Die großen Vier
nahe Market Handford, in der Absicht, sesshaft zu werden.
Seine erste Handlung bestand darin, an seinen einzigen Verwandten, den Neffen Gerald Paynter, Sohn seines jüngsten Bruders, zu schreiben und ihm vorzuschlagen, in seinem neuen Heim Wohnung zu nehmen.
Gerald Paynter, ein mittelloser junger Künstler, war sehr erfreut über diesen Vorschlag und hatte bereits sieben Monate bei seinem Onkel gelebt, als das traurige Ereignis eintrat.»
«Deine Art zu erzählen ist meisterhaft», murmelte Poirot. «Es ist gerade so, als wenn statt meines Freundes Hastings ein Buch sprechen würde.» Poirots Bemerkung nur wenig Beachtung schenkend, fuhr ich in meiner Schilderung fort.
«Mr Paynter unterhielt ein gepflegtes Haus, sechs Bedienstete und seinen chinesischen Kammerdiener, Ah Ling.»
«Seinen chinesischen Diener, Ah Ling», wiederholte Poirot.
«Am letzten Dienstag klagte Mr Paynter über ein Unwohlsein nach dem Abendessen, und einer der Diener wurde fortgeschickt, um den Arzt zu holen. Mr Paynter empfing diesen in seinem Arbeitszimmer, da er sich geweigert hatte, sich ins Bett zu legen. Was zwischen den beiden vorgegangen ist, ist nicht näher bekannt, jedoch bevor Dr. Quentin seinen Patienten verließ, ließ er die Wirtschafterin zu sich bitten und sagte zu ihr, dass er Mr Paynter eine Injektion verabreicht habe, da sich sein Herz in einem sehr schwachen Zustand befunden habe. Er empfahl, ihn nicht zu stören, und begann alsdann einige ziemlich neugierige Fragen bezüglich der Dienerschaft zu stellen, wie lange sie schon im Hause tätig seien beziehungsweise woher sie stammten und dergleichen.
Die Wirtschafterin beantwortete diese Fragen zwar bereitwillig, konnte sich jedoch deren Zweck nicht recht erklären.
Am folgenden Morgen wurde eine furchtbare Entdeckung gemacht. Eines der Hausmädchen bemerkte beim Herunterkommen einen beißenden Geruch von verbranntem Fleisch, der aus dem Arbeitszimmer ihres Herrn zu kommen schien. Sie versuchte die Tür zu öffnen, diese war jedoch von innen verschlossen. Mit Hilfe Gerald Paynters und des Chinesen hatte man die Tür aufgebrochen. Mr Paynter bot einen grauenhaften Anblick. Er war vorwärts in den Gaskamin gestürzt, Kopf und Gesicht waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt.
Im Moment fand sich natürlich keine andere Erklärung als die eines grässlichen Unfalls. Wenn irgendjemand eine Schuld treffen konnte, so war es Dr. Quentin, der seinem Patienten ein Narkotikum verabfolgt und ihn in einem solch bedenklichen Zustand unbeaufsichtigt gelassen hatte. Doch dann wurde eine sehr merkwürdige Entdeckung gemacht.
Man fand eine Zeitung, die offensichtlich von Mr Paynters Knien herabgefallen war. Bei näherer Betrachtung waren undeutlich mit Tinte gemalte Worte darauf zu erkennen. Ein Schreibtisch befand sich nahe dem Sessel, wo Paynter sich gewöhnlich ausruhte, und der Zeigefinger seiner rechten Hand war bis zum zweiten Glied mit Tinte befleckt. Es war klar, dass Mr Paynter, zu schwach, eine Feder zu halten, seinen Finger in ein Tintenfass getaucht und es fertig gebracht hatte, zwei Worte quer über die Zeitungsseite zu malen – aber die Worte selbst erschienen völlig sinnlos. Gelber Jasmin – nur diese beiden Worte.
Die Mauern von ‹Croftlands› waren dicht mit Jasmin bewachsen, und man glaubte, dass Mr Paynters Bewusstsein schon getrübt gewesen war, als er die Worte niederschrieb. Die sensationslüsternen Zeitungen griffen die Geschichte auf und nahmen sie zum Anlass, diesen Fall als das ‹Geheimnis des gelben Jasmins› zu bezeichnen, obgleich aller Wahrscheinlichkeit nach die Worte gänzlich unwichtig waren.»
«Du hältst sie für unwichtig?», warf Poirot ein. «Nun, wenn du es sagst, so muss es auch wohl stimmen.»
Ich sah ihn ungläubig an, konnte jedoch keinen Spott in seinen Augen wahrnehmen.
«Und dann», fuhr ich fort, «kamen die aufregenden Enthüllungen der Leichenschau. Nun ist der Moment gekommen, wo du wahrscheinlich die Lippen spitzt, nehme ich an.
Der Verdacht richtete sich zuerst gegen Dr. Quentin. Erstens war er nicht der Hausarzt, sondern nur der Vertreter des Hausarztes Dr. Bolitho. Es stellte sich heraus, dass der Unfall auf Unachtsamkeit zurückzuführen war. Mr Paynter war seit seiner Ankunft in ‹Croftlands› etwas kränklich gewesen. Dr. Bolitho hatte ihn einige Zeit behandelt, jedoch als Dr. Quentin seinen Patienten das erste Mal sah, fielen ihm gewisse Krankheitssymptome besonders auf. Er hatte ihn nur einmal gesehen, und zwar an
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