Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
betrachten, und sah, dass sie aus ineinander verflochtenen Js gestaltet war. J für Jair. J für den Verteidiger des Glaubens. Er betrachtete sofort das Gesicht der Gestalt, und sein Magen verkrampfte sich, da er seine eigenen Züge wiedergegeben zu sehen erwartete. Aber Berylina hatte ihre Arbeit noch nicht beendet. Das Gesicht der Zeichnung blieb noch leer.
Hal schluckte schwer und warf einen raschen Blick zu Siritalanu, bevor er den sichersten Schluss erwählte. »Dann ist es Jair.«
»Ja«, bestätigte die Prinzessin, offensichtlich dankbar dafür, dass er das Porträt erkennen konnte. »Der Erste Pilger.« Hal dachte, dass das Mädchen keine weiteren Worte hervorbrächte, aber dann schloss sie ihre armen, schielenden Augen und sagte: »Ich wollte ihn als Geschenk für Euch zeichnen. Ich wollte ihn Euch geben, wenn Ihr nach Morenia zurückkehrt. Wann werdet Ihr abreisen, Mylord?«
Hal berührte ihr ernster Tonfall, ihre naive Hoffnung. Sie musste spüren, dass die Zeit schwand, dass sich Hals Mission zuspitzte. Nun, er musste offen sprechen. Er musste die zerbrechlichen Hoffnungen der Prinzessin zerstören und sie die Zukunft erkennen lassen. Er wusste jetzt, dass er sie heiraten würde. Es hatte niemals wirklich ein Zweifel daran bestanden.
Er ließ seine Stimme so sanft wie möglich klingen. »Bald, Mylady. Bald werden wir beide abreisen. Ich beabsichtige, Euch in mein Zuhause zu bringen, als meine Braut.«
Unter Berylinas Kindermädchen entstand Bewegung. Sie konnten von Hals Ankündigung doch gewiss nicht überrascht sein. In ganz Liantine war heftig spekuliert worden, von dem Moment an, als sein Schiff im Hafen anlegte. Dennoch war dies das erste Mal, dass er der Prinzessin gegenüber direkt über seine Pläne zu sprechen wagte. Sie errötete heftig und wandte den Blick ab, verschränkte die Hände in ihren Röcken.
Hal spürte seine Wangen gleichermaßen erröten. Er hätte diese Unterhaltung sorgfältiger planen sollen. Er hätte sich genau überlegen sollen, was er sagen würde, keine unbeholfene Stille entstehen lassen sollen, in der die Prinzessin antworten musste. Er hatte seine Absichten törichterweise spontan erklärt, von Berylinas Zeichnung und ihrer herzergreifenden Frage inspiriert, aber nun, wo er begonnen hatte, musste er auch fortfahren. Er sank vor ihr auf ein Knie und nahm eine dickliche Hand in seine Hände. »Das heißt, Mylady, wenn Ihr mich haben wollt. Wenn Ihr es zulassen wollt, dass die Krone Morenias auf Euer Haupt gesetzt wird.«
Die Finger der armen Berylina fühlten sich zwischen seinen feucht an, und sie wirkte, als würde sie am liebsten entfliehen, irgendwohin. Sie schaute zu der Staffelei, zu dem Stapel Pergament neben der Staffelei, zu ihren erwartungsvollen Kindermädchen. Ihre Kehle arbeitete, aber sie schien unfähig, auch nur einen einzigen Laut hervorzubringen.
Hal wartete geduldig und blickte zu seiner Zukünftigen hoch. Je länger er jedoch innehielt, desto nervöser wurde die Prinzessin. Sie schloss die Augen und atmete rasch, so rasch, dass er zu befürchten begann, sie könnte ohnmächtig werden. Ihre Lippen zitterten, als wollte sie weinen. »Mylady!«, rief Hal aus und legte einen Teil seiner eigenen Nervosität in diesen Ausruf.
Der Ausruf erwies sich als zu viel für die Prinzessin. Sie entzog ihm ihre Hand und wandte sich jäh ab. Bevor Hal sich erheben konnte, war Berylina bereits in die entgegengesetzte Ecke des Sonnenraums geflohen und warf sich auf die Knie. Sie beugte den Kopf und vollführte ein heiliges Zeichen über der Brust. Ihre Lippen bewegten sich in panischem, verzweifeltem Gebet.
Hal stand erstaunt auf, versagte es sich jedoch, zu dem beunruhigten Kind hinüberzugehen. Pater Siritalanu wich seinem Blick aus. Der Priester studierte die Zeichnung von Jair, als enthielte sie die Geheimnisse all der Tausend Götter. Beide Kindermädchen schauten mitleidsvoll zu ihrem Schützling, und dann sagte die Altere: »Es tut mir leid, Mylord. Ihre Hoheit fühlt sich heute nicht wohl. Sie ist früh aufgestanden und hat ihre Zeichnungen angefertigt. Sie muss übermüdet sein.«
Hal hörte den Versuch, sein königliches Feingefühl zu schonen, die Bitte, Berylinas Handlungsweise als normal anzusehen. Er wollte protestieren, dass er ihr nicht hatte schaden wollen. Er hatte sie mit seinem Antrag ehren wollen. Er hatte geglaubt, es wäre leichter für das Kind, ihn direkt um ihre Hand anhalten zu hören. Es war immerhin nicht so, als hätte sie ein
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