Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
würde ihm gar nicht gefallen, wenn ihm die Vorräte ausgingen.
Lorlen schnitt eine Grimasse und griff nach einem neuen Bogen Papier. Dann hielt er inne. Er sollte nicht derart nach Akkarins Pfeife tanzen. Früher hatte er das nie getan, und Akkarin würde die Veränderung möglicherweise bemerken. Er würde sich vielleicht fragen, warum Lorlen sich mit einem Mal so seltsam benahm.
Andererseits musste Akkarin inzwischen aufgefallen sein, dass Lorlen sich kaum noch zu einem abendlichen Gespräch bei ihm einstellte. Stirnrunzelnd überlegte Lorlen, wie lange es her war, seit er das letzte Mal den Mut aufgebracht hatte, den Hohen Lord zu besuchen. Zu lange.
Seufzend legte er die Stirn in die Hände und schloss die Augen. Ah, Sonea. Warum musstest du sein Geheimnis ausgerechnet mir offenbaren? Erinnerungen gingen ihm durch den Sinn. Es waren Soneas Erinnerungen, nicht die seinen, aber die Einzelheiten waren dennoch von unverminderter Lebendigkeit …
»Es ist vollbracht«, sagte Akkarin. Dann legte er seinen Umhang ab, und darunter kamen die blutbefleckten Kleider zum Vorschein. Er blickte an sich herab. »Hast du meine Roben mitgebracht?«
Der Diener murmelte eine Antwort, und Akkarin zog das Bettlerhemd aus. Darunter kam ein Ledergürtel zum Vorschein, an dem eine Dolchscheide hing. Akkarin wusch sich, verschwand kurz und kam in schwarzen Roben zurück.
Als Nächstes zog er einen funkelnden Dolch aus der Scheide, wischte ihn an einem Tuch ab und blickte zu seinem Diener auf.
»Der Kampf hat mich geschwächt«, sagte er. »Ich brauche deine Kraft.«
Der Diener ließ sich auf ein Knie sinken und bot seinen Arm dar. Akkarin fuhr mit der Klinge über die Haut des Mannes und legte dann eine Hand über die Wunde...
Lorlen schauderte. Er öffnete die Augen, holte tief Luft und schüttelte den Kopf.
Er wünschte, er hätte Soneas Erinnerung als schlichten Irrtum abtun können, den Irrtum eines Menschen, der Magier für schlecht und grausam gehalten hatte. Aber so klare Erinnerungen konnten unmöglich falsch sein - und wie hätte Sonea sich das alles ausdenken können, wenn sie nicht einmal verstanden hatte, was vor ihren Augen geschehen war? Er lächelte beinahe, als er an ihre Vermutung dachte, bei dem schwarz gewandeten Magier könne es sich um einen geheimen Assassinen der Gilde gehandelt haben. Die Wahrheit war weitaus schlimmer, und wie gern Lorlen sie auch ignoriert hätte, er konnte es nicht.
Akkarin, sein engster Freund und Hoher Lord der Gilde, praktizierte schwarze Magie.
Lorlen hatte stets einen gewissen stillen Stolz darüber verspürt, dass er der größten Vereinigung von Magiern angehörte, die je existiert hatte. Ein Teil von ihm war zutiefst entrüstet darüber, dass der Hohe Lord, der für alles stehen sollte, was gut und ehrenwert in der Gilde war, sich mit verbotener, böser Magie abgab. Dieser Teil von ihm wollte das Verbrechen enthüllen, wollte diesen potenziell gefährlichen Mann seines Einflusses und seiner Autorität entkleidet sehen.
Aber ein anderer Teil von ihm erkannte auch die Gefahr, die eine Konfrontation mit dem Hohen Lord in sich barg. Die Situation machte höchste Vorsicht notwendig. Wieder schauderte Lorlen, als er sich an jenen Tag vor vielen Jahren erinnerte, an dem die Prüfungen zur Auswahl eines neuen Hohen Lords stattgefunden hatten. Akkarin hatte in einem Kräftemessen nicht nur die mächtigsten Magier übertroffen, sondern in einem Wettkampf, der eigens stattfand, um seine Grenzen auszuloten, mühelos der vereinten Kraft von mehr als zwanzig der mächtigsten Magier widerstanden.
Akkarin war nicht immer so stark gewesen. Niemand wusste das besser als Lorlen. Sie waren seit ihrem ersten Tag an der Universität Freunde gewesen. Während der Jahre ihrer Ausbildung hatten sie in der Arena viele Male gegeneinander gekämpft und festgestellt, dass sie einander mehr oder weniger ebenbürtig waren. Akkarins Kräfte waren jedoch weiter gewachsen, so dass er, als er von seinen Reisen zurückkehrte, allen anderen Magiern weit überlegen gewesen war.
Jetzt fragte Lorlen sich, ob dieser Zuwachs an Stärke natürlichen Ursprungs war. Das Ziel von Akkarins Reise war es gewesen, Kenntnisse über die Magie lange vergangener Zeiten anzusammeln. Fünf Jahre lang hatte er die Verbündeten Länder bereist, aber als er schließlich abgemagert und mutlos zurückgekehrt war, hatte er behauptet, das von ihm angesammelte Wissen sei auf der letzten Etappe seiner Fahrt verloren gegangen.
Was,
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