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Die Glasprobe und andere zerbrechliche Geschichten

Titel: Die Glasprobe und andere zerbrechliche Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Griebner
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Narr fragen, doch dachte er sich: Wozu den Chef verärgern? Ein unpassender Scherz zur unpassenden Zeit kann alles verderben.
    „Dann wäre da die Sache mit dem Obsthändler“, fuhr der König fort. „Auf der Apfelplantage unseres Südnachbarn, des Fürsten Frieder, gab es im vergangenen Jahr eine Mißernte. Ganze fünf Gläser Apfelmus hat seine Großtante einkochen können. Sicher würde er bei dem Wort Obsthändler annehmen, der Witz ginge auf seine Kosten. Und weil wir gerade dabei sind, die Stelle mit den Kohlen, die geht so auch nicht. Unser Ostnachbar, Graf Gernot, hat letzten Winter, weil ihm vor der Zeit der Brennstoff ausging, in seinem Schloß entsetzlich gefroren. An diese kalten Nächte will er nicht erinnert sein.“
    „Verstehe“, brubbelte der Narr.
    „Ja, und dann noch der Teil mit den Flaschen! Es ist doch allgemein bekannt, daß unser Westnachbar, Prinz Petermann, einen guten Schluck Branntwein nicht verachtet. Am Ende denkt er, wir wollen ihn einen Trinker schelten.“ „Nur das nicht!“ rief der Narr entnervt.
    Zufrieden nahm der König auf seinem Thronsessel Platz, faltete die Hände über dem Bauch und sprach: „So, dann laß mal hören, wie der Witz nun klingt!“
    Der Narr holte tief Luft und wollte anfangen, seinen Spruch aufzusagen. Doch hielt er unvermutet inne, spielte verlegen an den Messingkugeln seiner Schellenkappe und sagte schließlich: „Aber es ist gar kein Witz mehr da.“
    „Das klingt ja beinahe wie ein Vorwurf!“ Mißmutig zog der König die Augenbrauen in die Höhe. „Willst du etwa deinen König kritisieren?“
    Der Monarch nahm sich nicht die Zeit, auf eine Antwort zu warten. Beistand heischend wandte er sich den Damen zu: „Nun, meine Schönen, was meint ihr?“
    „Wie du es bestimmst, ist es schon recht“, entgegnete die Königin.
    „Na ja, Paps“, sagte die Prinzessin, „viel Witziges ist von dem Witz wirklich nicht übriggeblieben.“
    „Da denkt man Tag und Nacht nur an das Glück der einzigen Tochter, und sie fällt einem in den Rücken!“ polterte der Herrscher, stolzierte beleidigt im Saal auf und ab und warf seinen ölporträtierten Vorfahren, die von der Ahnengalerie streng auf ihn herabsahen, einen hilfesuchenden Blick zu.
    Endlich blieb er stehen, reckte sich zornig schnaufend auf die Zehenspitzen und fuchtelte seinem Angestellten mit dem Zeigefinger vor der Nase herum: „Wann endlich wirst du Narr begreifen, daß es höhere Interessen gibt als deine albernen Witze? Wenn sich die Scherze in meine Belange einmischen, hört der Spaß auf, verstanden! Wir werden demnächst darauf zurückkommen.“ Mit dieser Ankündigung war der König ans Ende seiner bedeutungsvollen Rede gelangt. „Mir jedenfalls würde der Witz auch ohne das Pferd, den Obsthändler, die Kohlen und die leeren Flaschen gefallen. - Aber wenn ihr alle gegen mich seid, dann laßt uns gemeinsam einen Witz erfinden, der die königlichen Interessen berücksichtigt und von mir aus auch noch lustig ist.“ „Au ja!“ freute sich die Prinzessin. „Wie wär’s damit? -Also..., da..., da kommt ein Huhn zum Augenarzt...“ „Stop!“ rief der König dazwischen. „Die Henne geht nicht. Mir liegen Beschwerden vor, daß unser Hofhuhn Emma in der letzten Woche nicht ein einziges Mal das Eiersoll erfüllte. Muß das als Witz unter die Leute?“
    „Wie wär’s mit einer Ziege?“ erkundigte sich die Königin. Im nächsten Moment mußte sie herbeispringen und ihrem Mann den Kragen lüften.
    „Ziege“, stöhnte der König. „Trägt nicht der Geldverleiher Roderich Sparschuh, bei dem wir bis über die Ohren verschuldet sind, einen spitzen Bart am Kinn?“
    „Ei gewiß doch“, bestätigte die Königin.
    „Und bei wem wollen wir künftig borgen, wenn ihm zu Ohren kommt, sein Äußeres wird auf unserem Fest bewitzelt?“ herrschte der König seine Gattin an. „Ein bißchen Weitsicht kann man ja wohl von seiner Verwandtschaft verlangen!“
    „Ein Esel geht wohl auch nicht?“ erkundigte sich der Narr, um den ungünstigen Eindruck zu verwischen, den seine letzte Wortmeldung hinterlassen hatte.
    „Wieso?“
    „Am Ende hätten wir einen ganzen Saal voller gekränkter Gäste. Denn wer sollte wie herausfinden, daß ausgerechnet er nicht gemeint ist?“
    Zufrieden nickte der König seinem Narren zu. „Ich bin stolz, daß meine Erziehung endlich Wirkung zeigt. Höre ich weitere Angebote?“
    Im folgenden werden dem König ein Schwein, eine Hummel, eine Giraffe, ein indischer Elefant, ein

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