Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers
Entscheidung, jemand
anderen zu heiraten, vielleicht mehr mit ihr selbst zu tun hatte als mit seiner Person.
Doch Ted war nach wie vor überzeugt: Wenn er größer, attraktiver oder reicher gewesen wäre, dann hätte er Sally für sich «gewonnen». Ich stimmte ihm zu. Wenn wir uns in einen anderen Menschen verwandeln könnten, dann würden wir natürlich anziehend auf Leute wirken, die diesen Typ Mensch mögen. Aber vielleicht ist es besser für uns, jemanden zu finden, der uns so, wie wir jetzt sind, attraktiv findet. «Sagen wir, Sallysjetziger Ehemann ist ein Apfel, und du bist eine Apfelsine», schlug ich ihm vor. «Du hast doch sicher Verständnis dafür, daß manche Frauen lieber Äpfel essen und andere vielleicht lieber Apfelsinen, nicht wahr?»
«Ja, sicher.»
«Dann hältst du es also auch für möglich, daß Sallys Entscheidung, nach Europa zu gehen und Bob zu heiraten, nicht unbedingt etwas über deinen Wert als Mensch aussagt?»
«Na ja, wahrscheinlich hast du recht», lächelte Ted. «Aber das nächste Mal werde ich mir eine Frau suchen, die Apfelsinen mag.»
Ich erzählte Ted, mir sei schon vor vielen Jahren, während meines Studiums, aufgefallen, daß ich in punkto Frauen einen anderen Geschmack hatte als manche meiner Freunde. Dem einen gefielen kleine Frauen, dem anderen große. Der eine mochte Mädchen mit zierlicher, beinahe knabenhafter Figur; der andere hatte eher etwas für kurvenreiche Figuren übrig. Einer meiner besten Freunde liebte nur Frauen, die ihm intellektuell unterlegen waren; ich dagegen hatte eine Vorliebe für ausgesprochen intelligente Frauen. Je mehr wir unseren Frauengeschmack verglichen, um so mehr Unterschiede traten zutage.
Einem meiner Freunde wurde klar, daß die Frauen, die ihm gefielen, alle seiner Mutter ähnelten, und das machte ihn ein wenig verlegen. Ein anderer mochte Frauen, die ganz anders waren als seine Mutter. Und so weiter.
Mir kam in den Sinn, daß dann Frauen ebenso ihre Vorlieben haben – daß es stets Frauen geben würde, denen ich auf jeden Fall gefiel, egal, was ich tat, und auch Frauen, die sich auf keinen Fall zu mir hingezogen fühlten, egal, was ich tat. Und ich brauchte das
gar nicht persönlich zu nehmen. Für welchen Mann diese Frauen sich entschieden, lag in ihrem Wesen begründet, nicht in meinem.
Ich unterhielt mich noch eine Weile mit Ted, und er analysierte seine psychischen Wunden und durchschaute einige seiner Interpretationen und Ansichten über das Geschehene. Ihm wurde klar, wie diese Deutungen sich auf sein Selbstwertgefühl ausgewirkt hatten.
Durch Selbstanalyse können wir uns klarmachen, welchen Einfluß unser Denken auf uns hat. Doch viele Menschen verbringen die Hälfte des Tages damit, ihre Probleme zu analysieren, und die andere Hälfte damit, sie zu dramatisieren. Dadurch verändert sich im Grunde nichts, denn sie analysieren nur die äußeren Ereignisse. Erst wenn wir erkennen, daß unser Denken für unsere Wahrnehmungen und Schmerzen verantwortlich ist, hören wir auf, der Welt und unseren Mitmenschen die Schuld zu geben, und fangen an, vor der eigenen Haustür zu kehren.
Doch die Analyse ist noch nicht der letzte Schritt. Sie ist nur eine Möglichkeit für das Bewußte Selbst, aus einem Ereignis etwas zu lernen. Das Bewußte Selbst mag das, was geschehen ist, vielleicht schon lange analysiert, «verstanden» und gelöst haben. Doch um dem Basis-Selbst bei der Befreiung von der emotionalen Belastung zu helfen, unter der man immer noch leidet, obwohl das Ereignis gedanklich bereits akzeptiert wurde, muß man die Erfahrung innerlich noch einmal an sich vorbeiziehen lassen und sie jetzt objektiv sehen und durchleben. Wenn wir von einem emotional besetzten Ereignis den subjektiven Teil – unsere gedanklichen Assoziationen, Sinngebungen und Überzeugungen – sozusagen «einkochen lassen», dann bleibt nur noch das objektive, schmerzfreie Ereignis übrig.
Danach ist uns nicht nur wohler zumute, sondern es wird auch unwahrscheinlicher, daß wir dasselbe Verhaltensmuster in Zukunft wiederholen, weil wir sowohl bewußt aus dem Ereignis gelernt wie auch die unbewußten Anteile verarbeitet haben.
Die wahre Geschichte
Ich hatte Ted ja gebeten, zu erzählen, was tatsächlich passiert ist, ohne seine subjektiven Hinzufügungen, kurz und bündig und
aufgrund dessen, was man mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen kann. Das hörte sich so an:
«Sally, meine Verlobte, klingelte an meiner Wohnungstür, wollte aber nicht
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