Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
seine Wangen totenbleich wurden.
Als sie wieder aufstand, fühlte sich das Blut an ihren Händen heiß an, so als hätte sie sich verbrannt. Sie schmierte sich das Blut ins Gesicht und in die Haare und lief hinaus in den Staub, den die Pferde der Soldaten und die Menschen, die aus ihren Zelten rannten, aufwirbelten. Oben am Hang sah sie den Offizier, den die Indianer Sohn des Morgensterns nannten. Viele seiner Männer waren jetzt zu Fuß und rannten auf die Hügelkuppe hinter ihnen zu, während sich ihre angeschossenen Pferde im Gras wanden, doch der Sohn des Morgensterns war immer noch hoch zu Ross und nur wenige Meter vom Rand des Dorfes entfernt, und er feuerte mit seinen Revolvern eine Kugel nach der anderen ab.
Doch sein Mut, seine Entschlossenheit, Indianer zu töten, und sein übergroßer Glaube an sich selbst, all die Vorzüge und Untugenden, aufgrund derer er viele Jahre lang sämtliche Kämpfe unbeschadet überstanden hatte, waren in dem Mahlstrom, in den er geraten war, mit einem Mal nutzlos. Seine Männer, zumeist deutsche und irische Einwanderer aus den Slums im Osten, von denen viele noch nie in der Hitze des Gefechts einen Schuss abgefeuert hatten, bildeten nun einen unregelmäßigen Verteidigungsring auf der Hügelkuppe, währenddie Unteroffiziere Befehle brüllten und die Soldaten anschrien, deren Hände so sehr zitterten, dass sie kaum ihre Gewehre durchladen konnten.
Der Sohn des Morgensterns ritt hinter seinen Männern her, feuerte über die Kruppe seines Pferdes nach hinten, um ihren Rückzug zu decken, trieb seinem Reittier die Hacken in die Rippen, und sein Gesicht glühte vor Wut, als wäre er um seinen Platz in der Geschichte betrogen worden. Dann stürmten die Indianer aus dem Lager, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, mit Coup-Stöcken, Spencer- und Henry-Repetiergewehren, mit Stahlbeilen, Steinäxten und Brandbündeln, die sie an Seilen hinter ihren Pferden herzogen.
Die Squaws stöberten die Verwundeten auf, die sich in den Rohrkolben entlang des Flusses zu verstecken suchten, und verstümmelten sie mit ihren Messern. Der Wind wehte aus Süden und trieb die Flammen den Hügel hinauf, wo die überlebenden Soldaten im Gras knieten und den Hang hinabschossen. Viele Soldaten hatten ihre Feldflaschen mit Whiskey gefüllt, sodass sie jetzt kein Wasser hatten. Staub und Qualm wirbelte über sie hinweg, und weiter unten hörten sie die Schreie ihrer Kameraden im brennenden Gras, sahen geschwärzte Gestalten, die sich wie verkrüppelte Vögel aus den Flammen aufzurichten versuchten. Manch ein Soldat auf dem Hügel drehte seine Pistole um und schoss sich in den Mund.
Inmitten des Getümmels feuerte der Sohn des Morgensterns mit seinen vernickelten Revolvern auf die Indianer, die jetzt den Verteidigungsring durchbrochen hatten und seine Männer mit Steinäxten erschlugen, Schädel und Kieferknochen zertrümmerten, als wären sie aus Ton. Die Indianer fluteten über die Hügelkuppe, und der Sohn des Morgensterns sank auf ein Knie wie ein mittelalterlicher Ritter, der seinem König den Lehnseid schwört, als ein Pfeil zitternd in seinemBrustkorb stecken blieb. Dann schwärmten die Squaws unter schrillen Schreien, die wie Vogellaute klangen, den Hang hinauf.
Im Traum war Sue Lynn Big Medicine in ihrer Mitte und sah, wie die Frauen der Shyela und Sioux über den gefallenen Offizier herfielen und ihm Knochenahlen in Augen und Ohren stießen. Aber das ist nicht genug der Buße, dachte sie, nicht annähernd genug, und sie beugte sich mit einem aus Rosenquarz und Hirschhorn gefertigten Messer über ihn, löste seinen Gürtel, öffnete den obersten Knopf seiner Hose und zog sie von seinem weißen Bauch.
Sie hieb mit dem Messer zu und schnitt nach unten. Als sie fertig war, schien ihr der Sohn des Morgensterns mit seinen ausgestochenen Augen ins Gesicht zu starren, als könnte er in ihren Kopf blicken, als würde er erst jetzt das ganze Ausmaß des Hasses erkennen, den seine Feinde für ihn hegten. Dann stieß ihm Sue Lynn mit Hilfe der anderen Squaws das blutige Bündel in ihren Händen tief in den Schlund. Sie glaubte unten am Hang die Schreie der Soldaten zu hören, die im Gras verbrannten, hatte die Augen jetzt fest geschlossen, und ihre Schläfen hämmerten wie unter tausend Trommelschlägen. Dann wurde ihr bewusst, dass es ihre eigene Stimme war, die aus ihrer Brust drang, sich an den Zähnen brach und zum Himmel emporstieg, der bereits voller Aaskrähen war.
Lucas schlug zwei Eier über das Corned
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