Die Goldhaendlerin
Schlag eines Ruben ben Makkabi umgegangen war, hätten ihr die Augen öffnen müssen.
Eigentlich sollte sie sich über diese Nachricht freuen, stattdessen aber benötigte sie alle Kraft, die sie aufbringen konnte, um nicht in Tränen auszubrechen. Nun würde sie sich in Orlandos Gegenwart noch mehr in Acht nehmen müssen, damit er ihr wahres Geschlecht nicht entdeckte, oder besser noch ihn für immer meiden. Jüdische Männer achteten sorgfältig darauf, dass ihre Frauen keinen Fingerbreit von Sitte und Brauch abwichen, und ein Mädchen, das sich für einen Mann ausgab, war nicht nur in Rachels Augen ein Gräuel vor dem Herrn.
Medicaneli sah sie scharf an. »Passt es Euch nicht, was ich über Terasa gesagt habe, oder wusstet Ihr nicht, dass er ein Converso ist? Ich hoffe, Ihr steht noch zu Eurem Plan, Saint Jacques, denn ich habe mich gerade entschieden, Euch beizustehen. Doch sagt Orlando Terasa de Quereda y Cunjol, es ist das letzte Mal gewesen, und nennt ihm auch meinen Preis für diese Unterstützung. Er hat hier in Spanien viel Geld von geflohenen Juden und Conversos verborgen, das er für seine Pläne benutzen will. Aber dieses Geld hätten Ihre Majestäten für den Feldzug gegen Granada gut gebrauchen können, und es ist mein Wille, dass es den vereinigten Reichen Spaniens zugute kommt. Unter dieser Bedingung bin ich bereit, Euch zu unterstützen.«
Lea überlegte scharf, was sie antworten sollte. Darauf hatte Orlando – oder vielmehr Don Orlando – sie nicht vorbereitet. Ihr Quälgeist war also nicht nur ein konvertierter Jude, sondern überdies noch ein Mann von Stand, ein Adliger, dem ein Herold vorangehen durfte, um seinen Wappenschild zu tragen. Jetzt wunderte es sie nicht mehr, dass er mit einem Souverän wie dem Herzog von Burgund beinahe wie von gleich zu gleich umgegangen war, während sie selbst wie ein Häufchen Elend daneben gesessen und sich an das andere Ende der Welt gewünscht hatte. Medicaneli schnaufte verärgert. »Ihr zögert mir zu lange mit einer Antwort«
»Verzeiht, Euer Gnaden, aber Ihr seht mich verblüfft. Wie kann es sein, dass ein Jude in diesem Land in den Adelsstand erhoben wurde?«
»Als Jude gewiss nicht!«, spottete der Herzog. »Orlando Terasas Großvater entsagte dem mosaischen Glauben und ließ sich taufen. Als eifriger Diener König Juans II. wurde er später in den Adelsstand erhoben, und Orlando würde heute zu den Granden Kastiliens zählen, hätte Don Manuel, sein Vater, nicht die Tochter eines heimlichen Juden zum Weib genommen und wäre wieder ein Händler geworden.«
»Ihr seid doch auch der Nachkomme eines konvertierten Juden.« Diesen Pfeil musste Lea einfach abschießen. Medicaneli lächelte immer noch, aber nun wirkte es hochmütig.
»Meine Großmutter war Jüdin. Sie starb bei der Geburt meiner Mutter, und mein Großvater, der sehr an ihr gehangen hatte, wurde daraufhin Christ. Da seine Tochter ein reiches Erbe zu erwarten hatte, warb mein Vater um sie und führte sie heim. Doch seid versichert, Saint Jacques, dass in meinen Adern das edelste Blut Spaniens fließt und keine jüdischen Irrlehren mich davon abbringen können, meinem Vaterland mit aller Kraft zu dienen.«
Aus diesen Worten sprach eine schier grenzenlose Verachtung. Um den Herzog nicht zu erzürnen, äußerte Lea sich nicht dazu, sondern kehrte zu seiner Forderung zurück. »Ich wusste nicht, dass Orlando noch so viel Geld in Spanien verborgen hält.«
»Aber es ist so. Dieses Geld ist der Preis für meine Hilfe.«
»Ich werde Eure Forderung Orlando überbringen und ihn bitten, sie zu erfüllen.«
»Gebt mir Euer Ehrenwort, dass das Geld in die Hände Ihrer Majestäten kommt. Orlando wird sich daran halten.«
Lea nickte dem Herzog kurz zu. »Mein Wort habt Ihr. Ich werde alles daransetzen, das Gold in die Hände des Königspaars gelangen zu lassen. Könnt Ihr mir nun sagen, was Ihr über Baramosta wisst? Befindet er sich noch in Freiheit?«
»Freiheit ist nicht ganz das richtige Wort. Er versteckt sich noch immer im Kloster San Juan de Bereja, aber seine Häscher liegen keine tausend Schritt entfernt auf der Lauer.«
Lea bohrte nach. »Wo genau befindet sich das Kloster, und wie kann man ihn von dort wegholen?«
»Das Kloster liegt etwa zehn Léguas nordwestlich von Alicante in der Nähe der Stadt Almansa. Gewöhnt Euch besser an den Sattel, denn Ihr werdet einige Tage reiten müssen, um dorthin zu kommen. Wie Ihr Baramosta von dort wegbringt, bleibt Eurer Findigkeit überlassen.
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