Die großen Vier
und blickte mehrmals über die Schulter zurück. Mr Ryland betrat gerade den Garten durch die Tür des Studierzimmers, um seine Verabredung einzuhalten. Ich beschleunigte meine Schritte, um zuerst an Ort und Stelle sein zu können. Etwas außer Atem erreichte ich den Steinbruch. Niemand schien sich in der Nähe aufzuhalten, und so kroch ich in ein dichtes Gebüsch, um die Ereignisse abzuwarten.
Zehn Minuten später, als es gerade elf Uhr schlug, schlich Ryland herbei, seinen Hut tief herabgezogen und die unvermeidliche Zigarre im Munde. Mit einem flüchtigen Blick sah er sich um und verschwand in den Höhlen des Steinbruches. Kurz darauf hörte ich ein leises Murmeln sich meinem Versteck nähern. Anscheinend waren jetzt noch andere Personen an dem verabredeten Ort eingetroffen. Ich spähte in die Nacht hinaus und kroch dann vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter, aus dem Gebüsch hervor, um jedes Geräusch zu vermeiden, und arbeitete mich dem steilen Abhang zu. Nur noch ein Felsblock trennte mich von der sprechenden Gruppe. Ich fühlte mich in der Dunkelheit völlig sicher und blickte vorsichtig um die Ecke des Felsblockes und – sah direkt in die Mündung eines schwarzen, bedrohlich auf meinen Kopf gerichteten Revolvers.
«Hände hoch!», sagte Mr Ryland in unmissverständlichem Ton. «Ich habe Sie bereits erwartet.»
Er befand sich im Schatten des Felsens, so dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Dann fühlte ich die Berührung von kaltem Stahl im Nacken, während Ryland seinen Revolver senkte.
«So ist es recht, George», sagte er gedehnt, «bringe ihn hierher.»
Kochend vor Wut wurde ich an eine Stelle im Dunkel geführt, wo der unsichtbare George, den ich mit Sicherheit für Deaves hielt, mich band und knebelte. Ryland ergriff nochmals das Wort in einem Ton, den ich kaum wieder erkannte, so kalt und drohend erschien er mir.
«Dies dürfte nun das Ende von euch beiden bedeuten. Sie haben jetzt zur Genüge die Wege der Großen Vier durchkreuzt. Haben Sie schon einmal von einem Bergrutsch gehört? Vor zwei Jahren gab es hier bereits schon einen. Heute Nacht wird ein weiterer folgen, wofür ich ausgiebig vorgesorgt habe. Doch Ihr Freund scheint seine Verabredungen nicht sehr pünktlich einzuhalten.»
Ein furchtbarer Schreck durchzuckte mich. Poirot! Jede Minute konnte er eintreffen und blindlings in die Falle gehen, während ich unfähig war, ihn zu warnen.
Ich konnte nur hoffen, dass er sich entschlossen hatte, in London zu bleiben und die Angelegenheit in meinen Händen zu belassen. Sicher wäre er, sofern er die Absicht dazu gehabt hätte, bereits an Ort und Stelle.
Mit jeder Minute, die verstrich, schöpfte ich neue Hoffnung. Doch plötzlich zerrann sie in nichts. Ich hörte Schritte, zwar sehr leise, aber doch deutlich erkennbar. Eine ohnmächtige Angst überkam mich. Die Schritte näherten sich dem Wege, hielten an, und dann – erschien Poirot, seinen Kopf etwas zur Seite geneigt und scharf in das Dunkel spähend. Ich hörte von Ryland einen Ausruf der Befriedigung. Er brachte seinen Revolver in Anschlag und schrie: «Hände hoch!» Deaves sprang, wie bereits mir, Poirot in den Rücken. Der Hinterhalt war gelungen.
«Erfreut, Sie zu sehen, Monsieur Hercule Poirot», sagte der Amerikaner grimmig.
Poirots Selbstbeherrschung war einzigartig. Er verzog keine Miene, jedoch sah ich seine Augen das Dunkel durchforschen.
«Ist mein Freund hier?»
«Yes. Sie sind beide in der Falle – in den Händen der Großen Vier.»
Er lachte laut heraus.
«Eine Falle?», wollte Poirot wissen.
«Sagen Sie, sind Sie sich dessen noch nicht bewusst?»
«Ich weiß zwar, dass es sich hier um eine Falle handelt – ja», sagte Poirot ruhig. «Aber Sie irren sich, Messieurs. Sie sind es, die sich darin befinden – keinesfalls mein Freund und ich.»
«Was soll das heißen?», fragte Ryland und hob dabei seinen großen Revolver, jedoch bemerkte ich die Bestürzung in seinem Gesichtsausdruck.
«Wenn Sie schießen, begehen Sie einen Mord, der von zehn Augenpaaren beobachtet wird, und Sie werden dafür gehängt. Dieser Platz ist umzingelt, und zwar seit einer halben Stunde – durch Scotland-Yard-Leute. Sie sind schachmatt, Mr Abe Ryland!»
Mein Freund stieß einen Pfiff aus, und wie aus dem Erdboden geschossen, wimmelte es plötzlich von Menschen. Sie überwältigten Ryland sowie seinen Kammerdiener und entwaffneten sie. Nachdem er noch einige Worte zu den Yard-Leuten gesprochen hatte, nahm mich Poirot beim Arm und
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