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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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klargemacht. An Verrat hatte er nicht mit dem Splitter eines Gedankens gerührt. Die Möglichkeit dieser Auslegung ist ihm erst später bewußt geworden. Aber das war Auffassungssache – es bestand kein Verbot!
    George brachte die gleichen Erwägungen, die er schon einmal in dieser Hinsicht angestellt hatte, nun auch seinem Bruder nahe. ›Unsere Erfindung, Wilbur – wie kommt man dazu, uns das Verfügungsrecht darüber ganz zu entziehen! Man hat sie genug in den Staaten unter Kontrolle genommen. Wenn wir sie woanders auswerten wollen, so dürfen wir uns nicht hindern lassen. Auf die Dauer würde es ja doch nicht gelingen, sie anderen Völkern vorzuenthalten ...‹
    Gewiß: Die Auffassung war vielfach anders. Wilbur hatte es als Verrat empfunden; er ging auch jetzt noch nicht ganz davon ab. Außerdem,  ... ›Ja, George, mir gegenüber war das ein großer Betrug.‹
    Betrug? Diese Absicht lag George fern. Das kam nun zutage. Auch hier schaute Wilbur tief in die Gedanken seines Bruders hinein. Alles – so erwog George – mußte selbstredend ehrlich geteilt werden, – jeder Vorteil, den die Erfindung brachte, jeder Gewinn stand beiden zur Hälfte zu. Heute noch wollte George an Wilbur eine Million Pfund überweisen lassen. Das mußte in Ordnung gehen.
    Nein, so, wie Wilbur seinen Bruder in letzter Zeit eingeschätzt hatte, war dieser nicht. Irgendwie sind sie einander wieder näher gekommen. Man hat sich auch über Gloria ausgesprochen, in diesem Fall ›ausgedacht‹. Wilbur – erfuhr George – kam vorläufig nicht mehr mit ihr zusammen. Er war zunächst sehr betrübt darüber gewesen. Doch bald hatte die Arbeit ihn wieder so sehr in Anspruch genommen, daß er die trüben Gedanken darüber vergaß. Auf diese Weise vergaß er auch Gloria. Zeitweise. Manchmal dachte er auch wieder an sie. Jedenfalls aber nicht mehr so, wie zu Anfang, als sie ihn noch verblendet hatte. Sie hatte ihm etwas zugetraut, was er niemals begangen hätte, was er heute noch nicht beging. Er verschmähte es, sie zu belauschen. Sie aber glaubte, daß er es tat. Das hatte ihn doch all zu sehr gekränkt. Das hatte seine Gefühle ihr gegenüber erheblich gemindert.
    George wußte nun alles. Wilbur konnte ihm nichts vormachen. Der Bruder lag wie ein offenes Buch vor ihm. Gegenseitige Täuschungen gab es nicht. So konnte auch keine Unwahrheit, keine Lüge, – konnte kein Mißverständnis mehr zwischen sie treten.
    Wie aber konnte man Gloria – dachte George – wie konnte man Gloria je vergessen! Mit tausend Fäden zog es ihn immer noch zu ihr hin. Man hatte ihm angedeutet, daß man erwarte, er werde sich jetzt in Großbritannien ansässig machen. Aber er dachte gar nicht daran. Wenn er gewiß war, in seinem Vaterlande nicht angeklagt und abgeurteilt zu werden, wollte er nach New York zurückkehren, wollte er weiter um Gloria werben.
    Vor Wilbur lagen auch diese Gedanken des Bruders klar. Er wurde auf George nicht mehr eifersüchtig. Für ihn hatte alles eine andere Wendung genommen.
    Natürlich mußte sich George zunächst einmal ausheilen lassen. Dann würde man weitersehen. Die Brüder beschlossen, nunmehr täglich zu einer bestimmten Zeit einen ›Gedankenaustausch‹ im wahren Sinne des Wortes vorzunehmen. Aber auch während der übrigen Zeit sollte es jedem von ihnen anheimgestellt bleiben, sich auf den anderen einzuschalten. Nun gab es ja zwischen ihnen keine Geheimnisse mehr.
     
    Gruth hatte mit Wilbur, und dieser hatte mit dem Minister eine lange Besprechung gehabt. Es handelte sich um die Trufoodschen Abschirmnetze, – ob man den Riesenschwindel vor aller Welt aufdecken sollte oder nicht.
    Endlich entschloß man sich, von amtlicher Seite nichts darüber verlauten zu lassen. Da man staatlicherseits das Ablauschsystem ganz und gar in der Hand hatte, mußte eine diesbezügliche Anordnung respektiert werden.
    Männer der Presse kamen und erkundigten sich bei dem Erfinder. Die Netze! Die Netze! Viele sprachen sogar die Vermutung aus, daß es ein Schwindel sei.
    »Nein«, sagte Wilbur, »die Netze sind gut und wirksam. Ich habe sie untersucht. Aber es gibt viele Versager darunter.«
    Das war eine Lüge. Aber so war es ausgemacht. Das Versagermärchen öffnete Türen zu vielen Möglichkeiten. Man wollte den Leuten den Spaß nicht verderben, man wollte ihnen die ›Netz-Illusion‹ lassen, damit auch diejenigen, die kein gutes Gewissen hatten, mit ihrer ›Tarnkappe‹ wieder ruhiger schlafen konnten. Vielleicht wurden dadurch wieder

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