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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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sondern weil du das Festbankett als idealen Zeitpunkt angesehen hast, um endlich ungestört in Hugos Gemach eindringen und nach dem Brief suchen zu können, den du ihm vor einigen Monaten geschrieben hast. Hugo konnte lesen, und nach dem Brief zu urteilen, hattet ihr eine Liebschaft. Du hast Hugo also einen Liebesbrief geschrieben, den du unbedingt wieder an dich bringen musstest.«
    Der Kamm glitt weiterhin durch meine Haare. Gerlindis sah auf mein Haupt hinab.
    Sie sagte: »Der Brief war ein schlimmer Fehler. Aber als ich ihn im Sommer schrieb, war die Welt noch in Ordnung. Hugo hatte vor, sich dir und Onkel bald zu erklären und offiziell um mich zu werben. Da waren wir schon längst ein Paar. Wir hatten auch bereits miteinander geschlafen, in seinem Gemach, am Sonntagnachmittag, aber nur ein Mal. An jenem Abend schrieb ich den Brief, um ihn zu ermuntern, die Werbung nicht aufzuschieben, aber er wollte noch seine Ernennung zum Hauptmann der Leibwache abwarten. Kurz darauf wurde er im Frauenhaus erwischt, und mir wurde von Tag zu Tag klarer, dass aus der Ernennung nichts mehr werden würde. Also wollte ich mich von ihm trennen.«
    Â»Hast du ihn nicht geliebt? Wenigstens ein kleines bisschen?«
    Sie lachte auf. »Ich fand ihn nett. Aber heiraten wollte ich ihn nur wegen der bedeutenden Stellung, die ihm so gut wie sicher war. Hauptmann mit Mitte zwanzig! Er wäre schnell aufgestiegen. Eines Tages hätte der König ihn zum
Pfalzgrafen gemacht, so wie deinen Mann. Aber das Rindvieh musste sich ja alles verderben.«
    Â»Du hast ihm die Liebschaft aufgekündigt.«
    Â»Im Guten. Er hat trotzdem angefangen zu trinken und seine Lage dadurch nur verschlimmert. Ich habe mich Grifo zugewandt, dem aufgehenden Stern, und ich hatte Glück. Auch wenn er viel schüchterner war als Hugo, habe ich doch gemerkt, dass er Gefallen an mir fand. Das war meine große Gelegenheit, doch noch zu erreichen, was ich mir vorgenommen hatte. In der ganzen Zeit jedoch hatte Hugo nicht aufgehört, um mich zu buhlen. Ich wollte dem ein Ende machen und bestellte ihn für den späten Abend zu den Stallungen.«
    Â»Es bereitete dir keine Schwierigkeiten, dich aus dem Haus zu schleichen, denn unter dem Vorwand, sticken zu wollen, warst du in der Wohnhalle geblieben, nachdem ich mich in mein Zimmer zurückgezogen und Arnulf sich mit Emma in sein Zimmer begeben hatte.«
    Â»Wir hatten einen Wortwechsel, weil Hugo nicht akzeptierte, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er war angetrunken, und das machte die Sache nicht einfacher. Ja, und dann sagte ich ihm, dass Grifo und ich Gefallen aneinander gefunden hatten. Er hat sich furchtbar aufgeregt und mir gedroht, meine Ehre zu beschmutzen, indem er öffentlich kundtut, was zwischen ihm und mir vorgefallen war. Danach wäre es Grifo unmöglich gewesen, um mich zu werben. Und Hugo hatte nichts zu verlieren. Er hatte ja bereits einen schlechten Ruf. Er rief, er würde lieber sterben, als dass Grifo mich zum Altar führe. Als Hugo sich von mir abwandte, ergriff ich ein Holzscheit und schlug es ihm auf den Schädel. Hugo war benommen, er taumelte. Ich zog ihm das Langmesser aus dem Gurt, holte aus, und
ehe ich mich’s versah, durchschnitt ich mit all meiner Kraft seine Kehle. Ich wusste sofort, dass er tot war. Ich ließ die Waffe fallen und eilte zurück nach Hause.«
    Â»Wo ich dich wenig später stickend in der Wohnhalle sitzen sah. Damit wäre dein Plan fast aufgegangen. Aber dann tauchten zwei unvorhergesehene Hindernisse auf. Zum einen wurdest du davon überrascht, dass man Grifo des Mordes an seinem Bruder beschuldigte, was im Falle seiner Verurteilung deine Hoffnungen zunichtegemacht hätte. So waren die Tränen, die du am Nachmittag seiner Arretierung vergossen hast, echt gewesen. Zum anderen erfuhrst du wenig später, dass Mathilda Hugos Vertraute gewesen war und er ihr womöglich auch von der Liebschaft mit dir und von deiner Trennung von ihm erzählt hatte. Da die Trennung bereits vor vielen Wochen erfolgt war, sah Mathilda keinen Zusammenhang zu Hugos Ermordung, aber sobald du dich mit Grifo verlobt hättest, wäre die Gefahr groß gewesen, dass sie deinen Grund für die Mordtat erkennen und deine frühere Liebschaft zu Hugo öffentlich machen würde. Und das war unerträglich für dich. Mathilda musste sterben, weil sie etwas wusste, was dich hätte vernichten

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