Die Gezeiten von Kregen
sie.«
14
In Kürze würde der zairische Ruderer Rächer Zulfirian die Anker lichten und in Begleitung von drei anderen Schiffen – lange, elegante Meeres-Leem – über den Grodnim-Konvoi herfallen. Als verantwortliche Zidiener, Männer, die den Krozairs von Zy als Laienbrüder halfen, mußten meine Kameraden Nath und Zolta eigentlich an Bord sein.
Sie hatten mir geholfen, von den Ruderbänken wegzukommen. Bis jetzt waren sie über jeden Verdacht erhaben, jedenfalls behaupteten sie das.
Ursprünglich hatte ich als eine der Möglichkeiten für meine Zukunft vorgehabt, sie mitzunehmen in die äußere Welt, nach Valka, wo ich sie mit Ehrungen und Vermögen überhäufen konnte. Natürlich wußte ich nicht, ob die beiden Rauhbeine für ein solches Leben geeignet waren, aber sicher konnten sie sich anpassen.
Nun?
In Wahrheit wollte ich das Auge der Welt gar nicht verlassen, ehe ich mich nicht wieder Krozair von Zy nennen durfte. Die Sache war klar.
Ich konnte die beiden aber nicht bitten, mich auf einer dermaßen gefährlichen Mission zu begleiten, die im Grunde nur für mich Bedeutung hatte. Damit würden sie alles fortwerfen, wofür sie gearbeitet hatten, sie müßten ihre Karriere aufgeben – der eine war Erster Varterist, der andere Palinter. Nein, es wäre grausam gewesen, sie aus ihrem Leben in ein Dasein voller Grausamkeit, Gefahr und Tod zu führen – nur um meiner eigenen egoistischen Ziele willen.
Dazu bedeuteten sie mir zuviel.
Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, während ich in der primitiven Hütte saß und mir meine Pläne zurechtlegte.
Sie hatten mir erzählt, daß Pur Zenkiren übergangen worden war, als der alte Pur Zazz schließlich starb, um im Paradies ehrenvoll zur Rechten Zairs zu sitzen. Die Kämpfe, die Zenkiren an der Ostküste durchgestanden hatte, waren negativ verlaufen, so daß Proconia allmählich ins feindliche Lager übergeschwenkt war. Die Magdager waren mit riesigen Diff-Armeen aus Norden angerückt – Chuliks, Rapas, Katakis, Ochs und Neor'vils. Wie Regenwolken waren diese gewaltigen Armeen vorgestürmt, an das Gold denkend, das die Oberherren ihnen unter den grünen Bannern versprochen hatten.
»Wir konnten sie schließlich aufhalten«, berichtete Nath, »in einer Schlucht, die eine gute Verteidigungsposition bot. Ich habe Berichte darüber gehört. Die Gegend hieß Appar, und danach ist die Schlacht auch benannt worden. Pur Zenkiren rief seine Streitkräfte zusammen, und wir kämpften und hielten die Grodno-Rasts und ihre verfluchten Tiermensch-Verbündeten auf!«
Dies war ein Aspekt, der mir schon damals aufgefallen war: die Zairer setzten nur selten Diffs ein; außerdem waren von den zahlreichen wunderbaren Halblingsrassen Kregens nur wenige an der Südküste des Binnenmeers zu finden. Ein wichtiger Faktor in meinem Leben, aye! – und für das Geschick ganz Kregens, das werden Sie noch hören.
Jedenfalls hatte Pur Zenkiren viel Boden verloren und war deswegen nicht zum Ersten Abt der Krozairs von Zy gewählt worden – ohne Berücksichtigung seines letzten heldischen Kampfes.
Seine Gegenwart auf dem Omborthron im Saal des Urteils hätte für mich auch keinen Unterschied bedeutet. Ich war bereits in Abwesenheit schuldig gesprochen und verurteilt worden; die Krzy ließen mir lediglich mein Recht angedeihen, indem sie den Prozeß als Zeremonie wiederholten. Zenkiren hätte das gerechte Urteil nicht abwenden können. Ich mußte ihn also sprechen. In dieser Richtung hatte ich schon die eine oder andere Idee. Wenn ich behaupte, daß die Krozairs keine Gnade kennen, so muß ich diese nüchterne Aussage doch etwas einschränken. Man hatte mir ein kurzes Zusammentreffen mit meiner Frau gewährt. Darin zeigten die Krozairs jenes Mitleid, das sie als Menschen ausweist. Ohne diese von Zair inspirierte Gabe wäre meine Treue gegenüber den Krzy und die Bereitschaft, meine Söhne in den Orden zu geben, sicher nicht so ausgeprägt gewesen.
Der Tag verstrich langsam. Ich trank wenig und aß gut und schärfte das beste der Langschwerter, die mir die beiden Raufbolde gebracht hatten. Obwohl es sich nicht um Krozairschwerter handelte, waren es gute Waffen.
Wie zuvor zog ich mich beim Untergang der Sonnen in den Wald zurück. In meinem Versteck erwartete ich Nath oder Zolta – oder eine Gruppe von Soldaten, die mich wieder einfangen wollte.
Ich sah, daß sich die Blätter am Weg bewegten, und runzelte die Stirn.
Der Fremde, der sich da näherte, kam aus der anderen
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