Die gläserne Welt
fanden rasch und reichlich überall Nahrung.
Von allen Seiten kamen schreiende Menschen herbeigestürzt. Man war vor Schreck wie gelähmt. Rasche Hilfe tat Not. Das Schloß stand in Flammen. Man rief nach George. Man suchte die abgebrochene Stiege emporzusteigen.
Endlich alarmierte jemand die Feuerwehr. Eimer wurden über Trümmer herbeigetragen, man spritzte aus Gartenschläuchen in die lodernde Glut. Da die Haupttreppe nicht mehr passierbar war, drang man über die Feuerleiter in den ersten Stock ein. »Mister Taft!« riefen die Leute, »Mister Taft!« Man arbeitete sich durch dichten Qualm, stolperte zwischen geborstenen Wänden, aus denen an einzelnen Stellen bereits Flammen hervorleckten, auf Georges Schlafzimmer zu.
»Mister Taft! Mister Taft!«
Keine Antwort. Nichts als Rauch und knisternde Flammen. Eine gewaltige Hitze schlug den Leuten entgegen. Sie rangen nach Luft, husteten, begannen zu taumeln. Trotzdem drangen sie weiter vor.
Da stieß einer mit dem Fuß gegen einen leblosen Körper. Taft!
»Hierher! Hierher!« krächzte eine heisere Stimme. Zwei Schatten huschten herbei. »Pack mal zu! Anheben! Vorsichtig! Rasch, rasch zurück!«
Es galt, die letzte Kraft aufzubieten, um dem drohenden Verhängnis zu entrinnen. Schon schlugen überall grelle Flammen empor.
Endlich gelang es doch. Der Verunglückte wurde hinausgeschleppt. Man legte ihn vor dem Schloß auf ein Rasenstück.
Inzwischen war die Feuerwehr angerückt. Sie nahm den Kampf mit den Flammen auf. Aus dicken Schlauchleitungen wurden gewaltige Wassermassen in die Gluten geschleudert. Auch ging man mit Schaumlöschern vor.
Ein Arzt bemühte sich um George. Er war bewußtlos. Aber er lebte noch. Seine Kleidung war in Fetzen gerissen; die linke Körperhälfte war angesengt. Das linke Bein war gebrochen.
Der Krankenwagen stand schon bereit. Man hob den Verunglückten auf eine Bahre; er wurde in eine nahegelegene Klinik gebracht.
Außer George waren auch noch der Ministerialrat und der Hausmeister zu Schaden gekommen. Den Ministerialrat hatte man mit zwei Rippenbrüchen unter den Trümmern hervorgezogen; der Hausmeister war am Kopf leicht verletzt. Tote hatte man glücklicherweise nicht zu beklagen.
Der östliche Teil des Schlosses brannte fast vollständig aus, soweit er nicht durch die Explosion bereits zerstört worden war. Nur vom westlichen Teil konnte ein Flügel gerettet werden. Die Nebengebäude, in denen sich die Werkstätten und das Laboratorium befanden, blieben vor der Vernichtung bewahrt. Die eben fertiggestellten Geräte waren der Zerstörung entgangen. Follow, der Attentäter, hatte seinen Zweck nicht erreicht.
In den Vereinigten Staaten erregte eine Anzeige großes Aufsehen, die fast in sämtlichen Blättern des Landes erschien. Sie lautete:
›Achtung! Wirksamer Schutz gegen Ablauschgeräte! Einfach und sicher; dabei leicht erschwingbar für jedermann. Kaufen Sie heute noch Trufoods Abschirmnetz, und kein Neugieriger dringt mehr in Ihre Gedanken ein. In allen einschlägigen Geschäften zu haben. Preis nur drei Dollar pro Stück.‹
Endlich! – atmeten zahllose Menschen auf – endlich ein Schutz gegen diese verfluchte Erfindung. Nun brauchte man sich keine Einblicke mehr in sein persönliches Eigenleben gefallen zu lassen. Nun brauchte niemand mehr zu befürchten, bei seinen kleinen und großen Sünden erwischt zu werden. Niemand jedenfalls, der dieses imprägnierte Tarnnetz besaß. Die drei Dollar für die Anschaffung wandte man gerne auf.
Und wie einfach! Geradezu genial! Man stülpte sich bloß eine Masche über den Kopf, die sogar noch der Haarfarbe angepaßt werden konnte. Hauchdünne ›unsichtbare‹ Netze sollte es ebenfalls geben, die allerdings fast das Doppelte kosteten. Aber was machte das schon! Nicht jeder brauchte gleich zu erkennen, daß man mit einem solchen Schutznetz versehen war. Übrigens konnte es auch in Hüte und andere Kopfbedeckungen eingearbeitet werden. Wie die Firma versicherte, beeinträchtigte dies die Wirkung nicht.
Die Verkaufsläden wurden bestürmt. Man mußte Schlange stehen, bis man ein Netz erhielt. Der von fast jedem begehrte Artikel fand einen Absatz, wie ihn bisher kein anderer Gegenstand hatte aufweisen können. Die erste Million Exemplare war innerhalb eines einzigen Tages verkauft.
Aufatmend stülpte man sich das feine Gewebe über das Haar. Es war wirklich einfach; und kaum zu erkennen. Man konnte sich mit der gewöhnlichen Ausführung schon zufrieden geben. Nur wer
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