Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
und kam nicht weiter, weil der Krieger ihm seinen Sohn überreichte.
»Fürst, heute wird Eure Aufgabe darin bestehen, für
Caelum das Kindermädchen zu spielen. Denn meine
Gemahlin und ich wünschen, daß mein Erbe in der ersten
Reihe reitet. Davon abgesehen, Magariz, werdet Ihr bald
mit einem eigenen Sohn gesegnet sein, und da kann es
nicht schaden, Euch schon einmal in Umgang mit Säuglingen zu üben.«
»Axis!« rief Belial. »Wollt Ihr uns nun endlich in das
einweihen, was Ihr und Aschure Euch überlegt habt?«
Das Lachen auf den Lippen des Kriegers erstarb. »Wir
haben Euch lange genug hingehalten und unseren Spaß
mit Euch getrieben. Das habt Ihr eigentlich nicht verdient, und dafür entschuldigen wir uns. Setzt Euch nun
mit uns ans Feuer und legt Eure Rüstungen wieder ab.
Gebt den Befehl an alle Abteilungen weiter. Meine Soldaten sollen sich nun mit einem üppigen Frühstück stärken, denn ich werde erst am Vormittag das Schlachtfeld
betreten. Die Kämpfer sollen nur soviel Panzerung anlegen, daß sie in der Sonne funkeln, wie es sich für die
Männer des Sternenmanns gebührt.«
Und als dann alle ihren Platz am Feuer eingenommen
hatten, erläuterten der Krieger und seine Gemahlin ihnen
ihren Schlachtplan.
Eine Stunde vor Mittag ritten sie an den Ruinen der Stadt
Gorken und der gleichnamigen Festung vorbei. Die
Männer bewegten sich in geschlossener Formation, und
die Ikarier flogen ein Stück hinter ihnen am Himmel.
Axis schüttelte sich bei der Erinnerung an all die braven
Soldaten, die er vor Jahren hier verloren hatte. Doch
dann zwinkerte er Caelum zu, der vor Magariz im Sattel
saß. Wie der Krieger es verlangt hatte, hatte der Fürst
sich des Großteils seiner Rüstung entledigt und trug nur
die Brustplatte, die in den Strahlen der hellen Sonne
glänzte. Ohne die hinderliche Panzerung fand sich im
Sattel auch ausreichend Platz für den Knaben. Caelum
wirkte sehr aufgeregt darüber, in seine erste Schlacht
ziehen zu dürfen. Seine Wangen hatten sich gerötet, und
seine Augen blickten hell und klar. Er war ganz in blaugetupften weißen Pelz gekleidet, der seine Haut ausreichend vor dem kalten Wind schützte.
Axis sah zur anderen Seite. Dort ritt seine Gemahlin mit
den Hunden in geordneten Reihen, und ihr folgte Belial.
Der Leutnant hatte längst seine gewohnte gute Laune wiedergewonnen. Während des Rittes plauderte er angeregt mit
Aschure darüber, welche Öle man am besten einem Feuer
zugebe, um das Eisen von Pfeilspitzen zu härten.
Hinter der Burg schwenkte Axis mit seiner Kolonne
nach Norden. Das Schnauben und Stampfen der Pferde,
das Klirren von Gerät und Waffen und das helle Klingeln
der Rabenbunderglöckchen wärmten ihm das Herz. Er
wußte, daß seine Armee ein hervorragendes Bild abgab,
und er hoffte, daß Timozel bei diesem Anblick etwas
unbehaglich wurde.
»Gorkenpaß«, murmelte er leise und trieb Belaguez zu
einem schnelleren Trab an.
Timozel saß in seiner Höhle, verfolgte den Anmarsch …
und lachte.
»Was für ein närrischer, verblendeter Krieger«, höhnte
er, während er den Anblick mit seinem Herrn teilte.
»Seht nur, wie Axis für alle erkennbar seinem jämmerlichen Haufen voranreitet. Sie marschieren geradewegs auf
uns zu – und damit in den sicheren Tod. Schaut doch, sie
haben nicht einmal die Beinschienen angelegt … und
auch die Helme nicht unter dem Kinn festgebunden!«
Dann sorgt dafür, Feldherr, daß Ihr ihnen diesen sicheren Tod auch bereitet. Ich hin der Spielchen nämlich müde, die der Krieger und seine Hexe mit uns treiben.
Welche Hexe? fragte sich der Jüngling, zerbrach sich
aber nicht lange den Kopf darüber. Gorgrael schien sich
ja sehr mit dieser Frau mit dem auffallend schwarzen
Haar zu beschäftigen – jetzt entdeckte Timozel sie auch,
wie sie neben Axis ritt –, aber sollte sein Feind doch mit
seiner Schlampe ins Feld ziehen. Dann hätten die Seinen
eben heute abend eine Mahlzeit mehr.
Doch dann verging dem Jüngling das Feixen.
Jeder gute Feldherr würde seine Truppen nun aufteilen
und anrücken lassen – um sämtliche gegnerischen Verbände beschäftigt zu halten und eine Schwachstelle zu
finden. Timozel hatte seine Bataillone breit und dicht
gestaffelt fünf Meilen tief am Ende des Passes antreten
lassen. Axis aber ließ seine Soldaten in einer jeweils langen Kolonne an den Seiten des Passes entlangmarschieren – und die Mitte blieb frei. Kein vernünftiger General
wäre auf eine solche
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