Die große Flut
nicht, daß in meinem Zelt auch nur einer zur Reue bereit ist. Alle sind bloß wütend.«
Noah sagte: »Wir müssen ihnen eine letzte Möglichkeit geben.«
Als Japheth und O-holi-bamah vor dem großen Regen warnend die Oase durchstreiften, wurden sie verlacht und angespuckt. Japheth kam mit einer klaffenden Wunde in der Wange zurück; jemand hatte im Zorn einen Stein nach ihm geworfen.
Selbst die beiden älteren Töchter von Noah und Matred und deren Männer wurden böse. Sie lachten über Japheths Warnung und klagten, daß man wegen Noahs verrücktem Gebaren nun auch sie für verrückt hielte. Seerah warf ihnen die Maisschüssel nach und fuhr O-holi-bamah an: »Laß mich in Ruhe. Und komme nur ja meinen Kindern nicht zu nahe, du Nephil-Balg.«
Japheth legte schützend den Arm um seine Frau und zog sie fort.
Hoglahs Mann drohte, er werde sie allesamt erdrosseln, wenn sie weiterhin in der Oase das Gerücht von Flut und Untergang verbreiteten. »Das fällt nur auf uns zurück«, sagte er. »Seht ihr denn nicht, wie sehr ihr uns zu Narren macht? Warum behält Noah seine Dummheiten nicht für sich?«
Japheth und O-holi-bamah verließen die Oase, um den Rückweg abzukürzen. Als sie die Wüste erreicht hatten, begann O-holi-bamah plötzlich leise zu weinen.
Japheth blieb stehen, nahm sie in die Arme. »Was hast du?«
Sie kämpfte gegen die Tränen an. Sagte: »Wenn es stimmt, was El deinem Vater verkündete… Wenn eine große Flut kommt, dann wird unser Kind geboren, nachdem…« Ihre Stimme erstickte.
Japheths Gesicht erhellte sich. »Unser Kind?«
O-holi-bamah lehnte den Kopf an seine starke Schulter. »Unser Kind, Japheth.« Und lächelte unter Tränen. »Unser Kind!«
Das einzige Ergebnis aller Versuche, die Bewohner der Oase zu warnen, war, daß sie sich rings um Noahs Land zusammenrotteten. Der heiße Wüstenwind blies. Noahs Augen waren einzig und allein auf die Arche gerichtet. Er bemühte sich, die Spottrufe und Schmähungen zu überhören.
Matred hielt in einem Kessel Wein am Sieden und sagte grimmig: »Üblicherweise halte ich damit das Mantichora ab. Aber wenn es jetzt einer wagen sollte, meinen Mann zu bedrohen, wird er Schlimmes erleben.«
Ham schlich sich ins Zelt.
»Was machst du da?« fuhr Matred ihn an.
»Ich habe es satt, mich verhöhnen zu lassen.«
»Du gehst sofort zurück und hilfst deinem Vater«, befahl sie.
»Er hat den Verstand verloren.«
»Dein Platz ist an seiner Seite. Und an der Seite deiner Frau. Sie trägt dein Kind unter dem Herzen und ist nicht zu stolz, mitzuhelfen.«
»Kannst du ihm diesen Unsinn nicht ausreden, Mutter? Er ist kaum wiederzuerkennen. Seine Augen glühen, sein Bart ist vom Wind zerzaust, er… Sprich doch mit ihm.«
»Ich habe mit ihm gesprochen«, sagte Matred. »Geh auf der Stelle zurück.«
Zögernd trat Ham wieder hinaus in die sengende Sonne, in den beißenden Wind. Mittlerweile waren weitere Zaungäste eingetroffen.
Noahs Hände waren schwarz vom Pech, mit dem er die Bordwände der Arche bestrich.
Ein Stein wurde geworfen, verfehlte sein Ziel, prallte an den Planken ab, ohne Schaden anzurichten.
Sandy und Dennys schlenderten gelassen auf den Kreis der Umstehenden zu. Dennys glättete dabei das Brett weiter, das er in der Hand hielt, Sandy spielte mit dem Faustkeil, der ihm als Hammer diente. Jede drohende Geste erübrigte sich; die Menge wich ein paar Schritte zurück.
»Hier wirft keiner mit Steinen«, sagte Sandy unmißverständlich.
Dennys richtete sich zu voller Größe auf. »Geht nach Hause. In eure Zelte! Los!«
Gelegentlich war es vorteilhaft, daß man sie für Riesen hielt. Allmählich zerstreute sich die Menge.
Den Rücken krumm, die Arme um die Knie geschlungen, als friere sie, kauerte Yalith auf ihrem Lieblingsplatz, dem Felsen in der Wüste. Sie bemerkte O-holi-bamah erst, als sie ihre Hand auf der Schulter spürte.
»Der Zwilling Sand und… und der Zwilling Den…« Tränen erstickten Yaliths Stimme.
O-holi-bamah sprach an ihrer Stelle weiter: »… werden uns verlassen, sobald die Arche gebaut ist. Sie werden dorthin zurückkehren, woher sie kamen. Wo immer das sein mag.«
Yalith unterdrückte ein Schluchzen. »Der Zwilling Sand bat mich, mit ihnen zu gehen.«
Das überraschte O-holi-bamah. »An diese Möglichkeit hatte ich nicht gedacht.«
»Was hältst du davon?«
O-holi-bamah schaute zum Himmel empor, lauschte. Schüttelte den Kopf.
Auch Yalith hörte auf die Sterne. »Sie haben mich immer gut
Weitere Kostenlose Bücher