Die gestohlene Zeit
aufnehmen sollte, war dieser durch die Tür verschwunden. Kurz darauf wurde der Raum wieder finster, und das Eingangstor schlug zu. Die Zwerge atmeten auf, doch da hörten sie das Knirschen eines Schlüssels im Schloss. Laurin sprang hinter dem leeren Fass hervor und rüttelte an der Klinke – vergebens. Der Ausgang war versperrt.
Thoralf spähte durch die Dunkelheit und erkannte schemenhaft eine zweite Tür am anderen Ende des unterirdischen Raumes. Er huschte hinüber, doch auch sie war nicht zu öffnen. Mochte Laurin sich auch fluchend gegen die massive Pforte aus Erz werfen – seine Kräfte reichten in der Oberwelt nicht mehr aus. Die beiden Zwerge waren in dem unterirdischen Verlies gefangen.
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Kapitel 16
V erzweifelt warf ich mich gegen die vergitterte Tür. Das durfte doch nicht wahr sein! Ich war gefangen, eingepfercht in einen metallenen Käfig mit einem massiven Riegel an der vergitterten Tür, so dass ich unmöglich entkommen würde. Weder als Katze noch als Mensch. Dass die Verwandlung in einer halben Stunde einsetzen und was diejenigen, die mich hier eingesperrt hatten, dann tun würden, daran wollte ich lieber erst gar nicht denken. Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen!
Noch in der Nacht, nachdem wir vom
Ambrosia
zurückgekommen waren, war es mir gelungen, Jonathan gedanklich meinen Plan zu übermitteln. Sobald es Tag geworden war, hatten wir uns auf den Weg zu Udos teurer Villa gemacht. Leider war Lilly auch schon wach und hatte darauf bestanden, mitzukommen.
»Ich kann doch Schmiere stehen, während ihr im Haus seid«, hatte sie gebettelt, und schließlich hatten wir nachgegeben. »Du tust aber, was man dir sagt, verstanden?«, war sie von Jonathan eindringlich ermahnt worden, und sie hatte genickt. »Großes Ehrenwort!«
Weil ich auf Katzenpfoten einfach quer durch die Vorgärten gerannt und über Zäune gesprungen war, hatte ich das Haus vor Jonathan und Lilly erreicht und war zum Fenster geschlichen, hinter dem Udos und Claudias Schlafzimmer lag. Ich konnte meinen Ex-Schüler durch das gekippte Fenster laut schnarchen hören. Anschließend war ich um die Hausecke getigert und hatte beschlossen, hier auf die Abfahrt der Familie zu warten. Bald müssten auch Jonathan und Lilly auftauchen, dann könnten wir mit Hilfe des magischen Bergkiesels gemeinsam das Haus betreten, während Lilly draußen aufpasste.
Nach einiger Zeit war mir langweilig geworden, und ich hatte bemerkt, dass ich direkt unter Karlas Zimmer stand. Ich wurde von einer Welle des Mitgefühls für dieses zarte Elfchen überschwemmt, das bei einer klamottensüchtigen Mutter und diesem Fiesling von Udo aufwachsen musste, und wollte nur kurz nach ihr sehen. Also hüpfte ich mit einem Satz auf den Sims, um einen Blick auf das schlafende Mädchen zu werfen. Zu meinem Schrecken war die Kleine jedoch schon wach und bei meinem Anblick sofort aus dem Bett gesprungen. Stürmisch hatte sie das Fenster aufgerissen, und ehe ich noch flüchten konnte, griff sie nach mir und drückte mich an sich.
»Du bist wieder da!«, jubelte sie und presste mir einen feuchten Kinderkuss auf meinen pelzigen Kopf. Wider Willen rührte mich ihre Freude, und ich beschloss, ihr ein Weilchen Gesellschaft zu leisten. Zu meinem Entsetzen schloss sie das Kinderzimmerfenster jedoch wieder, ehe sie sich zu mir umwandte und strahlend erklärte:
»Ich hole dir Milch! Mama und Papa schlafen noch, und du musst ganz still sein!« Natürlich hatte ich nicht gewartet, sondern war ihr in sicherem Abstand gefolgt – in der Hoffnung, irgendwo eine Möglichkeit zu finden, um unauffällig verschwinden zu können. In Kürze würden Jonathan und Lilly auftauchen und sich bestimmt Sorgen machen, wenn sie mich nicht fanden. Aber nirgendwo war eine Möglichkeit, nach draußen zu kommen, und ich verfluchte meinen Leichtsinn und mein weiches Herz. Notgedrungen musste ich also warten, bis Karla mit einer Tasse Milch aus der Küche kam und mich entdeckte.
»Was machst du denn hier, ich habe doch gesagt, du sollst in meinem Zimmer warten«, flüsterte sie streng.
Ich bin eine Katze, und die tun nie, was man ihnen sagt, hätte ich ihr am liebsten geantwortet, stattdessen hob ich die rechte Vorderpfote und deutete auffordernd zur Haustür. Karla kicherte. »Du kannst ja winken«, amüsierte sie sich und winkte zurück. Ich seufzte stumm und wünschte mir, ich hätte sprechen können oder wenigstens ein Kind mit mehr Verstand vor mir gehabt. Gleich darauf kam
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