Die Göring-Verschwörung
Wir können auch aus dieser Richtung keine übereifrige Neugierde gebrauchen.«
»Den Informationsfluss zu Himmler habe ich unter Kontrolle«, beruhigte Heydrich. Das Wort ich hatte er mit einer winzigen Betonung unterlegt. »Mehr Sorgen bereitet mir das Offizierskorps. Wir kennen ja gar nicht das ganze Ausmaß dieses Sumpfes. Wer weiß schon, mit wie vielen Offizieren Halder gesprochen hat?«
»Es ist wohl in der Tat besser, wenn etwas Blut fließt – als Warnung für den Stabschef und seine Gesinnungsgenossen. Der junge Oberstleutnant von der Kriegsakademie, ganz verstaubter Militäradel, von provozierender Distanz zur Partei und zu allem, wofür wir Nationalsozialisten stehen, wäre das ideale Objekt für eine solche Aktion.«
»Ist bereits in die Wege geleitet worden.«
Göring riss die Augen auf in unzufriedenem Erstaunen.
»Seine fanatische Entschlossenheit stellte eine nicht unerhebliche Gefahr dar«, rechtfertigte Heydrich kühl sein eigenmächtiges Vorgehen. »Außerdem war es ein notwendiger Schuss vor den Bug des Offizierskorps, wie Sie selbst gerade ausführten.«
»Sonst noch irgendwelche Aktionen, von denen ich nichts weiß?«
»Verzeihen Sie, Herr Ministerpräsident, dass ich Sie erst im Nachhinein ins Bild setze. Doch die Gesamtsituation ist äußerst kritisch und erforderte sofortiges, energisches Handeln.«
»Ich verbitte mir solche Alleingänge. Es genügt, die Übrigen unter enger Beobachtung zu halten. Wir kennen ja jetzt unsere Pappenheimer.«
»Was ist mit dem Engländer?«
»Ein schwieriger Fall. Natürlich müssen wir sein Stillschweigen sicherstellen, so oder so. Allerdings drohen hier unschöne Komplikationen.«
»Die Tatsache, dass er zu Goebbels’ Familie gehört, sollte uns nicht schrecken.«
»Es ist noch etwas anderes. Unglücklicherweise hat er in der Botschaft meinen Namen genannt.«
»Sie glauben, dass die entsprechende Information von London ihren Weg zurück nach Deutschland finden könnte, wenn wir ihn hochnähmen?«
»Das wäre nicht auszuschließen. Außerdem hat er Verbindungen in die Londoner Gesellschaft. Es muss unter allen Umständen vermieden werden, dass ich mit irgendwelchen Aktionen gegen ihn in Verbindung gebracht werde.«
»Das versteht sich von selbst.«
»Darüber hinaus ist es unvermeidlich, sich gleichzeitig auch um die Frau zu kümmern.«
»Ein Verkehrsunfall.«
»Egal was, nur glaubwürdig muss es sein. Wenn das dilettantisch angestellt wird, halsen wir uns damit einen ganzen Sack neuer Probleme auf.«
»Können wir davon ausgehen, dass die Beziehungen des Ehepaars zu Reichsminister Goebbels hinreichend distanziert sind?«
»Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Der wird ihnen keine Träne nachweinen.«
»Ein Mann von Goebbels’ Charakter und Lebenswandel«, kommentierte Heydrich mit einem sarkastischen Grinsen, »hat es wohl nicht ganz leicht, Freunde zu finden.«
»Das wäre dann alles«, antwortete Göring kurz und atmete tief.
»Nicht ganz«, widersprach Heydrich. »Es bleibt noch ein letztes Nest auszuräuchern.«
»Wovon reden Sie?«
»Ich spreche von einem Mann, der so tief in die ganze Affäre verstrickt ist wie kein anderer und der keine Skrupel hätte, sein Wissen um die Vorgänge für sein eigenes Weiterkommen zu nutzen. Jemand, der Sie, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, verraten würde.«
»Ist das notwendig?«, erwiderte Göring und zog die Mundwinkel gequält auseinander. »Er hat mir treu gedient. Ich fühle mich ihm verpflichtet.«
»Ich fürchte, seine Beteiligung ist bereits aktenkundig. Struttner hat Blut gerochen«, entgegnete Heydrich. »Und der Obersturmführer nimmt seine Pflichten außerordentlich ernst. Es ist in jeder Hinsicht die sauberste Lösung. Sein Tod ist die einzige Möglichkeit, Sie herauszuhalten, Herr Generalfeldmarschall.«
»Sie meinen wohl, uns beide herauszuhalten.«
Heydrich griff erneut zu seiner Kaffeetasse, lehnte sich zurück und nahm leise schlürfend einen Schluck. » Zu dieser Welt «, begann er zu rezitieren, » wo die Würfel eisern fallen, gehört ein eiserner Sinn, gepanzert gegen das Schicksal und gewappnet gegen die Menschen. Denn das ganze Leben ist ein Kampf . – Schopenhauer.«
»Ich brauche keine Nachhilfe in Sachen Härte!«, fuhr Göring auf, noch ungehalten über Heydrichs Schauspiel, vier Geheimpolizisten mit der Waffe in der Hand in sein Büro spazieren zu lassen.
»Natürlich nicht, Herr Ministerpräsident, bitte entschuldigen Sie! Doch Binnewies ist
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