Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
er.
»Wer ist der Junge, mit dem sie ausgeht?«, fragte ich.
»Er wohnt ein Stück weiter oben an der Straße. Ein anständiger Junge. Da kommt sein Auto«, sagte Doc.
»Dann hör auf, dir Sorgen zu machen«, sagte ich.
Wir fuhren durch den Hellgate Canyon und trafen uns mit Cleo Lonnigan bei einer Eisdiele am Clark Fork des Columbia River. Sie saß draußen, an einem Tisch am Wasser, hinter dem sich die Pappeln im Wind bogen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einer Perlenkette und sah hinreißend aus.
»Ich habe bei dir zu Hause angerufen. Ich dachte, ich hätte mich vielleicht verspätet. Maisey sagte, ihr wärt schon weg«, sagte sie.
Doc legte die Stirn in Falten.
»Wann hast du angerufen?«, fragte er.
»Vor einer Minute«, antwortete Cleo.
»Warum ist sie noch zu Hause?«, sagte Doc und ging zu dem Münztelefon in der Eisdiele, ehe Cleo und ich etwas sagen konnten.
»Er ist ein bisschen verkrampft«, sagte ich.
»Ich bin der Meinung, Doc und seine Tochter sollten sich scheiden lassen«, sagte sie.
Ich sah, wie er den Hörer einhängte. Dann kam er die Treppe herunter und stieß wieder zu uns.
»Keiner daheim. Vermutlich sind sie aufgebrochen«, sagte er.
»Klar«, sagte ich, froh darüber, dass wir uns über etwas anderes unterhalten konnten.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, wirkte nach wie vor nachdenklich. »Ich rufe noch mal an, wenn wir bei den Girards sind«, sagte er.
Xavier Girard und seine Frau Holly wohnten in einem großen Blockhaus auf einer Klippe über dem Clark Fork. Die Sonne verglühte zwischen zwei Höhenzügen im Westen des Tals, aber das Abendrot zog sich über das ganze Himmelszelt; im Norden konnte man die schneebedeckten Gipfel der Rattlesnake Wilderness sehen und davor, in Richtung Missoula, die Ahornbäume, die in den Wohngegenden im Wind wogten, und die Lichter der Innenstadt, die sich auf dem Fluss spiegelten.
»Von wem stammt das Geld für dieses Anwesen?«, sagte ich, als wir über die Auffahrt zur der Sonnenterrasse des Girard’schen Hauses gingen.
»Nicht von Xavier. Er ist das Gegenteil von einem König Midas. Alles, was er anfasst, wird zu Schrott. Er wollte wieder nach Louisiana ziehen und hat sich für eine Million Dollar einHaus am Bayou gebaut, weißt du – er, ein Junge aus einem Kuhkaff, der zeigen wollte, dass er es zu was gebracht hat. Aber er hat es an einem Sumpfloch gebaut, sodass das Fundament eingebrochen und der ganze Bau in den Bayou gerutscht ist«, sagte Doc.
Bei den Gästen, die sich auf der Terrasse und im Wohnzimmer tummelten, handelte es sich um Schriftsteller und Leute von der Universität, Künstler, Biologen und Naturschützer, dazu Fotografen, angehende Geisteswissenschaftler aus dem Osten, ein Lektor von Doubleday, ein Journalist von Time, ein Filmproduzent von A&E, Feuerspringer sowie Xavier Girards übliches Gefolge, seine Fans, mit denen er durch die Kneipen zog.
Ein Schauspieler aus Nordtexas, der einen Anzug ohne Krawatte und ein Hemd mit offenem Kragen trug, hielt an einem Glastisch eine Ansprache und hatte dabei die Mundwinkel nach unten gezogen wie ein Unteroffizier bei der Grundausbildung.
Er redete über ein etliche Jahre zurückliegendes Arbeitsessen, bei dem es um die Besetzung eines Films gegangen war.
»Schaut, Dennis ist ganz in Ordnung, aber von Südstaatlern hat er nicht den geringsten Schimmer. Wir haben drauf gewartet, dass endlich das Essen kommt, und er fängt an, mich abzukanzeln, drückt sich dabei unflätig aus, macht immer weiter und pflaumt mich an, als war er am Schrottplatz aufgewachsen. Also greif ich über den Tisch, pack ihn am Schlips, zieh ihn quer durch den Caesar-Salat, schneide ihm mit dem Steakmesser die Krawatte ab, knalle ihn wieder auf seinen Stuhl und sag ihm, er soll sich endlich wie ein anständiger Weißer benehmen. Ich hatte danach keine Probleme mit ihm, aber verdammt noch mal, die Rolle hat...«
Unten auf der Terrasse hörten wir Xavier Girard, der nacktbis zur Taille war und mit bloßen Fäusten auf einen Punktball eindrosch, während seine Zechkumpane bewundernd zuschauten.
Doch Girards Frau war es, die mich am meisten überraschte. Ich hatte erwartet, dass sie zumindest ein paar Marotten mit ihrem Mann gemein hatte. Aber entweder war sie eine ausgezeichnete Schauspielerin, oder sie musste sturzbetrunken gewesen sein, als sie ihn heiratete. Voller Interesse schien sie einem in die Augen zu schauen, unabhängig davon, worüber man sich mit ihr unterhielt. Ihre Haut war
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