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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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kannten meine Körperkräfte. Viele der Anwesenden hatten früher mit mir gekämpft. Sie wußten, daß ich in den Galeeren Magdags als Sklave geschuftet hatte. Hier trat nun einer der Aspekte der Zairer zutage, die ich bisher hatte übersehen und dulden müssen: die Zairer setzten auf ihren Ruderern ebenfalls Sklaven ein.
    Mein Schicksal stand also fest.
    Immer tiefer stiegen wir. Die Wächter umringten mich mit blank gezogenen Schwertern. Sie waren erfahrene Kämpfer – sonst wären sie gar nicht erst Krozairs geworden. Es hätte ein lebhafter Kampf werden können, ein Kampf, der einen Mann schon ins Schwitzen bringen konnte.
    Aber während wir die Treppen hinabstiegen, umgeben von tropfnassen Felswänden und qualmenden Fackeln, die lange Schatten warfen, erkannte ich, daß ich mich nicht gegen meine ehemaligen Brüder stellen konnte, nur weil sie mein wildes Gerede von einer Erde mit nur einer Sonne, mit nur einem Mond und Apim-Bewohnern nicht verstanden. Nein, ich konnte mich nicht voller Haß gegen einen Mann erheben, der Krozairbruder war, der das Symbol dieses Ordens trug.
    Vielleicht gab es für diese Haltung aber auch andere Gründe. Vielleicht war ich doch schwach und nachlässig geworden, vielleicht hatte ich meine alte Schärfe und Entschlossenheit verloren. Angst verspürte ich wohl nicht. Eher hätte es mich erleichtert, um mich schlagen und in den Tod gehen zu können.
    Aber schon damals wußte ich in einem Winkel meines Verstandes, daß ich in einer Beziehung doch noch der alte Dray Prescot war, ein dummer Onker, der niemals aufgeben würde, der sich bis zum Äußersten gegen die Verzweiflung zur Wehr setzen würde.
    Meine Wache schob mich in eine schmale Zelle, deren Felswände feucht schimmerten. Die Gitterstäbe knallten hinter mir zu.
    Dann marschierten die Männer davon und überließen mich der Dunkelheit und der Leere meiner Seele.
    Wieviel Zeit ich in der Zelle verbrachte? Gleichgültig.
    Von Zeit zu Zeit bekam ich zu essen, wurde gewaschen und rasiert und erhielt einen neuen Sklaven-Lendenschurz. Meine Ketten wurden überprüft, und ich wurde endlich die endlosen glatten Treppen hinaufgeführt, die durch das Herz der Felsinsel Zy führten. Schließlich erreichten wir den kleinen Hafen in dem riesigen Felsbogen. Es war Nacht. Die Sterne spiegelten sich in immenser Vielfalt auf dem Wasser. Monde waren nicht zu sehen.
    Die Wächter unterhielten sich leise miteinander; ihre Worte waren kaum zu verstehen.
    Vor mir auf der Hafenmole sah ich einen langen, flachen, eindrucksvollen Umriß. Bei meiner Ankunft hatte hier kein Ruderer gelegen. Mein Voller war verschwunden. Wäre er hier gewesen, ich weiß nicht, ob ich selbst dann einen Fluchtversuch unternommen hätte. Ich war bedrückt, vernichtet, ich lag mit dem Gesicht nach unten im Dreck.
    Der vertäute Ruderer hatte zwei Ruderreihen übereinander und schien ausgesprochen schnell zu sein. Automatisch registrierte ich, daß diesem Schiff viel von dem prachtvollen Schmuck fehlte, an den ich mich bei den Ruderern auf dem Auge der Welt gewöhnte hatte. Dieses Schiff schien jederzeit kampfbereit zu sein.
    Ich hörte die leise Stimme eines Wächters, eines erfahrenen alten Burschen mit vernarbtem Gesicht. »Zu den Eisgletschern Sicces mit ihm! Er ist ein Apushniad!«
    Und ein anderer, jüngerer Mann mit kräftigem, entschlossenem Gesicht: »Allerdings ist sie sehr hübsch.«
    Mir schwindelte. Ich hielt mich am nächsten Krozair fest, und er knurrte und drehte sich so, daß ich nicht nach seinem Schwert greifen konnte.
    Vergebung – so etwas gibt es auf Kregen nur selten. Zair und Grodno – das waren Gottheiten, die ihren Anhängern Haß auf die Gegner predigten.
    So konnte ich denn keine Gnade erwarten von diesen Männern, die meine Krozairbrüder gewesen waren, Männer, für die ich gekämpft hätte und die auf gleiche Weise für mich ihr Leben eingesetzt hätten, ehe ich verurteilt und verstoßen worden war.
    Anflehen wollte ich sie nicht. Aber über aller seelischer Qual spürte ich das Feuer in meinem Blut. Die Pein erneuerte sich im Entstehen eines neuen Schmerzes. Ich wußte Bescheid.
    Wir eilten auf die Felswand zu. Die Wächter unterhielten sich mit lautem Flüstern:
    »Leise!«
    »Vorsichtig mit der Lampe!«
    »Man müßte ihn eigentlich den Chanks zum Fraß vorwerfen.«
    Eine Lenktür ging auf und wurde leise wieder geschlossen. Knirschend schloß sich ein eiserner Riegel.
    Pechschwarze Dunkelheit lag vor meinen herumtastenden Fingern. Meine

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