Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
entlegene Festung geschickt. In Soneas Augen war das keine besonders schwere Strafe, wenn man bedachte, dass Fergun gedroht hatte, ihren Freund zu töten, und sie fragte sich, ob eine solche Strafe andere davon abhalten würde, das Gleiche zu tun.
Sie hoffte, dass einige der Novizen wie Rothen waren, den es nicht im Mindesten interessierte, dass sie früher einmal in den Hüttenvierteln gelebt und gearbeitet hatte. Einige der anderen in der Gilde vertretenen Rassen könnten vielleicht ebenfalls geneigt sein, ein Mädchen aus den unteren Schichten zu akzeptieren. Die Vindo waren ein freundliches Volk; Sonea hatte in den Hüttenvierteln mehrere von ihnen, die nach Imardin gereist waren, um in den Weinbergen und den Obstgärten zu arbeiten, kennen gelernt. Die Lan, so hatte man ihr erzählt, teilten ihr Volk nicht in höhere und niedere Klassen ein. Sie lebten in Stämmen und wiesen Männern und Frauen ihren Rang aufgrund von Prüfungen zu, die ihre Tapferkeit, ihre Schläue und Klugheit testeten - allerdings hatte Sonea nicht die geringste Ahnung, welche Stellung dieses System ihr in dieser Gesellschaft eingetragen hätte.
Als sie jetzt zu Rothen aufblickte, dachte sie an all die Dinge, die er für sie getan hatte, und Zuneigung und Dankbarkeit erfüllten sie. Früher einmal wäre sie entsetzt darüber gewesen, ausgerechnet von einem Magier so abhängig zu sein. Damals hatte sie die Gilde gehasst, und sie hatte ihre Kräfte zum ersten Mal unbeabsichtigt eingesetzt, indem sie im Zorn einen Stein nach einem Magier warf. Als die Gilde dann nach ihr suchte, war sie überzeugt gewesen, dass man sie töten wollte. In ihrer Angst hatte sie es sogar gewagt, die Hilfe der Diebe in Anspruch zu nehmen, obwohl die Diebe für solche Gefälligkeiten stets einen hohen Preis forderten.
Als ihre Kräfte unkontrollierbar geworden waren, überzeugten die Magier die Diebe davon, dass es klüger sei, Sonea ihrer Obhut zu überlassen. Rothen war derjenige gewesen, der sie gefangen und später unterrichtet hatte. Er hatte ihr bewiesen, dass die Magier - nun, die meisten von ihnen - keine grausamen, selbstsüchtigen Ungeheuer waren, wie die Bewohner der Hüttenviertel es glaubten.
Zu beiden Seiten der weit geöffneten Universitätstore standen jeweils zwei Wachposten. Ihre Anwesenheit war eine Formalität, die nur dann beachtet wurde, wenn die Gilde wichtige Besucher erwartete. Als Rothen Sonea zur Eingangshalle führte, verbeugten sich die Männer steif.
Obwohl sie die Halle schon mehrmals gesehen hatte, erfüllte der Raum sie immer noch mit Staunen. Tausend unvorstellbar dünne Fasern einer glasartigen Substanz sprossen aus dem Fußboden und trugen die Treppen, die sich in anmutigen Spiralen zu den höheren Stockwerken hinaufwanden. Zierliche Fäden aus weißem Marmor woben sich zwischen Geländer und Treppen wie Zweige einer rankenden Pflanze. Sie wirkten viel zu zart, um das Gewicht eines Mannes tragen zu können - wahrscheinlich könnten sie das auch nicht, wäre das Material nicht durch Magie verstärkt worden.
Auf dem Weg vorbei an der Treppe gingen sie durch einen kurzen Korridor. Dahinter kamen die grob behauenen, grauen Mauern der Gildehalle in Sicht, eines uralten Gebäudes, das von einem gewaltigen Raum, der großen Halle, geschützt und umschlossen wurde. Vor den Türen der Gildehalle standen mehrere Personen, und bei ihrem Anblick wurde Soneas Mund trocken. Männer und Frauen drehten sich um, um festzustellen, wer da näher kam, und als sie Rothen sahen, leuchteten ihre Augen vor Interesse auf. Die Magier unter ihnen nickten höflich, die anderen verneigten sich.
Rothen führte Sonea in die große Halle und zu der kleinen Gruppe, die sich dort versammelt hatte. Sonea bemerkte, dass alle außer den Magiern trotz der sommerlichen Wärme üppige Gewänder trugen. Die Frauen waren in raffinierte Kleider gehüllt, die Männer trugen Langmäntel, auf deren Ärmel die Insignien ihrer Häuser eingestickt waren. Als sie genauer hinsah, stockte ihr der Atem. Auf jedem Saum waren winzige rote, grüne und blaue Steine aufgenäht. In die Knöpfe der Langmäntel waren riesige Juwelen eingelassen. Außerdem trugen die Anwesenden Ketten und Armbänder aus kostbaren Metallen, und an ihren behandschuhten Händen blitzten Edelsteine.
Als sie den Mantel eines der Männer eine Weile betrachtet hatte, ging ihr der Gedanke durch den Kopf, wie leicht es für einen gut ausgebildeten Dieb wäre, den Herrn seiner Knöpfe zu berauben. Zu diesem
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