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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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durchhängenden Rücken und ihren schadhaften Fellen erblickte, musste davon überzeugt sein, dass die elenden Geschöpfe jeden Augenblick zusammenbrechen konnten, aber es steckte genug Kraft in ihnen, den Wagen tagelang von Ort zu Ort zu ziehen.
    Jakob Goldstaub war reicher als die meisten Reisenden, die in prachtvollen Kaleschen mit Sitzkissen aus Brokat und goldverzierten Wappenbildern an ihm vorbeizogen, stolz auf ihre Vierergespanne aus gemütlich trabenden Brabantern oder windschnellen spanischen Rossen, doch ein Jude, der halbwegs unbehelligt bleiben wollte, durfte nichts von seinem Wohlstand zur Schau stellen.
    Gerschom, der Leibdiener, der auch als Kutscher fungierte, klopfte auf das Wagendach. »Wir sind gleich da, Herr!«
    Die Ankündigung weckte Jakob Goldstaubs jüngeren Sohn Elieser, Er schreckte hoch, entdeckte die Stadtmauern vor sich und versuchte sofort, Lea von ihrem Platz zu verdrängen, um mehr sehen zu können. Der schlanke Knabe mit großen, dunklen Augen und zierlichen Schläfenlöckchen, die noch keine Schere berührt hatte, war drei Jahre jünger als Lea. Er platzte beinahe vor Stolz, weil sein Vater die Reise seinetwegen unternahm, und wollte sich von seiner älteren Schwester, die lange Zeit Mutterstelle an ihm vertreten hatte, nichts mehr sagen lassen. Er würde bald ein Mann sein, das hatte er ihr vor der Abreise deutlich gemacht, und weil sie nur ein Mädchen war, hatte sie ihm zu gehorchen.
    Da Lea ihm den Platz am Fenster nicht sofort abtrat, versetzte er ihr einen Schlag. Es juckte ihr in den Fingern, ihm dafür eine Ohrfeige zu verpassen, aber sie traute sich nicht, denn ihr Vater würde sie heftig tadeln und einen Satz aus den heiligen Schriften zitieren, der Elieser in seinen Unarten eher noch bestärkte. Daher glitt sie mit verbissener Miene in die Mitte der Bank, um Elieser die Aussicht zu überlassen, und fragte sich bitter, warum sie immer hinter ihren Brüdern zurückstehen musste. Um ihretwillen, dachte sie verärgert, würde ihr Vater keine Reise antreten.
    Da die jüdische Gemeinde in Hartenburg zu klein war, um das Bar-Mizwa-Fest für Elieser so feiern zu können, wie es vorgeschrieben war, musste Jakob Goldstaub ihn nach Sarningen bringen, denn die Judengemeinde dieser Stadt besaß eine Synagoge und war groß genug, um jederzeit die vorgeschriebene Mindestzahl von elf erwachsenen Männern zusammenbringen zu können. Seit Jakob Goldstaubs Vater sich in Hartenburg angesiedelt und das erste Mal die Synagoge in Sarningen besucht hatte, zählten die dortigen Juden die Familie Goldstaub zu ihrer Gemeinde, und das Familienoberhaupt nutzte jede Gelegenheit, seine Glaubensbrüder dort aufzusuchen und mit ihnen zu beten.
    Samuel, Jakob Goldstaubs ältester Sohn, begleitete seinen Vater seit seiner Bar-Mizwa regelmäßig nach Sarningen und interessierte sich kaum noch für die Aussicht aus dem Fenster. Daher amüsierte ihn der Streit zwischen Lea und Elieser, während Rachel, die jetzt schon versprach, eine Schönheit zu werden und sich wie eine empfindliche Pflanze gab, die Nase rümpfte und den beiden den Rücken zuwandte. Von ihrem Platz aus hatte sie einen weiten Blick über die von Pappeln gesäumte Sarn und die Weizenfelder, deren Grün bereits dem ersten goldenen Schein des reifenden Getreides wich.
    Als die Straße eine weitere Kurve machte, zeigte Rachel hinaus. »Gleich sind wir beim Tor. Ich kann schon die Gasse dahinter erkennen.«
    Elieser rutschte unruhig auf seinem Platz herum. »Ist das riesig! Viel größer als die Hartenburger Tore. Seht ihr den schwarzen Vogel auf goldenem Grund dort oben in der Mitte?«
    »Das ist der Reichsadler. Er zeigt an, dass Sarningen als freie Reichsstadt nur dem Kaiser allein verantwortlich ist«, klärte Jakob ben Jehuda seinen jüngeren Sohn lächelnd auf. Lea kniff die Lippen zusammen. Wenn sie etwas wissen wollte, überhörte der Vater zumeist ihre Fragen oder tadelte sie sogar, weil es sich nicht gehörte, dass ein Mädchen Wissbegier zeigte, Elieser hingegen erhielt jedes Mal eine Antwort. Lea fragte im Stillen Gott, warum sie als Mädchen so wenig galt, beantwortete sich das jedoch wie gewohnt selbst. Gott hatte Adam als Erstes geschaffen und Eva nur aus dessen Rippe gemacht. Deswegen war es eine Sünde, wenn sie sich über die Bevorzugung ihrer Brüder beklagte. Gerade als ihr Vater Elieser eine weitere Erklärung geben wollte, hielt der Wagen an. Ein Torwächter steckte den Kopf herein. »Wer seid ihr?«
    Seine Stimme klang so

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