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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sie Rauch abbekommen. Sie wischte sich mit dem Handgelenk die Nase ab.
    »Wissen Sie, wie es ist, wenn man von allen nur benutzt wird, ohne dass man etwas daran ändern kann?«, sagte sie. »Wenn sich niemand um einen kümmert, nachdem man seinen kleinen Bruder verloren hat? Haben Sie das schon mal erlebt, Mr. Holland? Sagen Sie’s mir.«
    Später saß ich mit Temple Carrol auf einer Picknickbank in dem von Ahornbäumen gesäumten Stadtpark und ging das Material durch, das sie über Carl Hinkel zusammengetragen hatte.
    »Woher hast du das ganze Zeug?«, sagte ich.
    »Das war nicht schwer. Es gibt ein halbes Dutzend Organisationen, die Leuten wie Hinkel nachspüren. Außerdem kann er’s kaum abwarten, vor eine Kamera oder ein Mikrofon zu treten«, sagte sie.
    Die Unterlagen kündeten von menschlichem Versagen innahezu jeglicher Hinsicht. In Vietnam war er als kleiner Schieber an Schwarzmarktgeschäften beteiligt gewesen; seine drei Ehen waren geschieden worden; man hatte ihm die Zulassung als Professor für Kommunikationswissenschaften auf einem städtischen College in South Carolina entzogen; in Georgia war er wegen Betrugs aus dem Verkehr gezogen worden, weil er kleinen Leuten gefälschte Haus- und Grundbriefe angedreht hatte.
    Aber er sollte die gewaltigen Möglichkeiten des Internets entdecken. Damit konnte er nicht nur auf elektronischem Weg allerlei Rassisten und Psychopathen für seine Zwecke anwerben, sondern er fand auch ein großes Publikum, das seine im Eigenverlag erschienenen Bücher und Pamphlete bestellte, in denen er den Hass auf die Regierung und die Juden, auf Homosexuelle, Schwarze, Asiaten und Latinos schürte. Je düsterer seine Ansichten ausfielen, desto mehr waren seine Anhänger davon überzeugt, dass sie ihr Leben lang auf seine Stimme gewartet hatten.
    Er veranstaltete vor seiner Ranch Pressekonferenzen fürs Fernsehen, bei denen er behauptete, die CIA fliege nachts mit schwarzen Hubschraubern über sein Haus, und in den Bitterroot Mountains übten belgische Truppen, die im Dienst der Vereinten Nationen stünden, um in den Vereinigten Staaten die Macht zu übernehmen.
    Dass er offensichtlich schizophrene Anwandlungen hatte, tat seinem neu errungenen Erfolg keinen Abbruch. Er wandte sich sogar mit einer Ansprache an das Parlament des Staates Montana und fuhr nach Washington, wo er von mindestens zwei Kongressabgeordneten empfangen wurde.
    Aber Hinkels Lebensgeschichte war vorauszusehen gewesen und nutzte mir bei der Vorbereitung von Docs Verteidigung nur wenig. Allerdings fielen mir eine Eintragung am Endedes Berichts und ein beigefügter Zeitungsartikel auf, der Temple von einer auf die Beobachtung des Ku-Klux-Klans spezialisierten Gruppe aus Atlanta zugesandt worden war. Vor fünf Jahren war auf Hinkels Anwesen ein mit staatlichem Haftbefehl gesuchter Pädophiler festgenommen worden. Hinkel hatte behauptet, er kenne den Mann nicht, und sich bei den Behörden sogar dafür bedankt, dass sie ihn festgenommen hatten.
    Ich kreiste die Eintragung ein und schob Temple das Blatt zu.
    »Bist du auf irgendwelche anderen Hinweise gestoßen, die darauf hindeuten, dass der Typ schon früher irgendwas mit Kinderschändung zu tun hatte?«, fragte ich.
    »Nicht, dass ich wüsste. Warum?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher.«
    Mitten im Park befand sich ein Plantschbecken mit einem Springbrunnen, in dem Kinder spielten, und draußen auf der Straße stand ein Eisverkäufer mit seiner Karre, über der ein blauer Sonnenschirm aufgespannt war.
    »Dir geht doch irgendwas durch den Kopf, das du mir nicht sagen willst, nicht wahr?«, sagte Temple.
    »Ein paar Sachen.«
    »Fang mit einer an.«
    »Gestern früh wollte ich Wyatt Dixon hinterrücks abknallen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe mich gegen den Wind angeschlichen, als er mit einer Kettensäge zugange war, und vier Schüsse auf ihn abgegeben, die seinen Kopf nur knapp verfehlt haben. Er hat mich nicht gesehen, aber Terry Witherspoon. Die Jungs vom ATF wissen ebenfalls Bescheid.«
    Sie stützte den Kopf auf die Fingerspitzen und schaute mich mit offenem Mund an. Dann zog sie die Hand von der Stirn weg und blickte mich forschend an.
    »Warum?«, sagte sie.
    »Ein Typ wie der hat es verdient.«
    »Lüg mich nicht an«, sagte sie.
    »Komm mit, ich kaufe dir ein Eis.«
    »Du hast gedacht, ich hätte das vor. Deswegen hast du’s gemacht, nicht wahr?«
    »Du denkst zu viel, Temple«, sagte ich, räumte ihre Unterlagen und Aktenordner zusammen und verstaute sie in

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