Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
nur die Haare des Hinterkopfes flochten sie, aber auf andere Weise als die Chinesen, in einen acht bis zwölf Zoll langen, ›Pentsec‹ genannten Zopf zusammen. Alle trugen Stiefel von Seehundsfell mit zierlichen, nach chinesischer Mode gearbeiteten Füßen.
Ihre Waffen bestanden aus Lanzen, Bogen und eisenbeschlagenen Pfeilen. Der letzte der Insulaner, dem die Uebrigen mit allen Zeichen der Ehrerbietung begegneten, litt scheinbar schwer an den Augen. Seine Stirn bedeckte eine Art Lichtschirm zum Abhalten der grellen Sonnenstrahlen. Diese Wilden zeichneten sich durch ein ernstes, würdevolles und zutrauliches Auftreten vortheilhaft aus.«
De Langle lud sie zum folgenden Tage zu einem Zusammentreffen ein. Lapérouse und die meisten Officiere wollten dabei erscheinen. Von den Tataren erhielt man bei dieser Gelegenheit sehr wichtige Nachrichten, welche Lapérouse bestimmten, seine Fahrt weiter nach Norden auszudehnen.
»Es gelang uns, ihnen verständlich zu machen, sagt er, daß sie uns die Gestalt ihres Landes und dessen der Mandschuh beschreiben möchten. Einer der Greise erhob sich und zeichnete mit dem Ende seiner Pfeife nach Westen hin die Küste der Tatarei, welche ziemlich genau von Norden nach Süden verlief. Nach der Ostküste zu, jener gerade gegenüber, entwarf er die Grenzen seiner Insel und gab durch Auflegen mit der Hand auf die Brust zu verstehen, daß das sein Land sei. Zwischen der Tatarei und seiner Insel hatte er eine Meerenge freigelassen und deutete, auf die vom Ufer aus sichtbaren Schiffe zeigend, darauf hin, daß man durch dieselbe segeln könne. Südlich von seiner Insel zeichnete er auch noch eine andere, wiederum mit einer engen und seiner Meinung nach für unsere Fahrzeuge schiffbaren Wasserstraße.
Er bewies zwar einen großen Scharfsinn, uns zu verstehen, doch immer noch weniger als ein anderer, etwa dreißigjähriger Insulaner, der, als er sah, daß die Figuren im Sande sich leicht verwischten, einen Bleistift und Papier zur Hand nahm. Er zeichnete darauf seine Insel, die er Thola nannte, und deutete auch durch einen Strich den kleinen Fluß an, an dessen Ufer wir uns befanden, und den er, von Norden nach Süden gerechnet, an die obere Grenze des unteren Drittels verlegte.
Dann entwarf er ein Bild der Mandschurei, ließ dabei ebenso wie der Greis eine Meerenge frei und fügte zu unserem Erstaunen auch den Fluß Saghalien hinzu, dessen Namen die Insulaner fast genau so wie wir aussprachen; die Mündung dieses Flusses verlegte er ein wenig südlicher von der Nordspitze seiner Insel…
Wir wünschten nun weiter zu erfahren, ob jene Meerenge ziemlich breit sei, und bemühten uns, ihm das zu erkennen zu geben; er begriff uns, und indem er beide Hände perpendiculär und parallel zwei bis drei Zoll weit nebeneinander hielt, gab er uns zu verstehen, daß er damit die Breite des kleinen Flusses bezeichne; weiter auseinanderweichend wollte er damit die Breite des Saghalien andeuten; und als er sie denn ganz weit von einander entfernte, sollte das den Durchmesser der Meerenge darstellen, die sein Land von der Tatarei schied…
De Langle und wir hielten es für wichtig genug, uns zu überzeugen, ob die Insel, neben welcher wir hinfuhren, dieselbe sei, welche die Geographen Saghalien nannten, ohne noch deren Ausdehnung nach Süden zu muthmaßen. Ich gab also Befehl, Alles bereit zu machen, um am nächsten Morgen absegeln zu können. Die uns als Ankerplatz dienende Bai erhielt den Namen ›Langle-Bai‹, zu Ehren des Kapitäns, der sie entdeckte und hier zuerst den Fuß an’s Land setzte.«
In einer anderen Bucht derselben Küste, welche man Estang-Bai taufte, landeten unsere Boote in der Nähe von einem Dutzend Hütten. Diese waren größer als alle bisher gesehenen und auch in zwei Räume getheilt. Der hintere derselben enthielt den Herd und eine rund umlaufende Bank; die andere war vollständig leer und diente wahrscheinlich dazu, Fremde zu empfangen. Die Frauen hatten sich beim Erblicken der Franzosen geflüchtet. Zwei derselben wurden jedoch erhascht und, während man sich Mühe gab, sie zu beruhigen, sorgsam abgezeichnet. Ihr ungewöhnlicher Gesichtsausdruck erschien doch nicht unangenehm; ihre Augen waren klein, die Lippen dick und die Oberlippe gemalt oder tätowirt.
Langle fand die männlichen Bewohner versammelt um vier, mit geräuchertem Fisch beladene Barken, die sie in’s Wasser schaffen halfen. Es waren Mandschus von den Ufern des Saghalienflusses. An einer versteckten Insel
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