Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
Vom Netzwerk:
persönlichen Weisungen, hören Sie? Aber wir haben das Wichtigste noch nicht ausgemacht: Ihr Gehalt. Was beanspruchen Sie?«
    Gloria lächelte: »Gar nichts. Ich beanspruche nichts. Ich kann mir das leisten. Ich tue es aus Liebhaberei, aus Interesse für diese Sache. Dafür bitte ich um die Vergünstigung, nicht an bestimmte Zeiten gebunden zu sein.«
    »Bewilligt. – Sie haben George Taft nahegestanden?«
    Da war es schon wieder, dieses Gerücht, das überall umging. Sie habe George nahegestanden. Nein. Sie hat ihm nicht nahegestanden, das hatte man sich nur so ausgedacht, daß sie ihm nahestand.
    Arland würde sie erst begreifen, wenn er sie einmal belauscht hatte – und auch dann bloß, wenn er zufällig solche Gedanken traf. Es war ja so mit dem Lauschen: nicht immer stieß man auf etwas Wichtiges. Es gab auch belanglose Dinge, – viel mehr belanglose, als andere. Zum Beispiel: was werden wir heute essen? Soll ich morgen ins Kino gehen? Welcher Film wird gespielt? Wie wird das Wetter sein?
    Die ganze Belauscherei kam ihr auf einmal auch wie ein Film vor – verlor damit etwas von ihrer Härte, die in der allgemeinen Indiskretion lag.
    Während der folgenden Tage schon gewann sie mancherlei Einblick. Wieder sprang viel Gutes aus der Erfindung hervor. Menschen kamen und sagten, sie fühlten sich mißverstanden. Es handelte sich um Eheleute. Ernste Dinge standen dabei auf dem Spiel. Untergrabenes Glück konnte hier vielleicht neu fundiert werden.
    »Meine Frau glaubt immer, daß sie von mir betrogen werde. Bitte setzen Sie sie an den Apparat, ich möchte von ihr nur einmal belauscht werden. Dann weiß sie, woran sie ist.«
    Arland dachte über seine Verantwortung nach. Durfte er? Durfte er solchen Leuten den Apparat zur Verfügung stellen? War es nicht geradezu seine Pflicht?
    Die Frau wurde zu ihm gebeten. Man schaltete sie in die Gedankenbahn ihres Mannes ein, der davon unterrichtet war, der es selbst so gefordert hatte. Sie lauschte. Ihre verbissenen Züge änderten, milderten sich. Ihre Augen nahmen einen eigentümlichen Glanz an. Was sie sich eingebildet hatte, war Unsinn gewesen, gröblicher Unsinn; sinnlose Eifersucht. Er, ja er liebte sie immer noch, nach wie vor, mehr als je. Bitter hatte er unter ihrer falschen Meinung gelitten. Jetzt wußte sie es. Nun war auf einmal alles wieder richtiggestellt. Wie hatten bloß diese Mißverständnisse aufkommen können? In seiner Gedankenwelt ist ein jeder Mensch nur er selbst, sich selbst gegenüber steht er unmißverständlich da. –
    An einem zweiten Gerät hatte Gloria mitgelauscht. Sie erlebte, wie die Frau aufatmete. Das Glück dieser beiden Menschen war nun wieder vollkommen.
    Bald gab es viele ähnliche Fälle. Aber es gab auch solche, bei denen manches Böse aufgedeckt wurde. Immer jedenfalls kam die Wahrheit ans Licht. In bösen Fällen allerdings bot sich nie jemand an, sich belauschen zu lassen. Da mußte es von anderer Seite geschehen. Man leistete Vorarbeit für Anzeigen und Gerichtsurteile.
    Neue Aufgaben wurden Gloria anvertraut. Man stellte Nachforschungen nach Verschollenen an. Wenn man die Geburtsdaten hatte, suchte man sie. Oft war das eine schwierige Arbeit, aber man hatte vielfach Erfolg. Man fand einen Menschen in Turkestan, der sein Gedächtnis verloren hatte. Man trug zur Rettung einer Expedition bei, deren Radioapparatur bei einem Unglück zerstört worden war. Man deckte Erbschleichereien auf. Künstler, die sich selbst noch nichts zutrauten, wurden ans Licht gezogen. Neben sehr viel Belanglosen war es viel Interessantes, was Gloria zu hören bekam.
    Nun hatte sie ihrerseits auch die Möglichkeit, Wilbur und George Taft zu belauschen. Ja – die Möglichkeit – aber nicht die Erlaubnis. Jederzeit konnte auch sie kontrolliert werden. Es war ihr verboten, eigenen Neigungen nachzugehen. Ausdrücklich hatte sie sich verpflichten müssen, eigene Verwandte und Bekannte nicht zu belauschen. Und sie wollte gewissenhaft sein.
    Doch die Versuchung blieb groß. Was mochte Wilbur, – was mochte George von ihr denken?
    Pah – konnte ihr das nicht gleichgültig sein? Nein, es war ihr nicht gleichgültig. Immer wieder ertappte sie sich bei dem Wunsch, Näheres zu erfahren. In dieser Beziehung focht sie einen regelrechten Kampf mit sich aus. Dabei war sie sich gar nicht sicher, ob sie nicht doch eines Tages schwach werden würde. Jetzt wäre es für sie eine Kleinigkeit, zu erfahren, ob Wilbur sie tatsächlich schon belauscht hatte, ob er es

Weitere Kostenlose Bücher