Die Gewürzhändlerin
darauf bestanden, die Dienstbotenschaft klein zu halten, da der Unterhalt eines Stadthauses an sich schon sehr teuer war. Die Mahlzeiten durften die Knechte und Mägde deshalb ebenfalls hier einnehmen, es sei denn, Johann und Elisabeth hatten Gäste geladen. Dann wurden die Bänke entfernt und weitere Stühle aufgestellt.
Im Kamin, der sich den Rauchabzug mit der im angrenzenden Raum befindlichen Küche teilte, stapelte sich ordentlich aufgeschichtetes Holz und wartete darauf, für ein heimeliges Feuer entzündet zu werden. Noch war der Spätsommer jedoch so angenehm warm, dass nur selten – und wenn, dann meist bloß abends – geheizt wurde.
Elisabeth wandte sich an Luzia. «Geh und schau nach, wo Hilla steckt. Sie soll den Tisch decken, damit wir essen können. Ich sehe derweil nach, wo Johann steckt.»
Luzia nickte und machte sich umgehend auf die Suche nach der kleinen schwarzhaarigen Magd, die sie von der Mantenburg mitgebracht hatten. Sie fand Hilla im Hof hinter dem Haus, wo sie die Hühner fütterte und dabei ungehalten vor sich hin murmelte und sich den Rücken rieb.
«Hilla, Frau Elisabeth möchte, dass du den Tisch deckst.»
Die Magd drehte sich um und musterte Luzia ungnädig. «Ich komm schon gleich. Verfluchte Stalltür! Ist mir doch glatt ins Kreuz geflogen, als ich die Eier holen wollte.» Wieder rieb sie sich den Rücken. «Der Godewin soll sich das mal anschauen. Da stimmt was mit den Scharnieren nicht. Immerzu fliegt die Tür zu. So schnell kann man keinen Klotz finden, um sie aufzuhalten.» Sie verteilte seelenruhig weiter Futter zwischen den Hühnern.
Luzia sah ihr einen Augenblick dabei zu, dann räusperte sie sich. «Hilla, die Herrin meinte sofort.»
Verärgert hob Hilla erneut den Kopf. «Hab’s vernommen. Kann aber nicht zaubern. Soll die Arbeit hier draußen liegenbleiben? Ich bräucht dringend noch eine zweite Magd zur Hilfe. Aber fragt mich wer? Warum gehst du nicht und deckst den Tisch? Bist dir wohl zu fein dafür.»
Luzia runzelte die Stirn. «Ich muss mich um die Einkäufe kümmern, die Wilbert und Anton in die Küche gestellt haben. Sie müssen ordentlich in der Speisekammer verstaut werden, damit sie nicht verderben. Frau Elisabeth hat bestimmt, dass ich dafür verantwortlich bin, solange die neue Köchin noch nicht hier ist.»
«Na klar, wer sonst. Das brave Jungferchen hat ja Sonderrechte. So gut möcht ich’s auch mal haben», murmelte Hilla verdrießlich, stellte aber schließlich doch den Eimer mit dem Hühnerfutter beiseite und ging ins Haus.
Luzia sah ihr mit einem leichten Kopfschütteln nach und griff dann selbst nach dem Eimer. Rasch streute sie das restliche Futter zwischen die gackernden Hühner, bevor sie sich in die Küche begab, um die Lebensmittel zu verstauen.
* * *
Da Elisabeth für den Nachmittag von einer Nachbarin, der Adligen Christine von der Arken, eingeladen worden war, nutzte Luzia die freien Stunden für einen weiteren Gang in die Stadt. Sie nahm ihren Bruder mit, da Elisabeth ihr eingeschärft hatte, niemals ohne Begleitung, vorzugsweise männliche, auszugehen. Zum einen schickte es sich für eine ehrbare Jungfer nicht, alleine durch Koblenz zu streifen, zum anderen war es zu gefährlich: Auch wenn Koblenz eine wohlhabende und durch ein Aufgebot an Stadtsoldaten wohlbehütete Stadt war, trieb sich doch eine Menge unehrliches Gelichter in den Straßen und Gassen herum.
Luzia genoss das geschäftige Treiben um sich herum. Sie beobachtete im Gehen einen Zimmermann, der an einem Haus in der Judengasse eine neue Tür einsetzte. Einen Moment musste sie stehen bleiben, weil ein Ochsenfuhrwerk ihren Weg kreuzte, das hoch mit Mehlsäcken beladen war. Inzwischen kannte sie sich gut genug in der Stadt aus, um zu wissen, dass dies sicher die Lieferung für einen der zahlreichen Bäcker in der Mehlgasse war. Hinter dem Fuhrwerk liefen zwei ältliche, ausgemergelte Mägde, die große Eimer mit Wasser schleppten, und aus der Schildergasse kam gerade eine Horde von sechs oder sieben Gassenjungen gerannt, die jauchzend und schreiend mit Stöcken einen Stein vor sich hertrieben und versuchten, ihn sich gegenseitig abzuluchsen. Von irgendwoher schallte eine keifende Frauenstimme, die sich über den Lärm beschwerte, den die Buben veranstalteten.
Da sie zur Liebfrauenkirche wollte, hielt Luzia sich rechts und ging am Friedhof vorbei auf das große Portal des Gotteshauses zu.
Anton zupfte sie am Ärmel. «Willst du schon wieder beten? Du warst doch erst
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