Die Glaszauberin pyramiden1
Augen war grausam und scharf und strahlte übernatürliche Macht aus – wie sie eher im abartig Bösen ihren Ursprung hat als eine Macht, die aus Verständnis und Weisheit geboren wurde.
»Zauberer!« flüsterte mein Vater.
»Magier!« knurrte Kamish. »Auf die Knie mit euch!«
Wir warfen uns auf die Knie.
Die Magier zeigten sich ungerührt durch das gedankenlose Flüstern meines Vaters, wenn sie es überhaupt gehört hatten, und schritten unsere Reihe gemessenen Schrittes ab. Macht umgab sie wie ein erstickender Duft. Ich wandte schnell das Gesicht ab, als sie an mir vorbeikamen.
»Und was hast du uns dieses Mal gebracht, Kamish?« fragte der ältere Magier mit gefährlich ruhiger Stimme. Er bediente sich der Händlersprache.
»Zwei Steinmetze«, erwiderte Kamish wieder ölig und unterwürfig. »Einen Zimmermann, einen Metallarbeiter und drei Glasmacher.«
Die Magier wechselten einen Blick.
»Und wieviel von unserem Reichtum hast du für sie ausgegeben?« fragte der Jüngere.
»Einhundertundfünfundsiebzig Sequentien, Euer Exzellenz.«
Die Magier schienen bestürzt, aber bevor einer von ihnen das Wort ergreifen konnte, fuhr Kamish fort.
»Diese beiden da haben den Preis in die Höhe getrieben, Exzellenzen«, erklärte er und zeigte auf meinen Vater und mich. »Sie sind Glasmacher von hohem Ansehen. Der Mann mischt und macht Formen wie kein zweiter – und ihr wißt, wie dringend ihr solche Talente braucht –, und die Frau…«
Er hielt inne, dann warf er dramatisch die Hände in die Luft. »Die Frau kann Glasnetze herstellen!«
Die Magier starrten ihn an, dann mich, dann wieder ihn.
»Narr!« brüllte der jüngere Magier. »Die Maden in den Kadavern von Dungkäfern sind schlauer als du!« Und er trat vor und schlug Kamish mit voller Kraft ins Gesicht. Der Einkäufer fiel zu Boden, sein Gesicht traf mit einem übelkeitserregenden Knirschen auf. Ich zuckte zusammen, in dem festen Glauben, die nächste zu sein, die geschlagen werden würde.
Aber der Magier konzentrierte sich auf Kamish. Er bückte sich und packte den Mann bei seinem Gewand – das feine Gewebe war jetzt mit Blut aus seiner Nase beschmutzt.
»Boaz«, murmelte der ältere Magier. »Es ist sicherlich nicht nötig, sich die Hände so schmutzig zu machen.«
Doch Boaz hörte nicht auf ihn. Er riß Kamish auf die Füße und schüttelte ihn, bis der Mann gequält wimmerte.
»Wie kannst du in meiner Gegenwart überhaupt wagen, zu atmen«, sagte Boaz mit leiser und unheilverkündender Stimme. »Sieh sie dir an! Niemand, der so jung und unerfahren ist…«
»Ich kann Glasnetze schleifen, Herr«, sagte ich so respektvoll, wie ich nur konnte.
Boaz ließ Kamish fallen, der sich mit einem Gewandzipfel verstohlen die Nase abwischte. »Also hat sie eine Stimme, mit der sie lügen kann«, sagte Boaz. »Steh auf.«
»Sie stammt von den nördlichen Völkern ab«, bemerkte der ältere Magier, als ich stolpernd auf die Füße kam und mir wünschte, den Mund gehalten zu haben. »Genau wie ihr Vater. Sieh dir das Haar an, die helle Haut.«
»Und sie riecht noch immer nach Walol, Gayomar«, sagte Boaz. »Ihr Volk hat gerade mal gelernt, wie man Feuer macht. Und hier geht es um ein kompliziertes Kunsthandwerk. Mädchen, warum lügst du?«
Ich konnte die Intensität seines Blickes nicht ertragen und sah zu Boden. »Ich kann es«, flüsterte ich mit dem Rest meines Mutes.
»Sieh mich an.«
Ich konnte es nicht, und meine Hände zitterten.
»Sieh mich an!«
Nicht allein seine Stimme, sondern auch seine Macht trafen mich, und mein Kopf wurde nach hinten gerissen, so daß ich ihm in die Augen sehen mußte.
»Mädchen, hast du von deinem Vater gelernt zu lügen? Soll ich ihn zusammen mit dir und Kamish töten lassen?«
Kamish selbst ersparte mir eine Antwort. »Exzellenz!« Er lag wieder auf Händen und Knien, das Gesicht so nahe an den Fliesen, daß seine Stimme kaum verständlich war. »Exzellenz, sie kamen mit den besten Empfehlungen. Und ich vertraue dem Sklavenhändler, der sie mir verkauft hat. Im Laufe der Jahre hat er uns mit einigen der besten…«
»Shetzah!« rief Gayomar aus. »Du hast ihre Arbeit gar nicht gesehen? Du verschwendest unser Geld auf ein Wort hin?«
Kamish konnte nur noch zittern, und Boaz überging ihn. »Die Herstellung von Glasnetzen versteht allein ein Handwerksmeister«, sagte er. Sein Blick hatte den meinen nicht einen Augenblick lang losgelassen. »Man braucht ein Leben lang, um es zur Meisterschaft zu bringen. Du
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