Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
Vom Netzwerk:
empfinden, wenn sie das volle Ausmaß von Hals Sünde erkannte, wenn sie die Dinge erführe, die er mit Mareka Octolaris getan hatte?
    Wäre Hal ein wahrer Mann, würde er in den Sonnenraum zurückgehen und mit Berylina sprechen. Er würde sie aus seinen Plänen entlassen, aus all seinen Machenschaften. Er würde ihr sagen, dass er sie niemals hatte ängstigen wollen, dass er niemals die Absicht gehabt hatte, sie zu zwingen, seine Braut zu werden.
    Und doch konnte sich Hal diesen Luxus nicht leisten. Er war ein Kriegerkönig, der darum kämpfte, Morenia zu retten, darum kämpfte, die Gefolgschaft zu kontrollieren, gleichgültig was es kostete. Wenn ein Kind, eine wohlhabende Prinzessin, sein Königreich retten konnte – welche Wahl hatte Hal dann?
    Und vielleicht würde Berylina ihn lieben lernen. Es waren schon seltsamere Dinge geschehen. Und wenn sie nicht lieben konnte, dann würde sie ihm vielleicht zu vertrauen lernen. Und selbst wenn sie niemals fähig wäre, ihm zu vertrauen, wäre sie vielleicht eines Tages nicht mehr ängstlich. Wenigstens das, bei all den Tausend Göttern. Lasst Berylina nicht mehr ängstlich sein.
    Hal stieg die Wendeltreppe hinab. Die eigentlichen Verhandlungen konnten nicht mit der Prinzessin geführt werden. Es war an der Zeit, Teheboth Donnerspeer gegenüberzutreten.
    Hal schritt durch die Große Halle, wo Teheboth, wie er wusste, Hof hielt. Der liantinische König hatte vorausgesagt, dass ihn seine Angelegenheit bis zum Mittag beschäftigen würde, aber er hatte versprochen, den Nachmittag bei einem Rundgang über die Kaianlagen mit Hal zu verbringen, ihm das kürzlich fertiggestellte System zu zeigen, das die Liantiner errichtet hatten, damit neuere und größere Schiffe anlegen konnten. Ein System von Balken und Hebezeug mit eisernen Greifhaken, die es Schauerleuten ermöglichten, ein voll beladenes Schiff innerhalb von zwei Tagen zu entladen – weniger als die Hälfte der Zeit, die dieses Schiff in Moren brauchen würde.
    Hal durchschritt die Große Halle mit vorgeblichem Selbstvertrauen. Wie erwartet, saß Teheboth auf seinem Thron, mitten vor den glänzenden, grünsilberfarbenen Wandbehängen, die Jerusha Octolaris’ Brautgeschenk gewesen waren. Der liantinische Monarch wirkte jeder Zoll wie ein Regent und war von Adligen und Gefolgsleuten, von aufmerksamen Lords und eifrigen Schreibern umgeben.
    Hal bedauerte einen kurzen Augenblick, nicht gewartet zu haben, kein Gefolge versammelt zu haben, um Teheboth zu beeindrucken. Gewiss sollte Hal in diesem verheißungsvollen Moment jemanden an seiner Seite haben – zum allermindesten Farso.
    Das war lächerlich, schalt Hal sich. Er suchte nur einen Grund zur Verzögerung. Er wollte nur das unausweichliche Handeln umgehen. Er brauchte Farso nicht. Er brauchte niemanden. Er war selbst ein Mann. Ein Adliger. Ein König.
    Teheboth warf Hal einen flüchtigen Blick zu, aber er hatte kein Wort für seinen königlichen Besucher übrig. Stattdessen wandte er seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Adligen zu, der vor ihm kniete.
    »Also gut, Hestaron. Ihr habt eindeutig Bäume gefällt, die Euch nicht gehörten, und das Holz ist bereits auf dem Meer verloren, in dem versunkenen Schiff verloren. Ihr könnt für Euer Fehlverhalten keine direkte Entschädigung leisten. Ihr lasst mir keine andere Wahl, als eine Rückerstattung des Geldes zu befehlen.«
    Hestaron beugte den Kopf, und Hal konnte in den Schultern des Mannes heftige Anspannung erkennen. Seine mechanische Antwort klang schwer und dumpf, als er sagte: »Das wäre eine Gnade, Euer Majestät.«
    »Ihr werdet Eurem Nachbarn den dreifachen Wert der von Euch gefällten Bäume bezahlen – den dreifachen Wert, in Goldmünzen, nicht später als bis zum ersten Tag des Winters.«
    Hestaron hob ruckartig den Kopf, und ein ungläubiger Ausdruck überzog sein Gesicht. »Euer Majestät, eine solche Zahlung kann ich nicht leisten! Ich habe meine Waren auf See verloren! Im Namen all der Tausend Götter, lasst Gnade walten!«
    »Ruhe!«, unterbrach Teheboth den Protest des Mannes. »Die knechtischen Tausend Götter haben hier nichts zu suchen! Für diesen frevlerischen Ausbruch werdet Ihr der Gehörnten Hirschkuh ein Opfer bringen. Ihr werdet ihren Priestern noch einmal den Wert all der Bäume bezahlen, die Ihr fälltet.«
    »Gnade, Euer Majestät, ich bitte Euch! Wo soll ich solche Mittel finden? Ihr sagtet selbst, dass mein Schiff beim ersten Frühlingssturm gesunken ist.«
    »Ja, Hestaron. Euer

Weitere Kostenlose Bücher