Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
nach mehr, mehr, mehr.
In der Eisfestung aber kreischten die jeweils neun
Jungen der Greifen ebenso lusterfüllt … und starben auf
die gleiche Weise. Sie lösten sich einfach auf, bis nichts
mehr von ihnen übriggeblieben war.
Zwischen den zuckenden und sich windenden Leibern
der Himmelsbestien schritten die Vogelmenschen einher
und versenkten ihre Pfeile in ihnen. Und jedesmal, wenn
eine Greifin ihr Leben aushauchte, taten dies auch ihre
neun Jungen in der Eisfestung. Zusammen mit ihrer Mutter schrien sie in höchster Ekstase, ehe sie vollständig
vergingen.
Der Zerstörer brüllte so laut er konnte in Timozels Gedanken: Macht diesem Wahnsinn ein Ende! Jetzt! Sofort!
Auf der Stelle! Los, Mann!
Timozel wand sich ebenfalls, aber nicht vor Lust wie
die Bestien, sondern vor Entsetzen über das Gezeter seines Herrn. Er riß sich aber schließlich zusammen und
befahl den Skrälingen, vorwärts zu stürmen.
Doch als die Kreaturen gegen die Vogelmenschen anrückten, explodierte der Schnee vor ihnen, und mächtige
Eisbrocken schossen senkrecht in den Himmel. Kreischend prallten die Skrälinge zurück. Sie würden nie
vergessen, wie viele ihrer Kameraden in den Fluten des
plötzlich aufgebrochenen Eises des Azle untergegangen
waren, und keinen von ihnen gelüstete es, ein ähnliches
Schicksal zu erleiden. Selbst die Skräbolde, die über ihren Scharen flogen, vergaßen, die Geister weiter anzutreiben. Zu sehr waren sie erfüllt von ihrem Entsetzen
über den Tod der Greifen und den Eisspeeren, die nun
drohend am Himmel hingen.
Axis saß derweil tief in Gedanken versunken auf seinem Streitroß. Er erzeugte nur ein Trugbild, und nicht
einmal ein besonders aufwendiges. Aber Eis und Wasser
reichten allemal aus, die Skrälinge in Angst und Schrekken zu versetzen. Und das Bild von den Himmelsbestien,
die sich lustvoll stöhnend freiwillig auf den Rücken legten, um sich dann mehrfach erstechen zu lassen, überzeugte sie davon, daß hier übermächtiger Zauber am
Werk sei.
Hinter dem Krieger sah die Armee staunend zu. Niemals hatten die Soldaten erlebt, wie ein Gegner sich so
ohne Gegenwehr abschlachten ließ.
Aschure stand unbewegt mit dem Pfeil in der Hand da.
Die Himmelsbestie vor ihr war tot, das Fleisch fiel von
ihren Knochen und kehrte zu seinem Ursprung zurück zu
den Gräbern, aus denen es stammte. Die Dunkle Musik,
die sie geschafften hatte, hatte sie wieder verlassen. In
kürzester Zeit hatte die Bestie sich vollständig aufgelöst.
Die Jägerin hob den Kopf. Die Luftkämpfer hatten
sich bis zu den hintersten Reihen der Greifen vorgearbeitet. Nur wenige ihrer Gegner wanden sich noch lustvoll
und in Erwartung der verheißenen höchsten Erfüllung. So
wie ihre Schwestern boten sie nur zu bereitwillig den
zustoßenden Pfeilen ihre weichen Bäuche dar.
Gorgrael fiel auf die Knie und umklammerte mit beiden
Händen die Türpfosten.
Vor ihm lag ein Gang voller Blut und sonst nichts.
Sein gesamter Greifenschwarm, seine Familie … alle
dahin und vernichtet. Nicht ein Fetzen ihres Fleisches
war noch da, aus dem er eine neue Gruppe hätte schaffen
können. Blut allein besaß für ihn keinen Nutzen. Gorgrael brauchte die graue Materie, den Grundbestandteil
für Fleisch. Aber davon war ihm nichts geblieben. Vermutlich war alles zurückgekehrt zu den uralten Greifengräbern. Und so weit reichte seine Macht nicht, sie von
dort zurückzuholen.
Aber so weit dachte Gorgrael in diesem Moment gar
nicht. Er preßte das Gesicht auf den Boden, legte die
Arme über den Kopf und wimmerte hemmungslos.
Weinte um den Verlust seiner Freunde, seiner Kinder, die
ihn für immer verlassen hatten.
Und so wandte sich der Zerstörer ganz seiner Trauer
zu. Schon, um nicht auch noch den Untergang seiner
Skrälinge mitansehen zu müssen.
Endlich richtete Dornfeder sich wieder gerade auf und
sah sich um. Sein rechter Arm war bis zum Ellenbogen
mit Greifenblut beschmiert, und er blickte zufrieden um
sich. Aschure winkte, und der Geschwaderführer rief
seine Luftkämpfer zusammen. Wenig später befand sich
die Armada wieder in den Lüften und kehrte zu den hinteren Linien der Armee des Sternenmanns zurück. Sie
hatten ihre Arbeit getan, und jetzt bestand ihre Aufgabe
nur noch darin, sich aus dem Kampf herauszuhalten.
Axis ließ den Blick über seine Reihen wandern. Waren
alle bereit?
Ja, stellte er erleichtert fest und suchte seine Gemahlin.
Aschure war ganz allein auf dem Paß. Das einzige,
was noch an die
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