Die Gewürzhändlerin
hat mir die Entscheidung leichtgemacht, Koblenz als Schauplatz für den vorliegenden Roman zu wählen.
Nicht sosehr die geschichtlichen Ereignisse der Jahre 1351/52 schlagen sich in meiner Geschichte nieder, sondern vielmehr die Fülle an historischen Orten und Personen, die mir bei meiner Recherche begegnet sind. Es sind die Menschen, die Geschichte und Geschichten erst lebendig machen. In meinem Roman tauchen viele Namen von Personen auf, die zu jener Zeit tatsächlich gelebt haben. Natürlich kann man heute über sie nur wenige Fakten in Erfahrung bringen. Doch ich habe versucht, sie in meiner Geschichte lebendig werden zu lassen, um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen Einblick in das Leben und Wirken der Bürger und Kaufleute dieser Stadt im späten Mittelalter zu geben.
Manches davon mag dem einen oder anderen von Ihnen auf den ersten Blick als zu modern erscheinen. Doch vieles, was wir heute mit dem Leben in der Neuzeit verbinden, hat sich bereits im Mittelalter entwickelt. So war es für Kaufleute bereits um das Jahr 1350 durchaus üblich, sich – statt in Münzen – in Wechseln bezahlen zu lassen. Kredite wurden von Lombarden, Kauwerzinern und Juden vergeben. Damals entstand bereits die Grundlage unseres heutigen Bankenwesens. Auch Sicherheiten wurden in jener Zeit bereits verkauft, was einmal mehr beweist, dass die Lebenswelt der Menschen sich in mancherlei Hinsicht gar nicht so sehr von der heutigen unterschieden hat.
Dass Frauen Handel trieben, war ebenfalls keine Seltenheit. Lediglich die Tatsache, dass meine Protagonistin Luzia es geschafft hat, sich durch ihr Talent und glückliche Fügung über ihren niedrigen Stand zu erheben, dürfte wahrlich ungewöhnlich gewesen sein, wenn auch nicht ganz unmöglich. Zu allen Zeiten gab es Menschen, die es geschafft haben, sich ihre Ziele und Träume zu erfüllen. Dass dies gerade für eine Frau nicht leicht gewesen ist, steht außer Frage. Die mittelalterlichen Ansichten über die Stellung der Frau und die Dringlichkeit, sich mit einem passenden Mann zu verheiraten, durchziehen den gesamten Roman. Diese Einstellung war in allen Schichten anzutreffen, bei der Hurenwirtin ebenso wie bei einer Adligen. Die Ehe hat man im Mittelalter nicht romantisiert, sie war vielmehr Mittel zum Zweck – oder, wie Luzia es einmal ausdrückt, ein Handel, der bestenfalls zum Nutzen beider Parteien geschlossen wurde.
Doch damals wie heute gab und gibt es einen Faktor, den die Menschen auch mit größtmöglicher Vernunft nicht auszuschalten vermögen: die Liebe.
Um die Liebe und die Hindernisse und Grenzen, die sie zu überwinden vermag, geht es in meinem Roman.
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Anmerkung
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie werden es bereits ahnen: Das silberne Kruzifix, welches im vorliegenden Roman eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt, ist meiner Phantasie entsprungen. Ebenso die Geschichte des Zachäus. Der Zöllner, den Sie vielleicht aus den Versen des Neuen Testaments kennen, hat natürlich keine Reliquie dieser Art erschaffen, die dann von den Templern dem Gralsschatz zugeführt worden ist. Doch die Figur des Zachäus hat mich schon immer fasziniert. Von seinen Mitmenschen wegen seines Reichtums abgelehnt, wurde er dennoch von Jesus Christus besucht und mit der gleichen Nächstenliebe behandelt wie alle anderen Menschen auch. Und tatsächlich ist Zachäus kein schlechter Mensch: Er hilft den Armen und gibt die Hälfte seines Besitzes dafür her. Ihm ist bewusst, dass sein Reichtum auf Ausbeutung und auf dem Betrug an seinen Mitmenschen beruht. Deshalb schien er mir als Erschaffer einer Reliquie, die Recht von Unrecht, Gut von Böse zu unterscheiden weiß, eine gute Wahl zu sein.
Doch kann eine Reliquie, die eigentlich ein toter Gegenstand sein müsste, wirklich mystische Kräfte entwickeln? In unserer Zeit würden die meisten diese Frage sicherlich verneinen. Doch die Menschen des Mittelalters haben fest an die Macht von Reliquien geglaubt. Und der Glaube an sich ist auch heute noch – gleich in welcher Ausformung – die Kraft, welche die Geschicke der Menschen antreibt.
Petra Schier, im Juni
2011
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Über Petra Schier
Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet mittlerweile freiberuflich als Lektorin und Schriftstellerin.
Mehr Informationen zur Autorin unter www.petra-schier.de.
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