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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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wollte sie etwas sagen, winkte dann dem Sheriff zu, dass er das sechste Band abspielen sollte.
    »Wir haben’s nicht eilig. Soll ich das eine oder andere noch mal abspielen?«, fragte der Sheriff.
    »Nummer zwei und Nummer fünf«, sagte sie.
    »Ja, Ma’am«, sagte er.
    Sie hörte wieder zu, nickte dann und kniff die Lippen zusammen.
    »Es ist Nummer zwei«, sagte sie.
    Der Sheriff schlug sich an den Hinterkopf und stieß den Atem aus.
    »Nein?«, sagte sie.
    »Sie haben grade meinen Deputy ausgesucht«, sagte der Sheriff. Er blies die Backen auf und schaute mich an.
    »Sagen Sie mir nicht, was Sie meiner Meinung nach vorhaben«, sagte ich.
    »Ich muss ihn laufen lassen. Terry Witherspoon hat das Isolierband verschwinden lassen, wegen dem Sie mich angerufen haben. In Miss Carrols Fahrzeug waren keine Fingerabdrücke. Drei, vier Leute in Billings sind bereit zu schwören, dass Dixon beim Rodeo war, als Miss Carrol entführt wurde«, sagte er.
    »Was für Leute?«, fragte ich.
    »Eine Prostituierte, Carl Hinkel und zwei ehemalige Sträflinge. Er treibt sich nun mal nicht mit Leuten rum, die ein geregeltes, gutbürgerliches Leben führen.«
    »Machen Sie ihnen klar, mit welchen Folgen sie im Falle eines Meineids rechnen müssen. Buchten Sie Witherspoon ein. Stecken Sie ihn in eine Zelle voller Indianer und Schwarzer und verlegen Sie die Papiere«, sagte ich.
    »Kommen Sie, Miss Carrol, ich bringe Sie zu Ihrem Auto«, sagte der Sheriff, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
    »Danke, das schaff ich schon allein«, erwiderte sie.
    »Legen Sie das Angebot nicht falsch aus. Ich wollte grade über die Straße gehen und ein Geburtstagsgeschenk für meinen Enkel besorgen. Herr Rechtsanwalt, auf die eine oder andere Art werde ich Wyatt Dixon und diesen Witherspoon aus dem Verkehr ziehen. Aber bis dahin sollten sie lieber unversehrt und das gesündeste weiße Lumpenpack im ganzen Bezirk Missoula bleiben. Sind wir uns darüber im Klaren?«
    »Nicht ganz«, sagte ich.
    Er setzte seine Brille auf und musterte den Kalender auf seinem Schreibtisch.
    »Sie haben noch etwa drei Wochen Zeit, bis Dr. Voss wegen dem Mord an Lamar Ellison vor Gericht gestellt wird. Warum kümmern Sie sich nicht um Ihre beruflichen Angelegenheiten, statt so zu tun, als wären Sie nach wie vor Ordnungshüter?«, sagte er.
    »Behandeln Sie ihn gefälligst nicht so von oben herab«, sagte Temple. »Er war ein Texas Ranger. Jemanden wie Wyatt Dixon hätten er und sein Partner früher in einen Mähdrescher gesteckt.«
    Der Sheriff zog die Oberlippe hoch und versuchte sein Gesicht zu verdecken, als er seinen Hut aufsetzte, aber seinen betretenen Blick konnte er nicht verbergen.
    An diesem Abend kehrte Lucas spät von Sue Lynns Haus zurück. Ich sah von meinem Schlafzimmerfenster aus, wie er bei seinem Zelt ein Feuer schürte und sich neben die Flammen kauerte, mit seinem Taschenmesser eine Konservendose öffnete und den Inhalt in eine Pfanne kippte. Ich zog meine Jacke an, ging hinunter zum Fluss und setzte mich hinter ihm auf einen Baumstumpf, ohne dass er mich hörte.
    »Herrgott, hast du mich erschreckt!«, sagte er, als er mich sah.
    »Schlechtes Gewissen?«, sagte ich.
    Er rührte das Corned beef in der Pfanne um und streute rotes Chili darüber. »Du bist der geborene Kanzelredner, Billy Bob«, sagte er.
    »Fahr nach Hause, Lucas.«
    »Ich hab mich in Montana verliebt. Ich glaube, ich ziehe hierher und geh auf die hiesige Universität.«
    Dunkel ragte der Wald auf, und zottiges Moos hing von den Lärchen. Irgendwo auf der anderen Seite des Flusses maunzte ein Tier, vermutlich ein Puma, der sich über die Futternäpfe der Haustiere hergemacht hatte. Lucas stützte sich mit dem Knie auf die Kiefernnadeln, drehte sich um und schaute in die Dunkelheit, sodass der Feuerschein auf sein Gesicht und das langärmlige, cremefarbene Hemd fiel. Ich betrachtete ihn von der Seite. Er wirkte so unschuldig, versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen, und wieder einmal hatte ich das Gefühl, dass ich als Vater denkbar ungeeignet war.
    »Glaubst du, dass es eine Hölle gibt?«, fragte er, ehe ich etwas sagen konnte.
    »Kann ich nicht so ohne weiteres beantworten.«
    »Sue Lynn sagt, sie kommt dorthin.«
    »Was für schreckliche Sachen hat sie denn angestellt?«
    »Sie hat immerzu denselben Alptraum. Vielleicht kannstdu was damit anfangen, weil ich ihn nämlich nicht deuten kann.«
    Die Bilder, die Sue Lynn im Schlaf sah, waren allem Anschein nach weniger ein

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