Die Goldhaendlerin
burgundischen Freund die Stadt zu zeigen.«
Redonzo schien nicht viel von Bankiers zu halten, denn er maß Lea mit einem verächtlichen Blick und schien sich zu fragen, wieso ein spanischer Grande sich mit einem so unbedeutenden Wesen abgab.
Medicaneli schien seine Gedanken lesen zu können. »Ihr solltet die Macht der Bankleute nicht unterschätzen, Redonzo. In ihren Truhen liegt mehr Geld als in denen der Könige und Kaiser. Man sagt, Don Carlos von Burgund habe seine Tochter Marie nicht zuletzt deswegen dem Habsburger Maximilian zur Gemahlin gegeben, weil sich dessen Bankiers als großzügiger erwiesen als jene seines französischen Konkurrenten.«
Man konnte sehen, dass das über den Horizont des Hauptmanns ging. Er blickte sich hastig um und bat den Herzog, sich verabschieden zu dürfen, da er den Angriff leiten müsse. Medicaneli gestattete es gnädig und lenkte seinen Rappen ein wenig zu Seite. »Es wäre besser, wenn Ihr Cereza fester am Zügel nehmt, Saint Jacques. Es wird gleich etwas laut werden.«
Lea befolgte den Rat, ohne die Augen von den Soldaten zu lassen, die den Hang bis fast zur Hälfte hinabstiegen, dort stehen blieben und ihre Arkebusen schussfertig machten. In dem Moment waren die Straßen Granadas wie leer gefegt. Einen Augenblick später öffnete sich das Tor, und der Kriegertrupp, den Lea gesehen hatte, machte einen Ausfall. Da befahl Redonzo seinen Männern zu feuern.
Es knallte ohrenbetäubend, gleichzeitig wurden die spanischen Soldaten von einer dichten Qualmwolke eingehüllt, die der Wind auf Lea zutrieb. Der Pulverdampf setzte sich beißend in Mund, Nase und Augen fest, und erst als die letzten Schwaden sich verzogen hatten, konnte Lea wieder auf Granada hinabblicken. Die Mauren hatten sich inzwischen zurückgezogen und das Tor hinter sich geschlossen.
Medicaneli zuckte verächtlich mit den Schultern. »Granada wird sich nicht mehr lange halten. Boabdil wagt es ja nicht einmal, eine einzige Kompanie angreifen zu lassen.«
»Hätte er den Angriff befohlen, wären die Soldaten dort wohl in arge Schwierigkeiten geraten und wir mit ihnen.«
Der Herzog winkte ab. »Nicht wir, sondern Boabdil, denn hinter den Hügeln warten mehrere tausend unserer Männer darauf, dass die maurischen Feiglinge endlich ihre Nasen zeigen.«
»Vielleicht wissen die Mauren das und bleiben deswegen zu Hause.«
Medicaneli maß sie mit einem grimmigen Blick. »Das ist kein ehrenhaftes Verhalten. Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, muss man kämpfen und hoffen, doch noch irgendwie zu siegen. Sonst kann man nur die Schläge hinnehmen wie ein Sklave, und wie es aussieht, hat Boabdil sich für Letzteres entschieden. Aber mich interessiert der Maure im Augenblick weniger als Ihr, Saint Jacques. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich Euch helfen soll.«
Leas Gedanken überschlugen sich. Wenn Medicaneli sie nicht unterstützte, hatte sie wertvolle Zeit verloren. Jetzt ärgerte sie sich, weil sie die letzten Wochen nicht dazu genutzt hatte, weitere Kontakte zu knüpfen. Allerdings hatte es auch kaum Gelegenheit dazu gegeben, denn bisher war keiner der anderen Gewährsleute, die Orlando ihr genannt hatte, im Kriegslager aufgetaucht. Sie wusste daher immer noch nicht, ob Baramosta sich überhaupt noch in seiner Zuflucht befand. Vielleicht lebten er und die Seinen schon längst nicht mehr, und ihr Auftrag war gescheitert.
»Ich verstehe Euch nicht, Euer Ehren. Ich habe angenommen, Orlando Terasa wäre Euer Freund.«
»Orlando ist ein Narr! Genau wie sein Vater und sein Onkel will auch er nicht einsehen, dass es für einen konvertierten Juden in Spanien nur einen Platz gibt, an dem er sicher ist, nämlich am Hof der Könige. Don Manuel und Don Rodrigo haben sich eingebildet, sie könnten genauso weiterleben wie ihre Ahnen und mit dem Handel Geld verdienen. Damit haben sie solch fanatischen Kreaturen wie Montoya und seinem Anhang aber erst die Möglichkeit gegeben, gegen sie vorzugehen.«
Lea holte tief Luft. Orlando war Jude – das war alles, was sie den Worten des Herzogs zunächst entnahm. Wie blind war sie gewesen! Sie hatte Tage und Wochen in seiner Gesellschaft verbracht, und es war ihr nicht aufgefallen. Zwar hatte er gelegentlich Schweinefleisch gegessen, aber nur in Gesellschaft fremder Menschen, in der er das Angebot des Wirts nicht hatte zurückweisen können, ohne sich verdächtig zu machen. Sein Wissen über jüdische Bräuche und die Leichtigkeit, mit der er mit konservativen Juden vom
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