Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch
bisschen stolz darauf gewesen, aber im Moment war es ihr nur lästig.
»Jetzt nicht!«, rief sie aus der Tür. Dann wandte sie sich höflich an Chip. »Wem genau hast du die Plätzchen denn gegeben?«
Chip verschränkte seine muskulösen Arme vor der Brust und kniff die Augen zusammen. »Was soll das werden? Ein Verhör? Waren die Plätzchen vielleicht vergiftet? Was ist so wichtig daran?«
Tante Lily legte Chip sanft die Hand auf die breite Schulter, und er entspannte sich. »Komm schon, Chipper …«
Rose dachte sich schnell etwas aus. »Also, es sind nämlich gemahlene Pekannüsse drin, und ich wollte nur sichergehen, dass du sie keinem mit einer Nussallergie gegeben hast.«
Chip lächelte. »Verstehe. Ich habe Mr Bastable, dem Froschhemd-Typ, davon gegeben und der Lehrerin Miss Thistle – allen Lehrern, um genau zu sein – und den Männern vom Golfclub und den Bankleuten und dem Arzt und dem Frisör. Die Leute waren alle begeistert. Aber keine Sorge – ich hab ein paar für euch aufgehoben«, sagte er und deutete auf einen Teller mit kleinen braunen Plätzchen auf der Anrichte.
»Bist du sicher, dass das alle Leute waren?«
Chip holte tief Luft und kratzte sich den kahlen Schädel. »Lass mich mal nachdenken. Wem noch?« Eine dicke blaue Ader auf seiner Stirn pulsierte. »Ah!«, rief er. »Eine Gruppe von Bibliothekarinnen war da. Sie fuhren in einem gelben Schulbus vor.«
»Ah ja«, sagte Rose. »Das dreifache B.«
Chip und Lily sahen Rose fragend an.
»Der Bibliothekarinnen-Bücher-Bund. Einmal in der Woche machen sie einen Ausflug. Manchmal ins Museum, manchmal in den Park, manchmal reiten sie aus, und manchmal kommen sie zu uns. Mom liebt sie.«
»Waren nette Ladys«, sagte Chip. »Echt höflich.«
Rose wollte ihn gerade fragen, ob das nun wirklich
alle
waren, denen er Plätzchen gegeben hatte, als von draußen ein kreischendes Geräusch ertönte. Rose drehte sich um und starrte aus einem der großen Schaufenster: Ein gelber Schulbus mit den leuchtend blau aufgemalten Buchstaben
BBB
kam knapp vor der Bäckerei quietschend zum Stehen und hätte fast eine Reihe von geparkten Autos gerammt.
Die Highschool-Bibliothekarin, Mrs Canterbury, stieg aus. Ihre Ponyfransen waren schweißnass und ihre Wangen gerötet. Sie kam eilig durch die Tür an den Ladentisch.
Rose ging durch die Schwingtür in den Verkaufsraum, um sie zu begrüßen.
»Hallo, kleine Rose«, fing Mrs Canterbury mit besorgtem Flüstern an. »Die Damen möchten gerne mehr von den braunen Plätzchen, die vorhin verschenkt worden sind. Ich persönlich darf nichts Süßes essen, ich habe also keine Plätzchen probiert – nichts für ungut –, aber die anderen haben das Gebäck wirklich sehr gemocht. Sie haben gesagt, wenn ich nicht sofort mit drei weiteren Dutzend davon zurückkomme, würden sie mich
alle machen
.«
»Das klingt aber gar nicht nach den drei B«, sagte Rose zaghaft.
»Sie sind heute ein wenig … gereizt«, sagte Mrs Canterbury und warf einen Blick auf den Bus. Die Bibliothekarinnen in ihren Blazern und V-Ausschnitt-Pullovern hatten die Gesichter an die Busscheiben gedrückt und starrten wild in die Bäckerei.
So etwas hatte Rose noch nie erlebt. Vielleicht lag es ja an den
Koekjes van Waarheid
, aber wie konnte das sein? Angeblich wirkten sie doch nur auf die
unverfrorensten Lügner
, was die Damen aus dem Drei-B-Klub doch bestimmt nicht waren.
Oder doch?
»Beeil dich, bitte!«, sagte Mrs Canterbury. »Ich mache mir Sorgen. Die Damen sind heute ganz außer sich.«
Eine weitere Bibliothekarin stürzte aus dem Bus. Rose erkannte Miss Karnopolis, sie war bei ihr während der Grundschulzeit in der Vorlesestunde gewesen. Jetzt hatte sie ihren Nackenknoten gelöst – woraufhin ihr Haar wie eine krause Mähne um ihren Kopf stand.
»Guten Morgen!«, kreischte Miss Karnopolis. »Aber ist es wirklich ein guter Morgen? Mein Gesicht juckt, und ich habe seit drei Tagen keinen Erfolg mehr auf der Toilette gehabt! Ich nehme also an, es kann sich höchstens um einen So-la-la-Morgen handeln. Einen mittelprächtigen Morgen, wenn es hoch kommt! Und das absurde Design hier hilft mir kein bisschen weiter! Wirklich,
gestreifte Tapeten?
Ist diese Bäckerei ein Zirkuszelt oder was?«
»Augustine, bitte!«, versuchte Mrs Canterbury sie zum Schweigen zu bringen.
»Was heißt hier
bitte
, Pat!«, fuhr Miss Karnopolis sie an. »Es wird Zeit, dass mal jemand ausspricht, wie es hier aussieht. Demjenigen, der die Tapete in diesem Raum
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