Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
ihrem Reisegefährten vorzustellen. Selbst wenn der davon nicht besonders angetan war.
„Ich bin Gillian“, teilte sie ihm ohne Umschweife mit.
Der Fremde verdrehte die Augen. „Ihr seid ein raffiniertes kleines Ding, Lady Gillian. Ihr wisst genau, dass es die Höflichkeit jetzt von mir verlangt, mich ebenfalls vorzustellen. Aber seid gewarnt. Wenn Ihr meinen Namen für Eure Zwecke missbraucht, müsst Ihr mit meiner Rache rechnen!“
Als Gillian eifrig nickte, fuhr er mit seiner Vorstellung fort.
„Caleb, ich denke, Ihr könnt mich Caleb nennen!“
Gillian strahlte. Sie hatte einen Sieg errungen. Oder sie dachte wenigstens, sie hätte einen Sieg errungen. Und es fühlte sich gut an, in trautem Einvernehmen durch den Wald zu schreiten. Aber natürlich war das nicht so einfach wie es aussah. Denn bei Gillian schlich sich langsam die Frage ein, was sie machen sollte, wenn Caleb sein Ziel erreicht hatte. Wohin sollte sie sich dann wenden? Gab es hier irgendwo ein Dorf und wenn ja, was brachte ihr das ohne Geld und ohne Schutz?
Vielleicht konnte Caleb ihr ja helfen. Ganz sicher verfügte er über Mittel und Einfluss, aber würde er überhaupt etwas für sie tun? Gillian sah ihn von der Seite an und schüttelte in Gedanken den Kopf. Nein, freiwillig würde er bestimmt nichts für sie tun. Warum auch, schließlich war sie nur ein lästiges Mädchen, das sich einfach an ihn gehängt hatte.
Gillian stolperte, weil sie bei ihren Überlegungen vollkommen vergessen hatte, auf den Weg zu achten, der nicht einmal ein richtiger Weg, sondern eher ein Trampelpfad mit allerlei Geäst war. Ein Wunder, dass Gillian noch nicht über eine Baumwurzel gefallen war. Und das brachte das Mädchen auf eine Idee. Eine Idee, die zugegebenermaßen ein wenig gemein war.
Gillian brauchte mehrere Anläufe bis sie genügend Mut zusammen hatte, ihre Idee in die Tat umzusetzen. Und dabei fühlte sie sich auch noch so schuldig, dass der Schmerz, der ihr in die Glieder fuhr, fast schon willkommen war.
Sie stürzte zu Boden und rang vor Schmerz nach Luft. Und ihre Hand, die sich auf ihren verdrehten Knöchel legte, spürte fast sofort wie das Gelenk anschwoll. Ihre Idee, sich zu verletzen, damit Caleb sie nicht hier irgendwo alleine ließ, hatte zumindest im ersten Teil der Planung schon einmal funktioniert. Aber Gillian hatte nicht damit gerechnet, dass der Schmerz so heftig sein würde. Und so standen Tränen in ihren Augen, als sie zu Caleb aufsah, der bei ihrem Sturz Luzifer beiseitegeschoben hatte, um sich die Bescherung anzusehen.
„Ich wusste gleich, dass ihr mir Schwierigkeiten bereiten werdet, Mädchen“, stöhnte Caleb, als ihm klar wurde, was passiert war.
Diese Worte trafen Gillian hart, vor allem da sie wusste, dass sie sie verdiente. Warum nur hatte sie schon wieder so etwas Verrücktes getan? Wie kam sie nur auf den Gedanken, einen Fremden würde kümmern, was mit ihr passierte? Warum nur handelte sie immer, bevor sie nachdachte? Wenn Caleb sie einfach hier liegen lassen würde, geschähe ihr das ganz recht.
Aber Caleb kniete sich schon neben Gillian und sah sich das ganze Ausmaß ihrer Ungeschicklichkeit an. Den ersten Eindruck von Bedauern, den das Mädchen meinte gesehen zu haben, machten Calebs neutrale Worte gleich wieder wett.
„Wie es aussieht, lauern auf Euch im Wald doch ein bisschen mehr Gefahren als ich für möglich gehalten habe. Jedenfalls kannte ich bisher noch niemanden, der sich auf einem einfachen Waldspaziergang den Knöchel verletzt hat!“
Das klang schon ein bisschen nach Vorwurf.
„Es tut mir leid“, gab Gillian leise zu und meinte es auch wirklich so.
Aber Caleb hatte nicht besonders viel für ihre Entschuldigung übrig. Er hob sie ohne Vorwarnung auf seine Arme und setzte sie genauso schnell auf Luzifers Rücken wieder ab. Gillian hatte das Gefühl, als ob er vermeiden wollte, sich mit der Pest anzustecken, die bei ihr sicher in den nächsten Minuten auch noch ausbrechen würde.
„Ihr könnt froh sein, dass Luzifer hier ist. Ich würde Euch bestimmt nicht durch den halben Wald tragen!“
Ob das stimmte oder nicht konnte Gillian schwer feststellen. Jedenfalls gab sich Caleb große Mühe, ihr Bein in eine bequeme Lage zu bringen, und legte ihr sogar noch seinen Umhang um die zitternden Schultern. Was seinen vorherigen Worten die Schärfe nahm. Dann packte er Luzifer erneut am Zügel und lotste ihn vorsichtig über den Waldweg.
„Wohin geht Ihr?“, fragte Gillian ziemlich kleinlaut. Sie
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