Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Plänezeichnungen und astronomischen Beobachtungen waren nahezu fertig. Vor der definitiven Abfahrt wollte Lapérouse indeß auch den Grund der Bai genau in Augenschein nehmen. Er vermuthete daselbst die Ausmündung eines größeren Flusses, der es ihm gestatten würde, in das Innere des Landes vorzudringen. Am Ende der Sackgasse, in die er sich hineinwagte, traf Lapérouse indeß nichts als ausgedehnte Gletschermassen, welche bis zum Gipfel des Berges Beau-Temps hinausreichten.
Bisher hatte die Expedition weder ein Unfall betroffen noch Krankheit bedroht.
»Wir sahen uns selbst, sagt Lapérouse, für die glücklichsten Seefahrer an, die so weit von Europa weggekommen waren, ohne einen einzigen Kranken, einen einzigen Fall von Scorbut zu haben. Gerade da sollte uns jedoch ein größeres und völlig unerwartetes Unglück treffen.«
Auf der von Monneron und Bernizet entworfenen Karte des »Hafens der Franzosen« waren nur noch die Ergebnisse der Sondirungen nachzutragen, womit mehrere Officiere betraut wurden. Unter dem Befehl d’Escures’, de Marchainville’s und Boutin’s liefen zu diesem Zwecke drei Boote aus. Lapérouse, der vorzüglich d’Escures’ waghalsigen Uebereifer schon von früher her kannte, empfahl demselben noch besonders, stets mit größter Vorsicht zu Werke zu gehen und die Sondirung der Einfahrt nur dann vorzunehmen, wenn das Meer daselbst nicht heftiger brandete.
Um sechs Uhr Morgens stießen die Boote ab, allem Anschein nach mehr zu einer Spazierfahrt als zu dienstlichen Zwecken, wobei man unter lauschigen Bäumen zu jagen und zu frühstücken hoffte.
»Um zehn Uhr Vormittags, sagt Lapérouse, sah ich unser kleinstes Boot zurückkehren. Etwas erstaunt, weil ich es so zeitig nicht erwartete, fragte ich Boutin, noch bevor er an Bord stieg, ob etwas Neues vorgefallen sei. Ich befürchtete zuerst einen Ueberfall der Wilden. Boutin’s Gesichtsausdruck schien mir auch nichts Gutes zu versprechen, denn seine Züge waren von Schmerz entstellt.
Er berichtete mir über einen schrecklichen Schiffbruch, dessen Zeuge er gewesen und dem er nur selbst entgangen war, weil er Ueberlegung genug behielt, gegenüber der drohenden Gefahr keinerlei Vorsichtsmaßregeln außer Acht zu lassen. Während er nämlich dem ersten Führer folgte, gerieth er mitten in die Brandung an der Einfahrt, durch welche bei der Ebbe das Wasser mit der Schnelligkeit von drei bis vier Meilen in der Stunde hinausströmte. Da fiel es ihm ein, sein Boot, um es vor dem Eindringen der Wellen zu schützen, umdrehen zu lassen, wobei ihn die Strömung immer rückwärts trieb, während er den Wogen das Vordertheil zukehrte.
Bald sah er die Brandung vor sich und befand sich also im offenen Meere, während von den anderen Booten nichts zu sehen war. Mehr auf die Rettung seiner Kameraden als auf seine eigene Bedacht nehmend, wagte er sich noch einmal in die Brandung, um vielleicht Jemand retten zu können. Trotz redlichsten Bemühens wurde er jedoch von dem Ebbestrom zurückgetrieben. Er stieg sogar auf die Schultern eines Matrosen, um eine größere Fläche übersehen zu können – vergeblich, Alles war verschlungen worden…. Boutin kehrte in der Zwischenzeit zwischen Ebbe und Fluth, bei ruhigem Wasser zurück.
Da der Seegang weniger hoch war, hegte der Officier noch immer einige Hoffnung für das biscay’sche Boot der ›Astrolabe‹, da er nur das unsrige hatte untergehen sehen. De Marchainvitte befand sich zur Zeit des Unglücks nur eine Viertelmeile von der betreffenden Stelle entfernt, in ebenso ruhigem Wasser wie in dem besten Hafen; der junge Officier eilte, getrieben durch einen etwas unklugen Edelmuth, da eine Hilfeleistung unter den gegebenen Umständen ganz unmöglich war, ohne der Gefahr zu achten, dem anderen Boote nach, drang in die furchtbare Brandung ein und kam darin, ein Opfer seines Muthes und des Ungehorsams gegen die Befehle des Chefs, ebenfalls um’s Leben.
Bald erschien dann de Langle bei mir an Bord, vom Schmerz ebenso überwältigt als ich selbst, und berichtete mit thränenden Augen, daß das Unglück noch weit größer wäre, als ich glaubte. Seit der Abfahrt hatte er es sich zum unverletzlichen Gesetz gemacht, die beiden Bruder La Borde-Marchainvitte und La Borde-Boutervilliers, niemals gleichzeitig zu einem Dienste zu verwenden, und nur bei dieser Gelegenheit ihrem Wunsche nachgegeben, zusammen fahren und jagen zu dürfen, denn wir Alle sahen den Ausflug der Boote mehr als eine Spazierfahrt an, bei der
Weitere Kostenlose Bücher