Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
François Antoine de la Roche entdeckten Insel Grande, welche Kapitän Cook Georgien taufte, passirte Lapérouse die Lemaire-Straße. Da ihn der Wind, trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit, ungemein begünstigte, verzichtete er auf einen Besuch der Bai des Guten Erfolges und beeilte sich lieber, das Cap Horn zu umschiffen, um eine möglicher Weise eintretende Verzögerung zu vermeiden, welche seine Schiffe leicht in Gefahr bringen und die Mannschaft nutzlos anstrengen mußte.
Auch das freundliche Auftreten der Feuerländer, der Ueberfluß an Walfischen, deren Ruhe hier noch Niemand gestört hatte, wie die unzähligen Schaaren von Albatrossen und Sturmvögeln, vermochten seinen Entschluß nicht zu ändern. Das Cap Horn wurde unter günstigeren Umständen umschifft, als man hoffen zu dürfen glaubte. Schon am 9. Februar befand sich die Expedition gegenüber dem Ausgange der Magelhaens-Straße und am 24. ging sie im Hafen Conception vor Anker, dem Lapérouse wegen des drohenden Mangels an Nahrungsmitteln jenem von Juan-Fernandez den Vorzug gab. Der vortreffliche Gesundheitszustand der Besatzung verwunderte den spanischen Commandanten nicht wenig. Vielleicht noch niemals war ein Fahrzeug nach Umschiffung des Cap Horn ohne Kranke nach Chili gekommen und jetzt befand sich auf beiden Fregatten nicht ein einziger.
Die im Jahre 1751 durch ein Erdbeben zerstörte Stadt hatte man am Ufer des Flusses Biobio, drei Meilen vom Strande entfernt, wieder aufgebaut. Die nur ein Stockwerk hohen Häuser gaben Conception eine ziemlich beträchtliche Ausdehnung, während es doch kaum 10.000 Einwohner zählte. Die Bai derselben ist eine der bequemsten der Welt; das ruhige Meer darin hat fast gar keine Strömung.
Dieser Theil Chilis zeichnet sich durch eine wahrhaft wunderbare Ergiebigkeit des Bodens aus. Getreide liefert hier den sechzigfachen Ertrag, der Wein gedeiht ebenso über alle Maßen und auf den Feldern tummeln sich zahllose Heerden, die sich mit erstaunlicher Schnelligkeit vermehren.
Trotz dieser günstigen Verhältnisse machte das Land doch, in Folge des jener Zeit herrschenden Prohibitiv-Systems, nicht die geringsten Fortschritte. Chili, das mit seinen Erzeugnissen halb Europa hätte ernähren, mit seiner Wolle alle Fabriken Englands und Frankreichs versehen und ungeheuere Mengen Fleisches in gesalzenem Zustand hätte verwerthen können, trieb so gut wie gar keinen Handel. Dabei erreichten auch die Einfuhrzölle eine ganz außerordentliche Höhe, weshalb das Leben daselbst ein sehr theures war. Ein Mittelstand, entsprechend unserer heutigen Bourgoisie, existirte überhaupt nicht. Die Bevölkerung zerfiel nur in zwei Classen, in Reiche und Arme, wie aus Folgendem hervorgeht:
»Die Kleidung der Frauen besteht aus einem faltigen Rocke aus jenen alten Gold-und Silberstoffen, die man ehedem in Lyon erzeugte. Diese übrigens nur bei gewissen Gelegenheiten benutzten Röcke erben wie Diamanten in den Familien fort und gehen von den Großmüttern auf die Enkelinnen über. Eine solche Kleidung können sich nur Wenige verschaffen; die Anderen wissen kaum, wie sie ihre Blöße decken sollen.«
Wir begleiten Lapérouse nicht bis in die Details seiner enthusiastischen Aufnahme und übergehen die Beschreibungen der Bälle und Toiletten, welche ihn keinen Augenblick den eigentlichen Zweck seiner Reise aus den Augen verlieren ließen. Bisher war die Expedition nur in bekannten Gegenden gesegelt, welche schon manches europäische Schiff besucht hatte. Es wurde hohe Zeit, ein dankbareres Feld aufzusuchen. So lichtete man am 15. März die Anker und am 9. April liefen die beiden Fregatten nach glücklicher Seefahrt in die Cook-Bai an der Osterinsel ein.
Laporouse führt an, daß Hodges, der Maler, der den großen englischen Seehelden begleitete, die Physiognomie der Insulaner hier sehr falsch wiedergegeben habe. Sie ist im Allgemeinen nicht unangenehm, entbehrt dagegen jedes eigenthümlichen Charakters.
Eingeborne der Osterinsel. (S. 305.)
Das ist übrigens nicht der einzige Punkt, in dem der französische Seefahrer mit Kapitän Cook nicht übereinstimmt. Er hält z.B. die berühmten Statuen, von denen einer seiner Maler eine interessante Abbildung lieferte, für das Werk der damals lebenden Generation, die er auf etwa zweitausend Seelen schätzte. Ihm schien der vollständige Mangel an Bäumen und, als nothwendige Folge davon, an Wasseransammlungen und Bächen von der sinnlosen Ausbeutung der Wälder seitens der früheren
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