Die geschützten Männer
Davidson«, sagte Jackie knapp und militärisch.
»Mr. Barrow.«
»Mr. Barrow«, sagt Jackie kurz angebunden, entschieden und mit einer leichten Drohung in der Stimme, »soll ich Helsingforth
rufen?«
Ich bewundere ihre Geistesgegenwart.
»Nein, nein!« sagt Barrow mit einem Zittern in seiner sanften Stimme. »Sie wissen doch, daß sie keine Anrufe haben will. Wenn
ich mir erlaube, die Anweisung zu übertreten, so deshalb, weil der Hubschrauber, der die Grenzen überwacht, eben ein großes
Feuer in der Nähe ihrer Blockhütte gemeldet hat. Ich war beunruhigt.«
»Der Holzschuppen hat gebrannt«, sagt Jackie. »Helsing forth , Audrey und Martinelli sind dort. Es ist praktisch vorbei. Keinerlei Gefahr.«
»Ah, um so besser, um so besser, um so besser«, sagt Barrow – und ich weiß nicht, weshalb mich diese drei abgehaspelten »um
so besser« an sein dreifaches Kinn erinnern. »Leut nant Davidson«, fügt er hinzu, und seine Stimme ist so sanft, so leicht und so behutsam, daß sie auf Eiern zu tanzen scheint,
»wissen Sie zufällig, wie lange Helsingforth bei uns zu bleiben beabsichtigt?«
Dieses »bei uns« ist eine Glanzleistung von Speichelleckerei.
»Sie fährt heute abend mit Audrey zurück«, antwortet Jackie |313| in dem gleichen bestimmten, knappen Ton. »Ich soll sie nach dem Abendbrot mit dem Wagen zur Bahn bringen. Haben Sie Helsingforth
etwas Dringendes zu übermitteln, Mr. Barrow?«
»Nein, nein«, sagt Barrow so erschrocken, als ob er ein Ei unter seinen Füßen zerbrochen hätte, »und Sie brauchen ihr auch
nicht zu sagen, daß ich angerufen habe.«
»Okay, Mr. Barrow«, sagt Jackie und legt auf.
»Ralph«, sagt sie gleich darauf, »wir dürfen auch nicht zu früh zurückkehren. Wir haben also Zeit. Sie können mir in allen
Einzelheiten erzählen, was sich ereignet hat.
Sie hört sich meinen detaillierten Bericht an, und als ich fertig bin, sagt sie ernst:
»Wir wußten, daß Helsingforth in Washington Ihr Serum an die Bedford-Aministration
verkauft
und als Gegenleistung eine enorme finanzielle Entschädigung sowie Steuerbegünstigungen erhalten hatte. Wir haben den Beweis
für diese schändliche Transaktion und werden ihn zu gegebener Zeit veröffentlichen. Wir wußten auch, daß man Helsingforth
praktisch freie Hand gegeben hatte, Sie zu beseitigen.«
»Deshalb waren Sie so unruhig, als Sie mich herbrachten?«
»Ja, Ralph. Aber ich hatte ebenfalls freie Hand, Sie zu schützen. Es war nicht leicht. Am liebsten hätte ich Helsingforth
sofort nach unserer Ankunft liquidiert. Aber da war noch Audrey. Während der ganzen Zeit, in der Sie in der Schwimmhalle waren,
habe ich jede Ihrer Bewegungen durchs Fernglas beobachtet. Dann beschlugen die Scheiben, und als Audrey wiederkam, konnte
ich praktisch nichts mehr sehen.«
»Den Schuß haben Sie nicht gehört?«
»Nein.« Sie erhebt sich. »Noch einen letzten Blick auf alles, Ralph, bevor wir aufbrechen.«
Sie geht durch alle Räume, ihre grauen Augen überpüfen alles. Ich folge ihr, viel weniger konzentriert. Als wir wieder in
der Eingangshalle sind, nimmt sie ihr Gewehr und schultert es mit einer ruckartigen Bewegung der Hand und des Kopfes.
»Jackie, eine Frage«, sage ich. »Wann soll ich Blueville verlassen? Wissen Sie das?«
Sie sieht mich an, und ihre grauen Augen beginnen zu funkeln.
»Heute abend.«
»Heute abend?«
|314| Sie nickt. Ich sehe sie ungläubig an.
»Am 28.«
»Wieso?« fragt sie lächelnd. »Paßt es Ihnen am 28. nicht?«
»Am 28. paßt es mir ausgezeichnet.«
»Ich dachte schon, daß sie abergläubisch sind. Jedenfalls brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es kann nichts schiefgehen.
Ich habe alles organisiert.«
»Dave kommt doch mit?«
Lachen.
»Dave kommt mit, aber nicht nur Dave.«
»Nicht nur Dave? Wieso?«
»Machen Sie nicht so ein besorgtes Gesicht, Ralph. Das
Wir
hat alles genau durchdacht: Sie verlassen Blueville mit Dave, mit Burage …«
»Mit Burage!« rufe ich aus.
»Moment«, sagte Jackie mit einem Lachen, das diesmal triumphierend klingt. »Ich bin noch nicht fertig. Sie verlassen Blueville
mit Dave, mit Burage und … mit mir.«
Ich bin sprachlos.
»Mit ihnen?«
»Es geht nicht anders«, sagte Jackie und sieht mir in die Augen. »Es wäre für mich kaum angebracht, in Blueville zu bleiben:
Ich bin schwanger.«
»Sind Sie dessen sicher?« frage ich schluckend.
»Zwei Wochen Verzug und ein positiver Test.«
Sie schließt die Eingangstür auf und
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