Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
meinen Erzfeinden den Hals durchschnitten, doch nach reiflicher Überlegung kam ich zu dem Schluss, dass mich das nicht befriedigen würde. Vorher wollte ich ihnen ihre Schwäche und Armseligkeit vor Augen führen und ihnen ein für alle Mal zu verstehen geben, dass ich sie letztlich doch besiegt hatte. Jahrzehntelang hatten sie auf meinem Grab getanzt und gesungen; jetzt wollte ich sie um Gnade betteln hören. Ich wollte, dass sie vor mir auf die Knie sanken und mich um einen schnellen Tod baten.
Wenn ich erst einmal einen Großteil der bekannten Welt unterjocht hatte, würde ich ihnen gegenübertreten. Ich dachte nur noch an eins: wie ich die Erben von Ji finden und mir mit ihnen die letzte, alles entscheidende Schlacht liefern würde. Diesmal würde ihnen der Sieg nicht wieder durch einen heimtückischen Schurkenstreich in den Schoß fallen. Aber um meine Rache in vollen Zügen auszukosten, musste ich mich in Geduld üben.
Dass ich nicht unmittelbar zur Tat schreiten konnte, verstärkte meine Entschlossenheit nur noch. Als Erstes versuchte ich, so viel wie möglich über die neuen Prinzipien der Magie herauszufinden. Zu diesem Zweck führte ich an den Inselbewohnern verschiedene Experimente durch, was außerdem den Vorteil hatte, dass sie mich fürchteten wie den Tod. Da ich die Welt schlecht im Alleingang erobern konnte, begab ich mich außerdem auf die Suche nach Gefolgsmännern, denen ich etwas von meiner Magie beibringen wollte. Zunächst versuchte ich, einigen Bauern, die nicht ganz so hohl waren wie der Rest, beizubringen, wie man die Energieströme manipulierte. Doch das war die reinste Zeitverschwendung, und ich beförderte meine Schüler recht schnell ins Jenseits. Das hatte zwei Vorteile: Zum einen hatten diese Nichtsnutze den Tod mehr als verdient, zum anderen stärkte jedes Leben, das ich auslöschte, meine Macht.
Der Zugewinn an Macht war zwar nur gering und nicht zu vergleichen mit der Lebenskraft, die ich aus Sombre geschöpft hatte, aber er war trotzdem nicht zu leugnen. Wo rührte dieses Phänomen her? Lag es an meinem Körper aus Gwel? An meinen langen Aufenthalten im Karu? An der Tatsache, dass ich das letzte Wesen war, das aus dem Karu in die Welt der Menschen übergewechselt war? Wahrscheinlich war es von allem etwas. Bald hörte ich auf, mir über diese Frage den Kopf zu zerbrechen, und versuchte nur noch, meinen Nutzen daraus zu ziehen. Schließlich hatte ich schon immer ein Gott sein wollen! Ich empfand es als ausgleichende Gerechtigkeit, dass ich mich nun meinerseits von den Seelen meiner Opfer ernährte.
Ich nutzte jede Gelegenheit, um meine Macht zu mehren, und bekam niemals genug. Denn das berauschende Gefühl, wenn ich mir die Seele eines Toten einverleibte, wurde nach und nach immer schwächer, bis nur noch ein kurzer wohliger Schauer blieb. Andererseits spürte ich deutlich, wie meine magischen Kräfte wuchsen. Bald hatte ich den Eindruck, Teil eines höheren gemeinsamen Bewusstseins zu sein, das mich und noch ein paar andere außergewöhnliche Wesen verband.
Da dämmerte mir, dass nicht nur ich die Vernichtung des Jal überlebt hatte. Die Geister einiger Götter und Dämonen waren ebenfalls in die Welt der Sterblichen übergewechselt.
Ich näherte mich dem ersten derartigen Wesen, das ich ausmachen konnte, einem ramythischen Kind von sieben oder acht Jahren. In dem Augenblick, als ich es tötete, überkam mich eine solche Macht, dass ich taumelte wie ein Trunkenbold und fast zu Boden gegangen wäre.
In den folgenden Jahren versuchte ich, all dieser Wesen habhaft zu werden und sie zu töten. Ich hatte erkannt, dass sie die Wiedergeburten der alten Götter und Dämonen waren, und indem ich mir ihre Seele einverleibte, übernahm ich auch ihre Kräfte. Nachdem ich meine ersten wahren Anhänger rekrutiert hatte, gab ich ihnen den Auftrag, diese Wiedergeburten ausfindig zu machen und zu mir zu bringen. In der Zwischenzeit entwickelte ich meine magischen Kräfte weiter und studierte die ethekischen Manuskripte, die meine Männer auf ihren Raubzügen erbeuteten. Die Beherrschung dieser Sprache hatte ich von den Seelen übernommen, die ich verschlungen hatte. Nach einer Weile begann ich, die Stirn meiner Anhänger mit einem Mal zu versehen. Auf diese Weise konnte ich jederzeit Macht über sie ausüben und mich gleichzeitig ihrer Ergebenheit vergewissern. Wer sich weigerte, mein Mal zu empfangen, unterschrieb damit sein Todesurteil.
Vor wenigen Dekaden durchstreifte mein Geist wieder
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