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Die Glasprobe und andere zerbrechliche Geschichten

Titel: Die Glasprobe und andere zerbrechliche Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Griebner
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königlich kontrollierten und korrigierten Witz. — Also, da kommt ein Regenwurm zum Friseur und fragt: ,Hast du Lebertran?' — Da sagt der Barbier: ,Lebertran ist da. Aber hast du denn eine passende Tüte mit?' "
    „Das ist ja köstlich! Das ist wundervoll!" lachte der König durch den Saal. „Nein, das ist der beste Witz, den ich in meinem Leben je gehört habe. Ich lache mich glatt kaputt!"
    Anstandshalber oder aus anderen triftigen Gründen stimmten auch die Königin, die Prinzessin und die versammelten Höflinge in die Fröhlichkeit ein.
    Als der Narr abging und an seinem Brotherrn vorbeilief, zischte dieser ihm übermütig zu: „Gut gemacht! Ein Kulturprogramm von dieser Güte kann sich überall sehen lassen. Der Friseur freilich war etwas gewagt. Aber es hat ja glücklicherweise niemand Anstoß genommen. Jawohl, ohne Mut und Kühnheit geht es im Leben nicht voran!“ Und er versprach seinem Narren zum Jahresende eine reichliche Prämie.
    Was der König in seiner Begeisterung nicht bemerkte, war, daß die vier Gäste murrten und lange Gesichter zogen.
    „Das soll nun der größte Narr der Welt sein?“ äußerte Prinz Petermann seinen Unmut. „Da muß ich mir erst einmal mit einem guten Schluck den faden Geschmack aus dem Hals spülen.“
    „Die reinste Enttäuschung“, bestätigte Graf Gernot.
    „Und was für ein langweiliger Witz. Den hätte sich der Gastgeber gut sparen können“, ergänzte Fürst Frieder.
    „Ach, der Witz ist schon in Ordnung“, sagte Edelmann Ehrenfried. „Man muß ihn nur richtig erzählen. In Wirklichkeit geht der Witz nämlich so: Also, da kommt ein Pferd zum Obsthändler...“

Das liebste Bild des Königs
    In einem Schloß, nicht viel größer als eine Puppenstube, lebte einmal ein König, der hieß Hubert der Vergeßliche, liebte seine Arbeit und seine Frau, interessierte sich für Fußball und Autorennen und fürchtete sich vor Gewittern, Molchen, Maulwürfen und Hunden.
    „Was steht heute auf dem Programm?“ erkundigte sich der Landesvater eines schönen Morgens, während er genüßlich an einer dick mit Honig bestrichenen Toastbrotscheibe kaute. Insgeheim hoffte er auf ein paar ruhige Stunden, denn für den Nachmittag hatte er sich in seinem Taschenkalender ein Fußballspiel angekreuzt.
    „Erstens - Begrüßung einer weitgereisten Delegation. Willkommensrede auf dem Flugplatz. Stadtrundfahrt“, ver-kündete die Sekretärin. „Zweitens - Taufe eines Ausflugdampfers auf den Namen ,König Hubert'. Küssen der Ehrenjungfrauen. Plauderei am kalten Büfett. Drittens -Majestät wird für die Titelseite der Zeitschrift ,Illustrierter Hofberichterstatter'fotografiert. In Klammem: Orden putzen. Luxuskrone bereitlegen. Dreizehn Uhr - Mittagspause. Anschließend geht es ins Stadtmuseum. Die schönsten Bilder aus dem ganzen Land sind zusammengetragen worden. Fünfzehn Uhr: Eröffnung der Ausstellung in Anwesenheit des Herrscherpaares.“
    „Gemäldeausstellung! Die hat mir gerade noch gefehlt!" stöhnte der König und hatte Mühe, mit der Honigschnitte seine Enttäuschung herunterzuschlucken. „Klarer Fall, da schicken wir einen Stellvertreter!"
    „Aber, Lieber", wandte die Königin ein und holte den sanften Rehaugenaufschlag aus ihrer Blickkiste, „auch wenn du dich nicht für Gemälde interessierst, ich mag die bunten Bildchen leiden. Und ein wenig Abwechslung würde dir gewiß guttun!“
    Mit welcher Ausrede sollte ein König diesem Verlangen seiner Herzallerliebsten begegnen?
    So geschah es, daß die Kalesche mit dem goldenen Königswappen am Nachmittag, drei Sekunden vor fünfzehn Uhr, vor dem Museum anhielt.
    Mit hochrotem Kopf stürzte der Stadtmuseumsdirektor aus seinem Büro und boxte sich den Weg frei. Seit er gegen Mittag von der Zusage des Herrschers und seiner Gemahlin überrascht worden war, konnte er keinen vernünftigen Satz mehr sagen und hatte bereits drei Oberhemden naßgeschwitzt. Er war ohnehin furchtbar nervös, denn in den Museumsgängen hielt sich seit Wochen das Gerücht, demnächst solle ein jugendfrischer Professor seinen Posten übernehmen. Hinter vorgehaltener Hand, jedoch immer laut genug, daß der Gepeinigte jedes Wort verstehen konnte, raunten sich seine Mitarbeiter zu, der König habe bislang nur versäumt, die Abberufungsurkunde zu unterzeichnen.
    In seinem Übereifer drängelte der Stadtmuseumsdirektor einen königlichen Angestellten in goldbetreßter Uniform beiseite und riß ungestüm die Tür des herrschaftlichen Gefährts

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