: »Das Geheimnis des Anfangs aller Dinge ist für uns unlösbar …«
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Zitiert nach der Wochenzeitung Die Zeit vom 11.8.2005, S. 31.
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|47| Julama und Jirma
Das afrikanische erste Mal
100 000 v. Chr. bis heute
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Die Wiege der Menschheit in Afrika
Im Januar 1988 wartete das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek mit einer Sensation auf, die alle bisherige Forschung über die Entstehung der Menschheit in Frage stellte: Auf dem Heftumschlag waren Adam und Eva dunkelhäutig und mit Afro-Look dargestellt. Doch der Artikel, der über die Thesen der noch jungen Genforschung berichtete, ging noch weiter: Demnach stammen wir alle aus Afrika – alle Europäer, alle Asiaten, alle Amerikaner und Australier. Auch war nicht Adam der erste Mensch, sondern Eva. Oder besser gesagt: Eine afrikanische Urmutter, deren Erbanlagen sich über Tausende von Jahren bis heute über die ganze Welt verfolgen lassen. So sind einige Forscher heute zum Beispiel in der Lage, die komplette Bevölkerung Europas auf sieben »afrikanische Clanmütter« zurückzuführen. *
Auch zuvor hatten bereits verschiedene Archäologen und Ethnologen die These vertreten, dass die Wiege der Menschheit vermutlich im Osten oder Südosten Afrikas liegt, da hier einige der ältesten (rund drei bis vier Millionen Jahre alten) Skelettteile von Urmenschen gefunden worden waren. Allerdings gab es auch widerstreitende Thesen: Knochenfunde auf Java und in China, wie etwa die des rund 500 000 Jahre alten Pekingmenschen, schienen zu beweisen, dass der Übergang vom Urmenschen zum |49| modernen Homo sapiens, der aufrecht geht und seinen Verstand gebraucht, in mehreren Regionen der Welt gleichzeitig ablief.
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|49| Demgegenüber konnten die Genforscher nun erstmals anhand des Erbguts der jeweiligen Knochenfunde und in Untersuchungen bei den verschiedensten Völkern auf allen fünf Kontinenten
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