Die Gezeiten von Kregen
der flammenden Ekstase des Wahnsinns zu ertränken.
Als ich vor langer Zeit zum erstenmal auf den Bänken eines magdagschen Ruderers schuften mußte, war ich allmählich aus meiner geistigen Betäubung erwacht. Ich hatte Interesse an meiner Umwelt genommen, hatte mir die Konstruktion der Galeeren angesehen, hatte verfolgt, wie sie manövriert wurden, wie sie sich im Kampf verhielten. Diesmal aber war mir alles egal. Ich ruderte. Wenn die Peitsche mich traf, brüllte ich auf, ohne Hemmung, ohne Stolz.
Einmal wurden wir gerammt, der Ruderbaum zerplatzte zu gefährlichen Splittern, und die Bordwand brach einwärts, und drei arme Teufel, die neben mir angekettet waren, wurden zu Tode gequetscht. Einmal hagelten Pfeile auf die Sklavenbänke nieder, denn unser Schiff war nach oben hin offen. Plötzlich ragte ein Pfeilschaft aus dem Rücken des vor mir sitzenden Sklaven. Empfindungslos stellte ich fest, daß ein weiterer Pfeil meinen Fuß an den Boden nagelte. Ich zerrte das Ding mit einem Ruck des Beins frei und sah Blut emporwallen, ohne etwas zu fühlen, und ruderte, ruderte, ruderte. Offenbar wurde ich später ins Krankenrevier gebracht, wo ich mich erholte. Ich erinnere mich nicht daran.
Es kam eine Zeit, da ich Regen und Wind auf meinem Gesicht spürte und die Hitze der Sonnen, dann eine Periode, da ich diese Empfindungen entbehrte. Heute ist mir klar, daß ich wohl vom oberen Rudererdeck in das untere versetzt wurde; für meinen Seelenzustand war das ohne Belang.
Einmal, daran erinnere ich mich vage, wachte ich auf und sah über mir den riesigen Felsbogen des Zy-Hafens. Ich rief: »Krozair!«, so laut ich konnte. Ich versuchte mich aufzurichten schaffte es aber nicht, denn ich hing an Ketten, die an Deck befestigt waren.
Später hatte ich den Eindruck, daß sich Menschen über mich beugten, schattenhafte Gestalten, eine abgeschirmte Lampe, Geflüster.
Diese Erinnerungsbrocken aus der Nacht suchten mich tagsüber heim, während ich mich am Ruderbaum abmühte. Die Sonne verbrannte mir den Rücken, mein Haar wuchs, ich verlor das überflüssige Gewicht, das ein Leben als Prinz und König so mit sich bringt. Nach einiger Zeit war ich so hart und widerstandsfähig wie je zuvor.
Im Kreis der Vaol-Paol-Dinge findet alles seine Vollendung.
Eines Nachts spürte ich, wie an meinen Ketten geschüttelt wurde, und ich fluchte und drehte mich gereizt auf die Seite, denn Schlaf ist für einen Sklaven ein kostbares Gut. Ich hörte einen geflüsterten Fluch, und jemand sagte: »Schlaf, du Grodno-gasta!« Danach folgte das dumpfe Geräusch eines Schlages. Eine andere Stimme war zu hören, offenbar aus einiger Entfernung. Ganz in der Nähe sagte die erste Stimme voller Boshaftigkeit: »Makki-Grodno soll seine Gedärme zernagen!«
Wieder wurden meine Ketten bewegt. Ich hörte das Klirren von Metall, dann war alles still. Ich drehte mich herum, fand eine weiche Stelle auf dem mit Ponshofell umhüllten Strohsack und schlief wieder ein.
Ich hatte keine Ahnung, wohin der Ruderer fuhr, auf dem ich Sklave war. Ich hatte keine Ahnung, ich wollte es auch gar nicht wissen. Ich glaube, damals wußte ich nicht einmal, was das alles bedeutete; irgendwie schienen mir der Schmerz und die Anstrengung zu einem Traum zu gehören, in dem Zorg, Nath, Zolta und ich bis in alle Ewigkeit ein Sklavenschicksal erdulden mußten.
Wenn der Wind die viereckigen Segel an den beiden Masten füllte, konnten sich die Sklaven ausruhen. Eines Abends versank die Sonne in einer metallisch wirkenden See, eine einzige flammende Bronzeplatte, die sich von der Bordwand bis zum Horizont erstreckte. Als ich das sah, wurde mir zum erstenmal bewußt, daß wir auf See waren. Ich dachte, Zorg habe den größeren Teil der Zwiebel erhalten, die wir geteilt hatten. Nath und Zolta würden sich die andere Knolle teilen. Wir waren auf halbe Rationen gesetzt. Und an Wasser gab es nur einen Mundvoll, das mußte genügen.
Als die Segel gerefft wurden, richteten wir uns auf den Bänken auf und griffen nach den Ruderbäumen. Der Trommel-Deldar legte seinen Rhythmus vor, und im Gleichtakt, wie schlagende Flügel, tauchten die Ruderblätter ins Wasser, stiegen empor, fuhren wieder hinab. Lautlos näherten wir uns der Küste.
Dies alles bedeutete mir nichts. Als der letzte Schlag der Trommel und ein Pfiff des Rudermeisters das Ende unserer Mühen anzeigten, ließen sich die Sklaven über die Ruder sinken. Ich drehte mich um und wollte mir eine weiche Stelle auf dem Ponsho-Sack
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