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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Verhandlung hat es nie gegeben.«
    »Die ist nach ein bisserl hin und her abgelehnt worden. Aber da ist der Marti schon fünf Jahre im Zuchthaus gesessen. Wer hätt ihm jetzt noch geglaubt?«
    »Hat ihn nie einer besucht?«
    »Die Leut hier tun das nicht. Wenn einer im Zuchthaus ist, ist der für die Leut wie ein Gestorbener. Ich bin einmal hingefahren zu ihm, weil ich einfach nicht hab glauben wollen, daß er es war. Aber er hat bloß wissen wollen, ob es der Vroni und dem Kind gut geht und ob sie im Haus bleiben können. Sonst nichts. Wie ich dann ein zweites Mal hinwollt, läßt er mir schon an der Pforte ausrichten, daß er keinen mehr sehen will. Mich auch nicht, frag ich. Nein, heißts, Sie auch nicht. Es war grad so, als hätt er sich selber eingegraben. Fast versteh ichs - wenn einer unschuldig im Zuchthaus sitzt, dann kann der wenigstens noch kämpfen, weil er ein Gegenüber hat. Aber wenn du dir allerweil sagen mußt, daß du selber es gewesen bist, der diesen furchtbaren Fehler getan hat, dann hast du keine Kraft mehr dafür…«
    Das Geräusch der Mühle schien in weite Ferne gerückt zu sein. Die beiden hörten es kaum noch. Kajetan atmete tief ein. Er mußte aufstehen und versuchte, seiner Erregung Herr zu werden. Ungläubig schüttelte er immer wieder den Kopf. Schließlich setzte er sich wieder auf den Schemel.
    »Und aus dem jungen Urban? Was ist aus dem geworden?«
    »Er ist noch eine Zeitlang in Sarzhofen geblieben, nachdem sein Vater gestorben ist. Lang hats nicht gedauert, bis er alles zugrund gerichtet hat. Er hat alles verkaufen müssen. Dann hat man ewig nichts mehr von ihm gehört. Im neunzehner Jahr ist er kurz gekommen, aber da hat er ein paar Watschen gekriegt…«
    »… Die Geschichte beim Wirt, wo er Revolution machen wollt?«
    Die Müllerin nickte verächtlich. »Der hat sich allweil bloß dahingestellt, wo es warm rauskommt. Auf jeden Fall - eines Tages ist kaum mehr was dagewesen, und da wollt er am liebsten auch noch das Haus verkaufen, in dem die Vroni und die kleine Mia gewohnt haben. Es wollt natürlich keiner haben mit den beiden. Und dann…«, wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen, »hat es auf einmal geheißen: Die Vroni hat sich was angetan. Keiner hat genau gewußt, was passiert ist, bloß ein paar Leut haben den jungen Urban gesehen, wie er kurz zuvor aus dem Haus gekommen ist. Die Vroni ist dann in das Krankenhaus in Allerberg eingeliefert worden. Da ist sie nie mehr herausgekommen.« Ihr Kinn bebte.
    »Und die Mia…«
    »Wart ein bissei«, bat die Müllerin. »… Ich muß weinen, sonst… sonst erstick ich… solang hab ich bloß… einen Haß gehabt… und… jetzt erbarmt mich alles so ohne End…« Sie schluchzte auf.
    Kajetan brachte kein Wort heraus. Er legte seine Hand auf ihre Schulter. Die Müllerin ergriff sie und hörte auf zu weinen.
    »Ist schon vorbei«, flüsterte sie.
    »Brauchst nicht weiterreden, Müllnerin. Hör auf.«
    »Bloß noch… wegen der Godin, die nicht Obacht gibt…«
    »Laß, Müllnerin. Ich habs bloß gesagt, weil ich dich zum Reden bringen wollt.«
    »Du… Halunk«, schmunzelte sie unter Tränen, »du ausgschamter Halunk! So… raffiniert ist ja nicht einmal ein Gendarm.« Er lächelte entschuldigend. Sie richtete ihren Oberkörper wieder gerade. Sie warf einen kurzen Blick auf die Mahlstühle, die noch immer gleichmäßig arbeiteten.
    »Die Geschichte ist noch nicht ganz aus.«
    »Aber das mit der Godin war nicht so gemeint.«
    Sie ergriff ihre Schürze und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Ich glaubs dir ja. Aber vorher wars wichtig für dich. Was ich jetzt sag, ist wichtig für mich.« Sie neigte den Kopf in den Nacken und schloß kurz die Augen. Dann sah sie auf ihre Hände, die sie auf den Schoß gelegt hatte.
    »Es ist zu der Zeit gewesen, wie es dem Hans den Arm ausgerissen hat.«
    »Den Arm aus…?«
    Sie nickte trübe. »Ja, der Müllner, und das ist ja jetzt auch schon gute zwanzig Jahr her, hat einmal probiert, eine rausgeschlupfte Transmission wieder aufzuspannen. Hans, sag ich, laß es bleiben, aber er hört nicht. Das Mühlwerk darfst ja nicht abstellen, wenn der Mahlstuhl voll ist. Da hats ihm den Arm abgerissen, und danach ist er nicht mehr zum gebrauchen gewesen, bis er dann vor ein paar Jahren gestorben ist.
    Ich habs eine Zeitlang probiert. Allein. Die Bauern haben die Sack selber eingefüllt, und wenns mir einen Kämbden rausgehauen hat, hat ihn mir der Gabelmacher Irg wieder gerichtet. Bis ich einmal

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