Die Gottessucherin
Amtsgeschäften die Kriege führen konnte, die der Zusammenhalt seines riesigen Reiches erforderte.
»Wisst Ihr, dass mein Bruder Euch hasst?«, fragte sie, als sie ihren Gast endlich empfing.
Die harsche Begrüßung verschlug Cornelius Scheppering für einen Moment die Sprache.
»Der Kaiser hält Euch für einen verblendeten Eiferer, der unfähig ist, zwischen den Notwendigkeiten des Glaubens und den Notwendigkeiten der Politik zu unterscheiden.« »Ich habe mein Leben dem Herrn geweiht«, erwiderte Cornelius Scheppering.
»Genau darum habe ich Euch rufen lassen.« Mit einer Handbewegung forderte sie ihn auf, Platz zu nehmen. »Ich brauche Eure Hilfe. Die Marranen werden täglich dreister. Vor unserer Nase schleusen sie Tausende ihrer Angehörigen in unser Land, allen voran Diogo Mendes, der sich wie der heimliche König von Antwerpen aufführt. Wir müssen etwas dagegen unternehmen. Ich habe meinen Mann an die Muselmanen verloren. Ich will jetzt nicht mein Land an die Juden verlieren.« »Erlaubt Ihr mir ein offenes Wort, Königliche Hoheit?«
»Ich bitte darum.«
Cornelius Scheppering setzte sich. Obwohl Maria eine weiße Haube trug, die wie bei einer Nonne Stirn und Wangen umrahmte, sah ihr Gesicht noch härter und abweisender aus als auf dem Bild im Vorzimmer. Ihr Blick dagegen wirkte weder leer noch kalt, sondern erfreulich fest und entschlossen. Cornelius entschied, es darauf ankommen zu lassen. »Der Kaiser ist selbst schuld«, erklärte er ohne Umschweife. »Wie soll man den Juden das Handwerk legen, wenn der Converso-Kommissar mit ihnen unter einer Decke steckt?« »Das habe ich meinem Bruder auch gesagt. Angeblich war dieser Aragon vor zwei Jahren sogar Ehrengast auf der Hochzeit von Diogo Mendes.« »Qualis dominus, talis servus.« »Ich verstehe kein Latein.«
»Wie der Herr, so 's Gescherr«, wiederholte Cornelius Scheppering auf Flämisch. »Wenn Aragon ein doppeltes Spiel treibt, so folgt er darin nur dem Beispiel des Kaisers. Zwar hat Euer Bruder die Inquisition in Portugal durchgesetzt, aber in seinem eigenen Haus lässt er das Glaubensgericht nicht zu, aus elender Profitmacherei. Statt alle Macht in den Dienst der Religion zu stellen, versucht er, die Religion für seine Geldgier zu missbrauchen. Und das in einer Zeit, da der verfluchte Martin Luther von Deutschland aus den katholischen Glauben bedroht.« »Das sind schwere Anschuldigungen.« »Kennt Ihr Gracia Mendes?« »Mynheer Diogos Frau?«
»Seine Schwägerin. Eine Wiedergeburt des Teufels. Von ihrem Beichtvater weiß ich, dass sie sich weigert, beim Sündenbekenntnis niederzuknien. Sie ist die treibende Kraft hinter allem.« »Warum nimmt man sie dann nicht fest? Die Marranen sind getauft. Sie müssen ihre Christenpflichten erfüllen.« »Leider nur dem Schein nach. Der Papst hat die ganze Familie entbunden, zum Dank für fünfzigtausend Dukaten, die Diogo Mendes für den Hauptaltar von Sankt Peter gestiftet hat. Und damit nicht genug, hat der Heilige Vater ihm und seinen Angehörigen das schriftliche Privilegium ausgestellt, dass sie zu Hause die Messe hören dürfen.«
»Das heißt, sie können ungestört ihren widerlichen Götzendienst betreiben?«
»Sie haben sogar die Erlaubnis, an Fastentagen Fleisch zu essen - sie brauchen nur die Verschreibung eines Arztes. Immer wieder habe ich in den vergangenen Jahren dagegen protestiert, ich bin Eurem Bruder durch halb Europa nachgereist, doch er weigert sich, mich zu empfangen. Das Papstrecht stehe über dem Kaiserrecht, hat er mir durch seinen Beichtvater in Brügge ausrichten lassen.«
»Was sollen wir Eurer Meinung nach tun?« »Der Kaiser muss seine Politik ändern. Von Grund auf. Das doppelte Spiel muss ein Ende haben, ein für alle Mal. Nur dann können wir unser Land vor den Juden retten.« »Mein Bruder wird seine Politik nicht ändern, es sei denn, es wäre für ihn von Vorteil. Seine Kriege kosten ein Vermögen. Ohne das Geld der Juden kann er sein Heer nicht bezahlen.« »Wenn Euer Bruder nicht freiwillig tut, was Gott von ihm verlangt, dann müssen wir uns in den Dienst der Vorsehung stellen und ihn dazu zwingen.«
»Nichts wäre mir lieber als das. Aber wie stellt Ihr Euch das vor?«
Cornelius sah die Regentin an. Unter seinen Ordensbrüdern ging das Gerücht, niemand anderes als diese Frau habe den Kaiser vor Jahren gedrängt, für seinen Sieg gegen die Türken vom Papst die Einsetzung der Inquisition in Portugal zu verlangen. War sie seine Verbündete, von Gott
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