Die großen Vier
gelangen. Ach, wenn doch Poirot hätte bei mir sein können. Er mit seiner Genialität wäre bestimmt in der Lage gewesen, das Problem zu lösen.
Ganz mit meinen Gedanken beschäftigt, öffnete ich die Haustür und stieg langsam zu meiner Wohnung empor. Auf dem Tisch lag ein Brief, ich riss ihn achtlos auf und erstarrte plötzlich. Es war eine Mitteilung von einem Anwaltsbüro und lautete:
«Sehr geehrter Herr, gemäß den Anweisungen unseres verstorb e nen Klienten, Monsieur Hercule Poirot, lassen wir Ihnen den beigefügten Brief zugehen. Dieser Brief gelangte eine Woche vor seinem Tode in unsere Hände mit der Anordnung ihn im Falle seines Ablebens an einem bestimmten Tage an Sie zur Abse n dung zu bringen. Ihr sehr ergebener … »
Ich wendete den inliegenden Brief zunächst nach allen Seiten, zweifellos stammte er von Poirot, denn ich erkannte sofort seine Handschrift. Schweren Herzens und voller Neugier öffnete ich ihn.
«Mein lieber Freund», begann er, «wenn du dies erhältst, weile ich nicht mehr unter den Lebenden. Weine mir keine Träne nach, sondern befolge das, was ich dir sage. Gleich nach Erhalt dieses Schreibens reise nach Südamerika ab. Sei nicht dickkö p f ig denn meine Bitte entspringt keinesfalls sentimentalen Regu n gen. Deine Abreise ist unbedingt notwendig und gehört mit zu den Plänen von Hercule Poirot! Mehr zu sagen halte ich nicht für notwendig zumal mein Freund Hastings über eine übe r durchschnittliche Intelligenz verfügt. Mit dem Rufe: ‹ Nieder mit den Großen Vier › begrüße ich dich, mein Freund, aus dem Je n seits. Immer der deine
Hercule P oirot.»
Immer und immer wieder studierte ich diese merkwürdige Mitteilung. Eines stand fest: Dieser bewundernswerte Mann hatte jede Eventualität im Voraus in seine Rechnung einbezogen, so dass nicht einmal der Tod den Lauf der Dinge aufhalten konnte. Mir sollte die Initiative überlassen bleiben, während er der leitende Genius blieb. Zweifellos würden in Übersee ausführliche Instruktionen auf mich warten. In der Zwischenzeit würden meine Widersacher, in der Überzeugung, ich wäre ihrer Warnung gefolgt und hätte resigniert, keinen Grund mehr haben, sich die Köpfe zu zerbrechen. Ohne Verdacht zu erregen, könnte ich abreisen und würde doch weiterhin in der Lage sein, ihre Pläne zu durchkreuzen.
Gerade als das Schiff vom Kai ablegte, brachte mir der Steward einen Brief und erklärte mir, ein großer Herr im Pelzmantel, der das Schiff kurz vor dem Einschwenken des Fallreeps verlassen habe, hätte ihn gebeten, mir den Brief zu übergeben. Ich öffnete das Kuvert, die Zeilen waren kurz und vielsagend:
«Diesmal hat bei Ihnen die Klugheit gesiegt», lautete die Nachricht und war unterzeichnet mit «4».
Ich konnte mich nicht enthalten, still in mich hineinzulächeln. Die See war mäßig bewegt, und nachdem ich ein umfangreiches Dinner zu mir genommen hatte, entschloss ich mich, wie die Mehrzahl der Passagiere, an einer Bridgepartie teilzunehmen. In den späten Nachtstunden begab ich mich in meine Kabine und schlief wie ein Holzklotz. Wie lange ich geschlafen hatte, weiß ich nicht mehr. Ich erwachte mit dem unbestimmten Gefühl, dass mich jemand ständig schüttelte. Schlaftrunken und noch völlig benommen erblickte ich vor mir einen Schiffsoffizier, der sich über mich beugte. Als ich mich aufsetzte, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus.
«Dem Himmel sei Dank, dass ich Sie noch einmal zum Leben erwecken konnte. Es hat schier endlos gedauert, schlafen Sie immer so fest?»
«Was ist denn los?», fragte ich, noch völlig durcheinander und im Halbschlaf. «Ist etwas mit dem Schiff nicht in Ordnung?»
«Ich nehme an, Sie wissen besser Bescheid als ich», antwortete er trocken. «Wir haben besondere Anweisungen von der Admiralität. Ein Zerstörer ist längsseits gekommen, um Sie an Bord zu nehmen.»
«Ja, wie…», rief ich aus, «mitten auf See?»
«Uns allen erschien es gleichfalls als eine sehr mysteriöse Angelegenheit, jedoch ist das nicht unsere Sache. Wir übernehmen an Ihrer Stelle einen anderen Herrn, den der Zerstörer mitgebracht hat, alle Beteiligten wurden verpflichtet, strengstes Stillschweigen zu bewahren. Wollen Sie nun bitte aufstehen und sich ankleiden.»
Unfähig, meine Verwunderung zu verbergen, folgte ich seinen Anweisungen. Ein Boot wurde zu Wasser gelassen, um mich an Bord des Zerstörers zu bringen. Dort wurde ich höflich begrüßt, erhielt jedoch keine weiteren
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