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Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Titel: Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Littlewood
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blass geworden.«
    Rose drehte sich um und betrachtete sich in der silbernen Stahlwand des Kühlraums. Ihre Haut war tatsächlich so weiß wie ein Blatt Papier
    »Ich hab mir nur … ein Glas Orangensaft geholt«, log sie.
    Lily kniete sich hin und strich Rose über die Wange. »Rose«, sagte sie, »du warst zehn Minuten da drin, und du hast doch gar keinen Saft dabei. Und du bist total unterkühlt!« Sie nahm Rose in die Arme. »Komm, setzt dich auf meine Knie.«
    Rose ließ sich mit bangem Gefühl auf der Nadelsteifenhose der falschen Tante nieder, wie ein Kind, das sich auf den Schoß des Weihnachtmanns setzt.
    »So, nun raus mit der Wahrheit«, sagte Lily sanft. »Was versteckst du da drinnen hinter dem Wandbehang?«
    Rose versuchte, ihre Überraschung zu vertuschen. Woher wusste Lily, dass hinter dem Wandbehang etwas war?
Bestimmt
hatte sie Rose und Tymo und Basil am vergangenen Morgen bei ihrer Auseinandersetzung belauscht, als sie die Rezepte abgeschrieben hatten und Rose hinterher die violette Paillette von Lilys Hose auf dem Boden des Kühlraums aufgefallen war.
    Rose hätte ihrer Tante am liebsten von dem Buch erzählt, von den
Liebesmuffins
, die schiefgegangen waren, und von den
Wahrheitsplätzchen
, die dummerweise geklappt hatten – aber ihre Eltern hatten ihr aufgetragen, das Geheimnis des alten Backbuchs zu bewahren, und sie musste ihren Eltern doch gehorchen.
    Statt also ihr Herz auszuschütten, konterte Rose mit einer ebenso schwerwiegenden Frage: »Warum hast du uns gestern Morgen belauscht?«
    Tante Lily sah ihr direkt in die Augen, und Rose starrte unbewegt zurück. Sie bewunderte das dunkle Schimmern von Lilys braunen Augen und die dichten geschwungenen Wimpern, die so lang waren, dass sie wie die Wimpern aussahen, mit denen die Mädchen in den Comic-Heften so anzüglich klimperten. »Ich habe gelauscht, weil ich mir Sorgen gemacht habe, Rose. Ihr drei, ihr steht so früh auf und treibt euch im Kühlraum rum. Dann bleibt ihr die ganze Nacht auf und backt und backt –«
    Rose brachte kaum ein Flüstern hervor. »Aber wir waren doch so leise!«
    Lily lachte. »Rose! Ich bin ein Nachtwesen.« Sie tätschelte Rose den Kopf, als sei sie erst fünf und nicht zwölf. Rose konnte das nicht ausstehen. »Also, ich finde deine Leidenschaft fürs Backen toll, ehrlich. Du bist ein Naturtalent. Aber wenn dieses ganze Herumschleichen den Grund hat, dass ihr in Schwierigkeiten steckt oder dass ihr ein Geheimnis hütet …«
    Roses Puls ging schneller, und sie spürte ein Glucksen im Hals, die Art von Glucksen, die bedeutete, dass man entweder gleich die Wahrheit ausspuckte oder sein letztes Essen. Tante Lily war zu schlau. Nichts konnte man vor ihr verbergen.
    »Vielleicht ein Geheimnis, das zu bewahren euch jemand anders aufgetragen hat. Ein Freund vielleicht oder … eure Eltern.«
    Rose zuckte.
    »Ein Erwachsener sollte von einem Kind nie verlangen, eines seiner Geheimnisse zu bewahren«, sagte Lily ernst. »Das ist unfair.« Sie tätschelte Rose die Schulter.
    Rose stand kurz davor, auszupacken, und zwar alles. Lily hatte recht: Es war unfair von ihren Eltern, von Rose zu verlangen, so ein großes Geheimnis zu hüten – nicht nur das Geheimnis des verborgenen Backbuchs, sondern auch das Geheimnis des Familienzaubers. Ihr ganzes Leben lang hatte Rose darüber schon Stillschweigen bewahren müssen. Die Einzigen, denen sie jemals von dem Blitz in dem Einmachglas oder von der Nachtigall oder von dem Hexerauge erzählen konnte, waren ihre Brüder, und die kümmerte es einen feuchten Dreck. Ihre Eltern hatten erreicht, dass sie
keinem
gegenüber jemals ganz ehrlich sein konnte.
    »Ich – ich – ich …«, begann Rose.
    Ein ungeduldiger Ausdruck huschte über Lilys Gesicht – ein kaum merkliches Zusammenkneifen der Augen und Runzeln der Augenbrauen. Der Ausdruck verflog wie der Schatten einer rasch dahinziehenden Wolke, blieb jedoch lange genug hängen, dass Rose den Mund hielt.
    Was hatte Tante Lily an sich, das Rose so misstrauisch machte? Bis sie nicht endgültig wusste, was dahintersteckte, konnte sie das Geheimnis ihrer Familie nicht verraten.
    »Hinter dem Wandbehang ist noch ein Kühlraum, in dem meine Eltern die richtig gute Schokolade aufbewahren«, sagte Rose. »Wir haben uns gestern Morgen reingeschlichen und davon gegessen. Das hätten wir nicht tun dürfen. Deshalb habe ich jetzt abgeschlossen und behalte den Schlüssel, damit Tymo und Basil nicht noch mal reingehen können.« Rose stieß die

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