Die Götter der Flusswelt - Flusswelt-Zyklus 5
Erde gewußt hatten. Arme Teufel! Arme Unwissende, die in der Dunkelheit herumstolperten. Wo waren diejenigen, die unser Licht noch einmal angezündet hatten, damit wir kleine Flammen sein konnten, die nach der großen Mutterflamme suchten?«
»Wo ist der Schnee von gestern?« sagte Frigate. »Leicht zu beantworten. Er schmolz, wurde zu Wolken und dann wieder zum Schnee von heute.«
Am Ende seiner Wanderungen auf der Erde und der Flußwelt hatte Li Po den Turm erreicht. Er schien sich nicht verändert zu haben, was laut Nurs Auffassung bedauerlich war. Die Flußwelt war dazu geschaffen, Veränderungen in den Menschen zu bewirken. Der große, schlanke, stattliche, teufelsgesichtige Mann mit den grünen Augen und dem schwarzen, zu einem Knoten gebundenen Haar lachte nur darüber.
»Perfektion kann sich nur zum Schlechteren hin verändern.«
Er hatte sein Quartier neu eingerichtet, damit es wie der Palast des Ruhmreichen Kaisers aussah. Aus den Computerunterlagen hatte er viele berühmte chinesische Gemälde reproduziert und auch eigene Bilder gemalt: keine Duplikate seiner irdischen Schöpfungen, sondern Szenen von der Flußwelt.
»Ich habe alles, was der Kaiser hatte, und noch viel mehr. Bis auf die Millionen Untertanen und die vielen Frauen und Konkubinen natürlich. Ich habe nicht eine einzige Frau, daher bin ich eigentlich ärmer und elender als der niedrigste Bauer. Aber nicht für lange.«
Es gab eine Frau, von denen die Historiker nichts wußten, obwohl Li Po zweihundert Gedichte über sie geschrieben hatte (die allerdings zu seinen neuntausend verlorenen Werken zählten).
Im östlichen Lu, einem Teil Shantungs im nördlichen China des zwanzigsten Jahrhunderts, hatte Li Po neben einem Gasthof, der der Familie seiner vierten Frau gehörte, ein Haus gebaut. Und in dem Gasthof gab es ein Sklavenmädchen, das den Besuchern zu Diensten war. Ihr Name war Hsing Shih, Sternenlöffel.
»Die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Alice, Aphra, ihr werdet mir verzeihen, wenn ich das sage. Ihr beide seid wirklich überwältigend schön, aber da ihr für euer Geschlecht sehr aufrichtig seid, werdet ihr sicherlich mit mir übereinstimmen, daß ihr vielleicht nicht die Allerschönsten seid.
Sternenlöffel war still und eindringlich. Sie hatte elegante Manieren, die in diesem Gasthof ziemlich fehl am Platze waren und von den Kunden nicht entsprechend gewürdigt wurden. Sie war kein Bauernmädchen. Ihre Mutter war eine Konkubine des ruhmreichen Monarchen gewesen, und Sternenlöffel galt als seine Tochter. Diese Vaterschaft wurde jedoch in Frage gestellt, als Sternenlöffels Mutter in Unkeuschheit mit einer Palastwache überrascht wurde. Die Mutter und ihr Liebhaber wurden geköpft, und Sternenlöffel, damals neun Jahre alt, an einen wohlhabenden Händler verkauft. Als sie zehn war, nahm er sie zu sich ins Bett. Als er ihrer überdrüssig wurde, vergnügten sich seine sechs heranwachsenden Söhne mit ihr. Als der Kaufmann sein Vermögen verlor und kurz darauf starb, wurde Sternenlöffel an meinen Schwiegervater, den Besitzer des Gasthofes verkauft. Sie wurde seine Konkubine, und sie wurde verhältnismäßig gut behandelt, obwohl sie im Gasthof arbeiten mußte. Nachdem ich die Tochter des Besitzers geheiratet hatte, lernte ich Sternenlöffel gut kennen. Ich verliebte mich leidenschaftlich in sie. Natürlich tue ich alles mit Leidenschaft. Sie hatte ein Kind von mir, aber es starb ein paar Tage nach der Geburt an einem Fieber. Obwohl ich mich vor nichts fürchte, wollte ich keinen Ärger unter meinem Dach verursachen. Meine Frau war sehr eifersüchtig und neigte zur Gewalttätigkeit. Dies bewies eine Narbe an meiner Schulter, die sie mir mit einem Messer beigebracht hatte. So erzählten weder Sternenlöffel noch ich jemals irgendwem, wer der Vater des Kindes war.«
Hätte Li Po nur eine enge Freundschaft gewollt, er hätte einen Mann ausgewählt. Aber er brauchte eine Frau, und seine Gedanken wandten sich Hsing Shih zu. Später würde er - der maskulinen Wärme, Zügellosigkeit und geistigen Anregung willen - seine alten Kameraden suchen.
Die erste Frage, um Sternenlöffel ausfindig zu machen, lautete: War sie in den Computerverzeichnissen vorhanden?
Diese begannen im Jahr 97.000 v. Chr., als die Vorgänger der Ethiker auf der Erde gelandet waren. (Loga hatte gesagt, die Speicherungen begännen etwa 1.000.000 v. Chr., aber er sprach nur in groben Maßstäben und hatte die Zahl aufgerundet.)
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