Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Bogenschützen, doch ebenso tödlich wie Davins Geräte.
Geh, summte Mareka. Reite zu deinen Leuten. Feuer oder Grube. Pfeil oder Schwert. Geh. Finde deinen Frieden. Komm zu mir. Durchschreite die Himmlischen Tore.
Hal bemühte sich, den Geist zu verdrängen, die Versuchung außer Acht zu lassen.
Wir warten auf dich. Marekanoran und Halarameko und Marekivilli und ich. Wir alle warten auf Euch, Mylord, selbst die verlorenen Kinder, die wir nicht benannt haben. Die Tore sind geöffnet. Die Tausend warten darauf, dich nach Hause zu geleiten. Kommt zu uns, Mylord. Kommt zu Eurer Familie.
Ein weiterer Pfeilregen löschte eine Kompanie Soldaten aus. Die Sarmonianer und die Morenianer wurden auf Gruppen reduziert, bloße, auf der Ebene gestrandete Versprengte. Hamid selbst hob sein Banner. Sein Knappe musste dem letzten Angriff erlegen sein.
Hal hätte sich ihnen anschließen sollen. Er hätte sie in die Schlacht führen sollen. Er hätte neben seinen Männern stehen sollen, anstatt auf einem Hügel Schutz zu suchen, sich wie die Frauen und Kinder zu verstecken.
Die Steinschleudergeräte wurden erneut ausgelöst, sprühten Feuer auf die Ebene. Gras war niedergebrannt, und Rauch stieg schwarz in den spätmorgendlichen Himmel.
Es ist nicht zu spät, Mylord. Kommt zu uns. Reitet zu den Himmlischen Toren.
Hal ignorierte Tovins bestürzten Schrei, während er das Banner aus blutroter Seide ergriff und den Hügel hinabstürzte und mit all seiner Kraft auf die letzten seiner treuen Morenianer zulief.
Als Crestman sein Schwert erhob, erkannte Rani, dass sie ihre Flucht aus der Schlinge der Gefolgschaft selbst in die Hand nehmen musste. Sie musste das Podest, das Labyrinth im Boden und auch die gemeißelte Abschirmung hinter sich lassen, die diesen Raum vom Rest Morens abschnitt.
Die Abschirmung.
Rani öffnete die Augen und konzentrierte sich auf die nächstgelegene Waffe, den Köcher mit Pfeilen, der dem Gott der Bogenschützen gehörte. »Bon!«, rief sie, und die einzelne Silbe klang durch das noch immer um ihre Kehle gebundene Seil heiser.
Sie erhielt augenblicklich Antwort. Das Wiehern eines Hengstes klang laut in ihren Ohren, und sie erinnerte sich an das erste Mal, als sie selbst auf einem edlen Ross geritten war, das erste Mal, als Hal sie mit zu den königlichen Ställen genommen hatte.
Halte dich an deine Kaste.
Rani hatte die Macht des Adels kennengelernt, die Kraft der Prinzen und Priester in ganz Morenia, in allen bekannten Ländern. Ranikaleka, hatte ihr Bruder sie vor langer Zeit genannt, bevor er sie auf ihre verzweifelte Lebensreise schickte. Sie hatte als Gast einer königlichen Familie gelebt, selbst als Adlige, hatte gelernt, mit Falken zu jagen und Königreiche zu regieren.
Falken. Yot, der Gott der Steine, sprach mit der Stimme eines Falken.
Rani musste nur Yots Namen denken, und die Macht des Steins stieg in ihr auf. Ihre Wange war noch immer auf den Boden gepresst. Ihre neue Kraft surrte durch ihren Körper, hallte über dem Labyrinth wider.
Die Gefolgschaft spürte es auch. Sie wankten bei dem Beben, und einige sanken auf die Knie.
Das Labyrinth. Es war von Steinmetzen erbaut worden, von Gildeleuten, die ihre Kunst ebenso beherrscht hatten, wie Rani die ihre beherrschte.
Halte dich an deine Kaste. Sie war Ranita Glasmalerin gewesen. Sie verband sich mit Clain, mit seinem vertrauten, kobaltfarbenen Leuchten. Das Licht lag blendend im Raum. Es löschte alle Fackeln aus, und die Gefolgschaft schrie mit einer entsetzten Stimme auf.
Crestman forderte brüllend Ordnung, als befehlige er einen Zug Soldaten.
Halte dich an deine Kaste. Sie war Ranimara gewesen, ein Soldat bei den Leuten des Königs, noch bevor sie mit dem Kleinen Heer marschiert war. »Cot!«, rief sie, berief den Gott der Soldaten herauf, und der Raum wurde augenblicklich von Aasgeruch erfüllt, von unendlichem, hoffnungslosem, verrottendem Tod.
Halte dich an deine Kaste. Hier waren Muster, Muster, die sie sah, Muster, die sie gestaltete. Sie war Rani Händlerin, zuerst und vor allem eine Händlerin, die den Wert des Handels begriff. Sie kannte die Macht eines Handels.
»Ich gehöre Euch!«, rief sie all den Tausend auf einmal zu. Dies war das erste Mal, dass sie sich öffentlich mit Worten den Tausend übergab. Sie spürte die Kraft in sich wachsen, während sie bestätigte, was sie in ihrem Herzen entdeckt hatte, als sie gefesselt in Kellas Hütte lag. »Wenn Ihr mich haben wollt, gehöre ich Euch!«
Sie glaubte,
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