Die Gespenstergruft
die Nase hinweg und tropfte von den Wangen nach unten.
Die Blutstreifen sickerten auch in den Mund.
Die erste Aktion hatte den Gespenstern gefallen. Sie spendeten der weißen Frau sogar Beifall, auf ihre Art, denn so etwas wie ein gewaltiges Kichern und hämisches Schreien wehte den Grufties entgegen.
Die weiße Frau zog sich zurück. Sie bewegte ihre Waffe, von der dunkle Tropfen nach unten fielen und auf dem Boden sternförmig zerklatschten.
Wann griff sie wieder an?
Sady wußte es nicht. Sie wischte durch ihr Gesicht, verschmierte das Blut, ohne es wegwischen zu können.
Janina sagte plötzlich einen Satz, der ihnen auch den Rest an Hoffnung nahm. »Er hat das Gitter wieder festgeklemmt. Wir… wir können nicht hoch…«
Creel heulte auf.
Dann drehte er durch.
Er rannte vor, ohne an Maines Schicksal dabei zu denken. Sady schaffte es auch nicht, ihn zurückzuhalten. Wie ein Irrwisch stürzte er sich in die Masse der Gespenster, als wollte er sie brutal erwürgen.
»Nicht!« brüllte Sady.
Ihr Schrei wurde von einem anderen übertönt. Jemand taumelte herbei, eine sehr schattenhafte Gestalt, aber kein Gespenst, sondern ein schrecklich aussehender Mann, der mit Wunden übersät war und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Es war Walter Cohn, der Totengräber. Er hatte die anderen Laute gehört und es geschafft, sich auf die Beine zu quälen. Er fiel den Höllengespenstern entgegen, er schlug nach ihnen, wobei für die zuschauenden Grufties nicht zu erkennen war, ob er eine feste Masse traf oder seine Schläge durch die Gestalten hindurchwischten. Jedenfalls fiel er nach vorn, und die anderen Wesen kümmerten sich mehr um ihn als um Creel, der zu Boden sank und sich mit einem irren Blick umschaute.
Jemand riß an Walters Haaren.
Sein Kopf flog zurück. Die Haut an seinem Hals spannte sich wie Segeltuch.
Sie lag frei, zu frei, aber genau das hatte die weiße Frau nur gewollt.
Mit dem spitzen Gegenstand stieß sie zu.
Diesmal traf sie genau und tödlich!
Als sie ihre Waffe wieder aus dem Hals des Mannes hervorzog, war Walter schon tot. Vor den Augen der entsetzten Grufties sackte er zu Boden und blieb starr liegen. Jetzt wußten sie endgültig, welches Schicksal ihnen zugedacht worden war.
Aber keiner drehte durch. Selbst Creel blieb stumm. Er hatte sich kleingemacht und hockte auf dem Boden wie ein verwunderter Zwerg.
Die anderen drei standen noch auf ihren Beinen, und das kalte Grauen hatte sie starr werden lassen.
Sady spürte nur das Blut, das auch weiterhin aus der Stirnwunde sickerte und sich auf dem Gesicht verteilte. Ein Streifen hatte bereits das Kinn erreicht. Von dort fielen Tropfen in die Tiefe und zerplatzten auf dem Boden.
Die Grufties sprachen nicht miteinander, doch jeder wußte, daß es keinen Sinn ergab, sich zu wehren. Die andere Seite war zu stark, und der Teufel konnte sich auf seine Höllengespenster hundertprozentig verlassen. Das Wesen, das er sich als Anführerin ausgesucht hatte, nämlich die weiße Frau, war eine Mischung aus Geist und Mensch.
Sie bewegte sich zuerst. Ihren Körper sehr langsam, den rechten Arm dafür schnell. Somit auch das Messer, dessen Klinge mit einem pfeifenden Laut durch die Luft schnitt.
Dabei verzog sich das Gesicht der weißen Frau zu einem kalten und bösen Grinsen. Sie ging noch einen Schritt vor und kam somit näher an die Gruppe heran.
Diesmal war sie zu hören.
Ein leises Tappen, dann das schleifende Geräusch, aber die weiße Frau zuckte plötzlich zusammen, weil sie irritiert war.
Sie drehte sich um.
Nicht sie hatte das Schrittgeräusch abgegeben, es war hinter ihr und den Gespenstern erklungen.
Die vier Grufties begriffen noch nichts, obwohl sie nicht mehr unmittelbar bedroht wurden.
Dafür geschah etwas anderes.
Zwei scharfgebündelte Lichtfinger zerschnitten die bedrückende Finsternis der Gruft, und aus dem Licht trat eine Gestalt hervor, die den vier jungen Grufties vorkam wie ein rettender Engel.
»John Sinclair«, keuchte Sady und weinte dabei…
***
Ich war es tatsächlich, während sich Suko mehr im Hintergrund hielt. Wir hatten nicht alles mitbekommen, aber wir hatten gesehen, wie brutal die Teufels-Gespenster vorgingen, als sie einen Mann töteten.
Jetzt waren wir da.
Und ich ging noch weiter, denn ich wollte dicht an diese unheimlichen Gestalten heran.
Zuerst sah ich die weiße Frau mit dem blutigen Messer. Ich hatte sie direkt angeleuchtet, doch ihre Erscheinung war so grell, daß sie sogar das Licht
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