Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
überzeugen oder von anderen überzeugen lassen, dass der Feind sein Schicksal verdiente, und man durfte weder Mitgefühl noch Hemmungen haben, bevor man es tat.
An diesem Nachmittag nahm ich einen Blechteller und eine Tasse von einem GI-Essgeschirr und aß auf einem Baumstumpf unten am Fluss zeitig zu Abend, damit ich mit niemandem reden musste, bevor ich Docs Haus verließ. Aber Doc passte mich ab, ehe ich wegfuhr.
»Wohin gehst du mit L. Q.s Revolver?«, fragte er.
»Schießen üben.«
»Hast du hier nicht genug Platz?«, sagte er.
»Komm mit, wenn du willst.« Ich schaute an ihm vorbei ins Leere.
»Fahr nur zu. Lass dir nichts zuschulden kommen. Folge nicht meinem Beispiel.«
»Ich denke nicht daran«, sagte ich.
Ich fuhr hinunter nach Hamilton und an Carl Hinkels Ranch vorbei zu einem Feldweg, der sich zum Bitterroot River hinabschlängelte. Ich parkte meinen Pick-up zwischen den Pappeln auf einem verlassenen Campingplatz und ging flussabwärts, bis ich auf der Rückseite von Carl Hinkels Anwesen war. Ich stieg über einen Stacheldrahtzaun, der sich durch einen Sumpfstreifen zum Fluss zog, und kletterte eine mit Felsblöcken übersäte Böschung hinauf, bis ich oberhalb des Blockhauses war, in dem Wyatt Dixon wohnte. Ich hörte das Knattern einer Kettensäge auf der anderen Seite des Hauses.
Die Sonne stand noch über den Bitterroot Mountains, aber die Kiefern an der Böschung lagen bereits tief im Schatten, und der Felsblock, hinter dem ich stand, fühlte sich kühl und feucht an. Die Felder waren in ein weiches Licht getaucht, fast wie grüner Dunst, der über dem Gras hing. Wyatt Dixon kam mit nacktem Oberkörper und einer Jeans, die so eng war, dass sie aussah, als wäre sie ihm auf die Haut genäht, in Sicht, nahm sich einen Stamm vor, den er über zwei Sägeböcke gelegt hatte, und zerschnitt ihn zu Brennholz.
Der Wind kam von vorn, die Entfernung betrug etwa siebzig Meter.
Ich zog L. Q. Navarros .45er Revolver aus dem Gürtel, stützte ihn mit beiden Händen auf dem Felsblock ab und zielte auf Dixons Rücken. Seine Haut war braun und straff, die Rückenwirbel traten scharf hervor, der Bizeps war angespannt, während er arbeitete, und der Wind zauste an seinen seidig roten Haaren.
Geh weg, sagte eine Stimme in mir.
L. Q.?
Ich schaute mich um, blickte in den Schatten zwischen die Kiefernstämme und die Felsblöcke, die wie große Giftpilze aus dem Humus ragten, aber L. Q. war nicht da.
Ich zog den Hammer bis zum Anschlag zurück und feuerte.
Der .45er sprang vom Fels hoch, während der Knall im Wind verhallte.
Ich sah, wie hinter Dixon das Wasser im Fluss aufspritzte, und wusste, dass der Schuss zu hoch und zu weit nach links gegangen war.
Mein Herz hämmerte jetzt. Ich gab einen zweiten und dritten Schuss ab, genoss das Gefühl, als der .45er über den Felsstaub scharrte, und mir der angenehme Korditgeruch des verbrannten Pulvers ins Gesicht schlug. Aber Wyatt Dixon machte sich weiter mit seiner knatternden Kettensäge zu schaffen, als hätte er gar nicht wahrgenommen, dass ihn die Kugeln nur um Zentimeter verfehlt hatten. Schweißnass lagen meine Hände jetzt um den Elfenbeingriff, und die Luft, die ich einatmete, schmeckte feucht und bitter. Ich feuerte erneut und meinte zu hören, wie die Kugel auf Holz schlug.
Diesmal hielt Wyatt Dixon inne, als wäre ein fremder Gegenstand in seine unmittelbare Umgebung eingedrungen. Er schaute zum Fluss, zu den Pappeln und Espen, die sich im Wind bogen, auf die Berge im Westen des Tals und die Wolken, die jetzt rotgolden schimmerten. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu und beugte sich über den Stamm, aus dem die Kettensäge einen Schwall weißer Späne fräste.
Ich schwitzte jetzt. Bittere Galle stieg mir in den Hals, und ich konnte meinen sauren Atem riechen, als ich mir in die Hand hauchte. Ich zog den Hammer zum fünften Mal zurück.
Geh weg, sagte die Stimme.
Ja, dachte ich. Diesmal mach ich’s.
Ich trat von dem Felsblock zurück, war fast taub von den vier Schüssen, die ich abgegeben hatte, und meine Schläfen pochten. Ich ließ den Hammer mit beiden Daumen nach vorn sinken, schob mir den Revolver in den Gürtel und ging zwischen den Bäumen hindurch zurück, sprang über einen Entwässerungsgraben und stieg einen kleinen Hügel hinauf, hinter dem ich zu dem Campingplatz und meinem Pick-up gelangen musste.
Stattdessen lief ich zwei von Amos Rackleys Agenten in die Arme.
Sie saßen hinter einem Fels, als wären sie beim
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