Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
gefährlich hielt. Mit ähnlichem Unwillen nahm er ein paar Jahre später mein wachsendes Interesse für Schlachten und Waffen zur Kenntnis. Davon abbringen konnte er mich allerdings nicht. Schließlich floss in unseren Adern das gleiche Blut, und er war als Junge genauso waffenbegeistert gewesen wie ich. Außerdem hatte es Wallos noch nie geschadet, wenn ein Herrscher auf dem Thron saß, der sich auf das Kriegshandwerk verstand.
Vor nicht allzu langer Zeit sah er seinen Irrtum ein – zumindest legte ich sein Verhalten so aus. Denn eines Tages schlug er plötzlich ganz neue Töne an. Anstatt meinen Ehrgeiz als Kriegerin zu bremsen, fing er an, mich im Kampf zu unterrichten. Keine Lektion, keine Übung war ihm zu schwierig für mich. Ich hätte es mir nicht besser wünschen können: Ich brannte darauf, meine Fähigkeiten im Kampf zu verbessern, und mir schien alles zu gelingen. Außerdem genoss ich die Dekanten, die ich mit meinem Vater allein verbrachte.
Zu jener Zeit ahnte ich nicht, was diesen Sinneswandel bei meinem Vater bewirkt hatte, noch bestand für mich irgendeine Verbindung zu der Tatsache, dass die Besuche der Fremden ausblieben. Erst jetzt, in dieser misslichen Lage, fällt es mir wie Schuppen von den Augen, jetzt, wo ich genug weiß, um alles besser zu verstehen.
Lange bevor unsere Eltern verschwanden und nur ein paar Jahre nach der Vernichtung des Jal ereignete sich etwas, an dem die Freundschaft zwischen meinem Vater und den anderen Erben von Ji zerbrach. Ein Ereignis, das so furchtbar war, dass mein Vater begann, seine Tochter zur Kämpferin auszubilden und sie darauf vorzubereiten, ihre Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
Mehr als fünfzehn Jahre, bevor unsere Feinde die Hetzjagd auf uns eröffneten und Usul die Rückkehr unseres schlimmsten Widersachers verkündete, fürchtete mein Vater bereits um mein Leben.
Ich will wissen, warum.
Bevor er das Manöver zur Einfahrt in den Hafen einleitete, stieg Kapitän Mourd in seine Kajüte hinunter und stellte sich vor den Spiegel. Und er tat gut daran: Das Symbol auf seiner Stirn war am unteren Rand kaum noch sichtbar, dort, wo er sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß abgewischt hatte. Hastig zog er das Zeichen mit einem kleinen schwarzen Stift nach, den er immer bei sich trug. Schwierig war das nicht. Er brauchte bloß die feinen Umrisse nachzumalen, die in seine Haut gebrannt worden waren.
Der Anblick der fast unsichtbaren Narben jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Anfangs hatte er noch geglaubt, er werde sich daran gewöhnen, aber die Zeremonie, bei der man ihm das Zeichen auf die Stirn gebrannt hatte, war ein Erlebnis, das er nicht so leicht vergaß. Mourd war zu dem Schluss gelangt, dass das Mal tiefer ging, als es den Anschein hatte. Er hatte das Gefühl, es sei ihm regelrecht in den Schädelknochen gebrannt worden.
Zwar hatte er seine Vermutung noch nicht überprüfen können, aber er nahm sich vor, dies bei der erstbesten Gelegenheit zu tun. Dazu brauchte er bloß eine Leiche – einen seiner Matrosen oder irgendeinen anderen Mann im Dienst des Admirals. Und sollte ihm das Schicksal nicht entgegenkommen, würde er notfalls ein wenig nachhelfen. Er würde seinem Opfer einfach, so wie es in Jezeba Brauch war, die Kopfhaut abschälen, und schon hätte er seine Antwort.
Natürlich würde das Ergebnis weder etwas an seiner Lage noch an seinem Ehrgeiz ändern. Zwar kannte er die Pläne des Meisters nicht, aber die Reichtümer, die er seinen Männern in Aussicht stellte, hätten kaum jemanden kaltgelassen. Und der Admiral setzte alles daran, sein Ziel zu erreichen. Das kleine Heer an Kriegern, das er um sich geschart hatte, war schon eindrucksvoll genug, aber zusammen mit den Hexern bildete es eine unschlagbare Macht, mit der er alles erreichen konnte, was er wollte. Mourd war niemand, der sich eine solche Gelegenheit entgehen ließ, auch wenn er dafür die schmerzhafte Markierungszeremonie hatte über sich ergehen lassen müssen.
Niemand wusste genau, wozu das Mal auf der Stirn eigentlich diente oder was es bedeutete. Die meisten waren der Meinung, es handele sich um ein bloßes Erkennungszeichen. Andere glaubten, es solle ihren Gegnern Angst einjagen. Doch der Kapitän vermutete, dass es damit eine tiefere Bewandtnis hatte. Schließlich war der Admiral ein mächtiger Hexer, zweifellos der mächtigste, den die Welt je gesehen hatte. Daher war es nicht unwahrscheinlich, dass das Symbol irgendeine magische Kraft besaß. Vielleicht war
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