Die großen Vier
Chinesen im Treppenhaus, jedoch der Mann, der mich mit dem Tod bedroht hatte, war nicht unter ihnen. Ich erinnerte mich später, dass dieser Mann sich im Hintergrund gehalten hatte, als man mich zwang, auf die Schwelle hinauszugehen, um Poirot ins Haus zu locken. Er hatte sich also wohl außerhalb der Gefahrenzone der Gasbombe befunden und mochte durch einen der vielen Ausgänge entwichen sein, die wir erst später entdeckten.
Von den vier Chinesen, die in unserer Hand waren, erfuhren wir gar nichts. Eine gründliche Untersuchung durch die Polizei erbrachte keinen Hinweis auf irgendeine Verbindung mit den Großen Vier. Die Gefangenen erwiesen sich als gänzlich harmlose Einwohner des Stadtteils und versicherten, niemand mit dem Namen Li Chang Yen zu kennen. Ein wohlhabender Chinese hatte sie in seinen Dienst genommen im Haus, das am Wasser gelegen war, und alle beteuerten, auch nicht das Geringste über seine Privatangelegenheiten berichten zu können. Im Verlauf des nächsten Tages hatte ich mich, abgesehen von leichten Kopfschmerzen, vollkommen von den Auswirkungen meiner Abenteuer erholt. Wir begaben uns zusammen nach Chinatown und untersuchten das Haus. Die Liegenschaft bestand aus zwei Häusern, die durch einen Tunnel miteinander verbunden waren. Die Erdgeschosse sowie die oberen Räume waren leer und unbewohnt, die zerbrochenen Scheiben verdeckt durch die Sonnenblenden. Japp hatte in den Kellerräumen herumgeschnüffelt und bereits das Geheimnis des Zutritts zu der unterirdischen Kammer, mit welcher mich so schreckliche Erinnerungen verbanden, ergründet. Eine nähere Untersuchung bestätigte den Eindruck, den der Raum zuvor auf mich gemacht hatte. Die Seidenbehänge der Wände sowie die Diwane und die Teppiche auf dem Boden waren von auserlesener Qualität. Obwohl ich nicht viel von chinesischer Kunst verstehe, konnte man unschwer erkennen, dass jeder Gegenstand von großem Wert war.
Mit Hilfe von Japp und seinen Leuten führten wir eine mehr als gründliche Untersuchung durch. Ich hatte zuerst große Hoffnungen darauf gesetzt, Dokumente von Wichtigkeit auffinden zu können, vielleicht sogar eine Liste der wichtigsten Agenten der Großen Vier, oder chiffrierte Nachrichten über deren Pläne, jedoch blieben unsere Bemühungen in dieser Richtung ohne Erfolg. Die einzigen schriftlichen Aufzeichnungen, die wir dort ermitteln konnten, waren jene, deren sich der Chinese bei der Abfassung des Schreibens an Poirot bedient hatte. Sie bestanden aus einigen sehr ausführlichen Notizen über jede Phase unseres Werdeganges, Betrachtungen über unsere Charaktereigenschaften und Hinweise auf schwache Punkte, die als beste Angriffspunkte erachtet wurden.
Poirot freute sich wie ein Kind über diese Entdeckung. Mir persönlich schien das gänzlich wertlos, besonders da derjenige, der die Bemerkungen zu Papier gebracht hatte, in einigen Punkten völlig danebengegriffen hatte. Ich wies auch meinen Freund auf diesen Mangel hin, als wir wieder in unserer Wohnung saßen.
«Mein lieber Poirot», bemerkte ich, «nun bist du im Bilde, wie unsere Gegner über uns denken. Es scheint so, als wenn man eine reichlich übertriebene Vorstellung von deinen geistigen Fähigkeiten hätte und die meinigen völlig unterschätzte, aber ich kann nicht einsehen, welchen Wert dies alles für uns hat.»
Poirot lachte in sich hinein, als ob er nicht ganz meine Meinung teilte.
«Für dich wohl etwas undurchsichtig, nicht wahr? Doch soviel steht fest, wir können unsere Vorkehrungen gegen ihre Angriffspläne besser treffen, wenn wir unsere eigenen Fehler besser kennen. Beispielsweise wissen wir jetzt, mein Freund, dass du jede deiner Handlungen sorgfältig überlegen musst, und ferner, sollte dir wieder einmal eine rothaarige Dame begegnen, die deiner Hilfe bedarf, so solltest du dabei äußerste Vorsicht nicht außer Acht lassen, nicht wahr?»
Die Aufzeichnungen hatten ebenfalls einige unzutreffende Betrachtungen über meine vermeintliche Unbeherrschtheit enthalten, und nebenbei war bemerkt, dass ich nicht ganz unempfindlich in Bezug auf die Reize junger Damen mit einer bestimmten Haarfarbe sei. Ich betrachtete Poirots diesbezügliche Anspielungen als recht geschmacklos, war aber glücklicherweise in der Lage, ihnen zu begegnen.
«Und was dich nun selbst betrifft», fragte ich ihn, «wirst du dich endlich befleißigen, deine anmaßende Eitelkeit abzulegen? Dazu deinen übertriebenen Ordnungssinn?»
Ich zitierte wörtlich die in den gefundenen
Weitere Kostenlose Bücher