Die gläserne Welt
er ließ die beiden Partner an zwei Geräten einander selber belauschen. Dann horchten sie in die innersten und tiefsten Fugen ihres Denkens hinein (wie es Wilbur und George auch gemacht hatten) – und das Resultat war in den meisten Fällen eine völlige Klärung und ein volles Verstehen. So erwies die Erfindung sich immer wieder als außerordentlich segensreich.
Endlich konnte sich George von seinem Lager erheben. Dabei zeigte sich, daß eine ungünstige Nachwirkung seiner schweren Verletzung geblieben war. Er hinkte. Mit seinem stolzen, geraden und aufrechten Gang war es von nun ab für immer vorbei.
George nahm diese körperliche Schädigung mit großer Bitterkeit hin. Er sah sie wie einen Makel an, von dem er sich trotz seiner Millionen nicht würde frei machen können.
Besonders beunruhigend war für ihn der Gedanke, was Gloria dazu sagen würde. Sie gab viel auf das Äußere, und ein hinkender Mann war bestimmt nicht ihr Ideal. Daß er sie eines Tages doch noch erobern werde, saß in ihm fest wie eine fixe Idee, namentlich seit er wußte, daß Wilbur sie völlig vernachlässigte. Immer wieder belauschte er sie; dabei entdeckte er, daß sie häufiger an ihn dachte, als je zuvor, – daß sie an seinem Schicksal Anteil nahm, wenn auch allerdings lange noch nicht in der Weise, wie es ihm wünschenswert erschien. Nein – er gab die Hoffnung nicht auf.
Neuerdings wurde er durch vielfache Verhandlungen in Anspruch genommen. Ministerialrat Sweeper, der ebenfalls wieder genesen war, brachte ihm die Vorschläge der Regierung nahe, mit denen er sich nicht ohne weiteres einverstanden erklären konnte. Beunruhigend war für ihn der Gedanke, daß nun von England Geräte auch ausgeführt werden konnten. Sweeper stritt das nicht ab, meinte jedoch, daß George daraus kein Schaden erwachsen werde. »Was macht das schon?« meinte er, »wenn das schließlich auch vereinzelt geschieht! Dafür, daß es nicht Überhand nimmt, wird man durch einen hohen Zoll Sorge tragen. Im übrigen bleibt das Fabrikationsrecht in allen anderen Ländern für Sie gewahrt.«
George schlug ein Ausfuhrverbot vor. Damit war Sweeper wieder nicht einverstanden. Der freie Handel müsse gewahrt bleiben. »Sie können doch froh sein, Taft«, meinte er, »daß man Ihnen sonst keine Schwierigkeiten mehr in den Weg legt.«
Als es zu einer Einigung kam, hatte George schließlich doch in den meisten Punkten nachgeben müssen.
Die zwei Millionen Pfund sind ihm inzwischen ausgezahlt worden. Ihm schwindelte, als er den Scheck in Händen hielt. Aber er dachte auch gleich daran, daß ihm dieses Geld nicht allein gehörte. Am gleichen Tage noch überwies er an Wilbur die diesem zustehende Hälfte davon.
Zahlreiche Firmen bewarben sich um das Fabrikationsrecht. Neue Verhandlungen schlossen sich an. Bedeutende Summen flossen George zu. Überall sollte mit der Herstellung gleich begonnen werden.
George hatte sich in dem Fremdenviertel Soho eine Villa gemietet. Hier richtete er auch seine Büros ein. Es gab viel Arbeit. Die Konferenzen rissen nicht ab. Vertreter der Presse sowie des Rundfunks gingen bei ihm ein und aus. Aus aller Welt kamen Anfragen und Angebote. Ein Telegramm jagte das andere. Regierungen und Konzerne suchten sich die Erfindung zu sichern. Frankreich schlug ein Staatsmonopol vor, desgleichen zahlreiche andere Länder.
George, mit den verschiedenen Verhältnissen nicht vertraut, mußte sich erst orientieren, wobei ihm das britische Auswärtige Amt in entgegenkommender Weise behilflich war.
Bezüglich jedes einzelnen Falles setzte er sich mit Wilbur ins Einvernehmen. Durch den täglichen Gedankenaustausch war es tatsächlich so, als ob sie nun wieder beide im gleichen Raume zusammen arbeiteten. Da Mißverständnisse nicht aufkommen konnten, – da jeder die Überlegungen des anderen bis ins kleinste zu erforschen imstande war, wurde eine Einigung stets rasch erzielt.
Eine Weltreise wurde für George zum Erfordernis.
Barbara hatte bei Dr. Morton einmal kurz ihren Johnny belauschen dürfen. Dabei war sie dahintergekommen, wie er über sie dachte und daß er sich letzthin in seinem ganzen Wesen verändert hatte. Jedenfalls stellte sie mit Genugtuung fest, daß er trotz aller bisherigen Widerwärtigkeiten noch an ihr hing, und daß ihm nichts ferner lag, als sie zu betrügen. ›... Ich hoffe, wir werden jetzt wieder einig werden‹, dachte er, ›und niemand würde sich darüber mehr freuen als ich ...‹
Die Einigkeit kam zustande
Weitere Kostenlose Bücher